Schlussverkauf in Portugal: Zum Jahresende muss alles raus

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Alles, was noch in den Regalen steht, muss bis zum Jahresende weg!  Die Menschen in Portugal reagieren kaum noch mit einem Schulterzucken.  Pessimismus, Resignation und Fatalismus machen sich breit im Land.  “Wenn alle Steuererhöhungen und Kürzungsprogramme nichts genützt haben, muss man eben das letzte Tafelsilber auch noch verscheuern”, kommentiert ein Bäckermeister in Lissabon und versichert, es falle ihm jeden Tag schwerer, noch genug Kraft für Sarkasmus aufzubringen.  Die Staats-Airline TAP wird ebenso verkauft wie die grösste Schiffswerft des Landes.  Das öffentliche Fernsehen wird privatisiert, und auch die Gesellschaft, die die portugiesischen Flughäfen betreibt, kommt unter den Hammer.

 

Innerhalb der wenigen Tage, die vom Jahr noch verblieben sind, wird die portugiesische Regierung alles verkaufen, was noch verblieben ist, “um das Defizit zu reduzieren”.  Das beginnt bei der nationalen Fluggesellschaft TAP, die vermutlich von der kolumbianisch-brasilianischen Gesellschaft Germán Efromovic übernommen wird.  Einer der TAP-Vorstandsmitglieder, der gegen die Privatisierung ist, bezeichnet die 350 Millionen Euro, die der Verkauf in die Staatskasse spülen soll, als “ein Almosen, für das die nationale Souveränität verscheuert wird”.  Für Efromovich, der die verschuldete Airline jetzt schnell sanieren will, jedoch ein Schnäppchen und eine ideale Plattform, um den europäischen Markt zu durchdringen.

Portugal tut, was die Regierung der Troika versprochen hatte, als die Hilfen in Höhe von 78 Milliarden Euro geflossen waren: die Staatsjuwelen zu privatisieren. Dazu gehört vor allem die Betreiberfirma der nationalen Flughäfen, die jetzt noch vor Silvester den Besitzer wechseln wird.  Einer der vier Bieter aus Frankreich, Deutschland, Brasilien und Argentinien soll den Zuschlag erhalten. Vermutlich die französische Vinci-Gruppe, die drei Milliarden Euro angeboten hat.  Egal wer sich diesen Brocken einverleibt, die Airports Portugals (inklusive Madeira und Azoren) sind ein hervorragendes Geschäft und werfen ständig fette Gewinne ab, die ab dem 1. Januar nicht mehr in der Staatskasse landen werden.

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Auch die grösste Schiffswerft des Landes wird verkauft. Eine russische und eine brasilianische Gruppe streiten sich darum, wer die riesige Werft Viana do Castelo für angeblich wenigerals zehn Millionen Euro erwerben darf. Die knapp 700 Arbeiter der Werft wissen, was auf sie zukommt und verbringen einen unruhigen Jahreswechsel. Viana do Costelo auf 270.000 Quadratmetern Fläche, im Norden des Landes, etwa 400 Kilometer von Lissabon entfernt, wurde 1944 gegründet und 1975 verstaatlicht. Ab Neujahr werden russische oder brasilianische Eigentümer bestimmen, welche Schiffe dort gebaut werden sollen.

 

Wesentlich delikater ist noch die andere geplante Operation: die Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.  Entweder wird einer der beiden Staatskanäle komplett verkauft oder 49 Prozent der Anteile an beiden Kanälen. Es liegt allerdings auch noch der Vorschlag auf dem Tisch, die gesamte Struktur auf ein Minimum herunter zu fahren und auf bessere Zeiten zu hoffen. Der Ministerrat wird nächste Woche eine der drei Alternativen beschliessen, wie es heisst. Die Privatisierung des Fernsehen würde nicht mehr als 20 Millionen Euro einbringen, aber künftige Verluste minimieren (Portugal hat bereits beschlossen, keinen Vertreter zur Eurovision zu schicken, um Kosten zu sparen).

Interessant ist, wer den öffentlich-rechtlichen Sender kaufen will. Es handelt sich um die angolanische Gruppe Newshold, bereits Besitzer des portugiesischen Wochenmagazins “Sol”, die nach eigenen Angaben “ein sehr ernsthaftes Angebot” abgegeben hat.  Bezeichnend, dass, fast 40 Jahre nach der Unabhängigkeit der portugiesischen Afrika-Kolonien, ausgerechnet eine starke Gruppe aus einem jungen, wirtschaftlich aufstrebenden Land nach dem emblematischen TV-Senders des ehemaligen Besatzers greift.

Bereits zum Jahresende 2011 hatte die Lissaboner Regierung ihre Mehrheitsbeteiligung an dem grössten Stromversorger des Landes (EDP) für 2,7 Milliarden Euro an die chinesische Investment-Gruppe Three Gorges verkauft. Das hat ganz offensichtlich so wenig genützt wie alle Steuererhöhungen, die neue Praxisgebühr (5 Euro), die Krankenhausgebühr (20 Euro in der Notaufnahme), die Arbeitsmarktreform, die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge und alle anderen Massnahmen, die das Volk Portugals ohne jede Übertreibung ins Elend gestürzt haben.  Die Voraussage fällt nicht schwer: Auch die letzten Kronjuwelen, die jetzt verschleudert werden, dürften das Land nicht aus dem Sumpf ziehen und die Troika wird auf weiteren alternativlosen Sparprogrammen in 2013 bestehen.

Frohes Neues Jahr, Portugal!


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