Schluss mit Ordnung

Von Lukas Röthlisberger @Adekagabwa

Ordnung ist bekanntlich in unserer Gesellschaft ein sehr hoher Wert. Alles muss ordentlich sein: Kleider, Schulheft, Schreibtisch, Vorgärtchen. Und wenn man jemanden „Unordentlich“ nennt, dann ist das schon fast ein Schimpfwort.

Aber auch die Tier- und Pflanzenwelt wurde geordnet (Taxonomie). Ebenso die Elemente, aus der alles gemacht ist (Periodensystem). In der Sportveranstaltung gibt es die Rangordnung und selbst für das Weltall hat man sich eine Kosmische Ordnung ausgedacht.

Aber unglücklicherweise gibt es die unterschiedlichsten Ordnungssysteme. Nehmen wir die Bücher in Deinem Bücherregal: du kannst sie nach der Grösse, der Farbe, dem Preis oder der Anschaffung ordnen. Alphabetisch nach Autor, nach Titel, nach Verlag oder nach dem Kaufort. Hast du dich aber einmal festgelegt, führen alle übrigen Einordnungen zum persönlichen Chaos.

Was bei dem einen Ordnung ist, empfindet der andere als Unordnung. Ist das nicht faszinierend?

Der Kern von jeder Ordnung sind die Regeln. Wenn jemand keine Regeln hat, hat er auch keine Ordnung. Umgekehrt sind Leute mit perfekter Ordnung auch Leute, die gerne und zahlreiche Regeln aufstellen. Dabei gilt zum Beispiel: Ähnliches muss beisammen sein, Dinge müssen erkennbar aufgereiht sein, jedes Objekt ist auf irgendeine Art einsortiert.

Das interessante ist auch, dass das  Wort „Schmutz“ eng damit verwandt ist: Marmelade auf dem Brot ist Nahrung, auf der Bluse ist sie Schmutz. Sand im Sandkasten ist ok, aber auf dem Badezimmerboden ist es schmutzig. Eine Plastiktüte in der Hand ist rein, im Biotop ist sie Dreck. In jedem Fall war die Sache falsch eingeordnet – und verwandelte sich dadurch zu Schmutz. (Nebenbei: das Wort „Schmutz“ ist eine Abwandlung von „Moder“ und bedeutete ursprünglich „verwest“)

Dasselbe gibt es natürlich auch für Tätigkeiten. Wenn man genaue Vorschriften aufstellt, kann man auch diejenigen zur Ordnung rufen, die sich nicht daran halten (dafür gibt es die Ordnungshüter).  Und wenn jemand einen geordneten Lebenswandel hat, dann hält er sich an alle Regeln, die seine Gesellschaft aufgestellt hat.

Aber fast jede Tätigkeit, die als unordentlich gilt, hat einen Ort oder eine Zeit, in der sie wirklich Ordentlich ist!

Zum Schluss meine Hypothese:

  1. Je weniger Regeln eine Person (oder eine Gesellschaft) hat, umso weniger Möglichkeiten hat sie, unordentlich zu sein.
  2. Hätte eine Person (oder eine Gesellschaft) gar keine Regeln, so wäre es dort unmöglich, unordentlich zu sein.
  3. Wenn man nicht unordentlich sein kann, ist man – natürlich ordentlich.
  1.  

Und vielleicht nimmt auch das Glück zu, wenn die Regeln abnehmen.

Dieses Bild erinnert Dich an die Geheimnisvolle “Ordnung” die uns umgibt, aber die wir nicht wahrnehmen. Es kostet 250.- CHF

BILD
Wenn keine Ordnung sichtbar ist / 45cm x 64cm / Acryl und Collage auf Zeichenpapier / 2013, Nr.13-038