Schluck das, es hilft bestimmt!

Von Mark Petersen @der_aufschrei

Immer häufiger nehmen Kinder Medikamente ein, die nicht für deren Altersgruppen geprüft wurden. Diese – vor allem – älteren Wirkstoffe bedeuten ein hohes Risiko. Nun wird dieses Problem zu einem Politikum.

“Off Label Use” bedeutet die Anwendung eines Medikamentes außerhalb der Zulassung. Oft sind die Zulassungsanträge von Pharmaunternehmen sehr eng gefasst. Die Kosten zur Entwicklung und die klinischen Studien werden bewusst gering gehalten. Gerade in den Gebieten, wie z.B. der Onkologie und der Kinderheilkunde werden Medikamente “Off Label Use” angewendet. Dabei ist oft die Dosierung unklar, eine kindgerechte Darreichungsform gibt es nicht.

Eigentlich sind Medikamente heutzutage Heilsbringer, sie können viel Schmerz lindern und birgen kaum Risiken. Doch 50% aller Arzneimittel, die bei Kindern eingesetzt werden, wurden in deren Altersgruppe nie geprüft. Das Problem entstand schon in den 70er Jahren. Nach dem Contergan-Skandal wurden Arzneiprüfungen bei Kindern mit sehr hohen Auflagen und Einschränkungen verbunden. Da die Kosten schnell explodierten, wurden die Arzneimittel lieber für Erwachsene entwickelt. Fehlende Studien machten die Arzneimittelverordnung bei Kindern schon schnell zu einem unkalkulierbaren Risiko. Zwar gibt es schon seit 2008 eine EU-Richtlinie, die Pharmaherstellern mehr in die Pflicht nimmt, doch bislang ist lediglich jedes fünfte Medikament bei Kindern und Jugendlichen zugelassen.

Nun mischt sich die Politik ein, da vorhandene Gesetze nicht ausreichen. Vorschläge gibt es genug! Viele Ärzte fordern eingeführte Medikamente an Universitätskliniken gezielt an Kindern zu erproben. Dafür müssen allerdings auch Forschungsgelder bereit gestellt werden. Es könnten Medikamente etabliert werden, die bislang auf “Off Label Use” genutzt werden. Doch dies ist nicht das einzige Problem. Um nicht weiterhin bei vielen Wirkstoffen ins Blaue zu schießen, müsse sogar geschlechtsspezifisch getestet werden. Der weibliche Körper reagiert oft anders auf Medikamente als der des Mannes, und für diese Erkenntnis muss man kein Mediziner sein.

Bislang trägt der Arzt die volle Verantwortung, wenn ein Kind ein Medikament “Off Label Use” verabreicht bekommt. Oft aber haben – gerade in der Intensivmedizin – die zugelassenen Medikamente weniger Wirkung und die Ärzte kaum Alternativen. Hier muss dringend nachgebessert werden! 

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Joern Petersen