An jedem Sonntag ist “Beschäftigung”.
So praktizierte ich es seinerzeit immer an Sonntagen mit meinen Töchtern, nun, 25 Jahre später, ist mein Vater “dran”. Er muss raus – er muss sich bewegen. An der frischen Luft.
Und: Er soll noch viel sehen.
Früher – erinnere ich mich – ging er gern spazieren.
Heute ist ein Tag mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad. Erstens ist das Wetter schön (was jede Parkplatzsuche zwangsläufig verkompliziert), zweitens muss der Hund (der Parks normalerweise – aus einer gewissen hündischen Erfahrung heraus – mit viel Freilauf verbindet) während dieses Spazierganges angeleint bleiben. Ich bleibe beim Laufen in der Mitte – einer von uns zieht, der andere wird gezogen.
Zum Glück kenne ich mich inzwischen in Potsdam aus – vor dem F-Block der Uni kann man gut parken. Von hier ist es bis zum Babelsberger Schloss nicht mehr weit.
Wir finden eine Bank, ich zeige die Landschaft.
“Da, gucke, da unten ist die Glienicker Brücke…”
Ganz in der Nähe der Brücke – fällt mir ein – ist das Schinkelsche Casino, welches seinerzeit zum Schloss des Prinzen Carl gehörte. Der wiederum war der drittälteste Sohn des wortkargen Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise und – denke ich nun – wenn es diesen Prinzen Carl und dessen Schloss Glienicke (aus dem Besitz der Erben derer von Hardenberg) nicht gegeben hätte, würde heute hier kein solches Schloss stehen.
Auch eine Art Dominoprinzip oder “historisches Domino”. Eine Kausalkette. Einem Ereignis folgt stets ein nächstes.
Prinz Carl hatte zum Geburtstag seines abwesenden Vaters eingeladen. So geschah es zufällig, dass sich der zweitälteste Sohn – Prinz Wilhelm – bei diesem Feste an Gartendirektor Lennè wandte.
Wie gern besäße er ebenfalls ein solches Schlösschen, in einem solch schönem Park. Doch – leider-leider – habe ihm der König als Wohnsitz das doofe Marmorpalais zugewiesen. Eine für seine Empfindung viel zu kitschige Schöpfung des Großvaters. Dort jedenfalls, sei sich Prinz Wilhelm sicher, wolle er später nicht wohnen. Definitiv. Doch nun wisse er nicht, wo und wie er ein eigenes Schloss bauen könne – in Potsdam sei ja wohl alles bereits vergeben.
Lennè nutzte die Gunst der Stunde und lenkte des Prinzen Blick auf die Kiefern des Baber- später Babelsbergs. Den passenden Park dafür zu schaffen, werde ihm Ehre und Vergnügen sein.
“Wo sind wir hier?”
Eine Frage kommt aus dem Nichts. Zerschneidet mein Memory-Spiel. Trennt Gedanken voneinander.
Ich bleibe geduldig, sein Kurzzeitgedächtnis ist futsch und meine Antwort wird er rasch wieder vergessen.
“Wir sind im Babelsberger Park!”
Er freut sich, ich sehe es.
Mühsam formuliert er:
“Schönes Wetter habt ihr hier!”
Aja – Übersetzt heißt das wohl “Danke schön!”
Wir hatschen weiter – der Hund zerrt an der Leine und ich versuche das Tier zu beruhigen.
“Wir beide gehen nachher nochmal extra los!”
Und als ob er das verstehen könnte, hört der Hund auf, zu zerren.
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