Schlesak, Leben und Werk

Von Schlesak
Ich denke eben über meinen Nachlass nach und was wohl mit meinen Büchern, meinen eigentlichen Kindern geschehen wird, wenn ich nicht mehr da bin.
Viel ist aufgenommen im Buch über mein Leben und Werk „Sprachheimat“:
http://schlesak.blogspot.com/2010/01/mein-neues-buch-sprachheimat.html
Und dann das Buch selbst:
http://www.blogger.com/post-create.g?blogID=6045991701226858434
Den Nachlass habe ich im Deutschen Literaturarchiv Marbach, was schon einmal eine Sicherheit ist, dass er nicht in Kisten verpackt irgendwo auf einem Boden wartet oder gar weggeworfen wird. Ich sehe mir diese gesamte Bibliografie mal an, hier nur die Bücher bis 2009, und ich überlege, dass doch 2010 und 11 noch einiges erschienen ist:
So freilich als Buch vor allem Übersetzungen des „Auschwitzapothekers“ ins Italienische und Spanische, nun auch in Englische. Dann aber auch der neue Roman „TRanssylwahnien“, die Fortsetzung des „Auschwitzapothekers“ auf Italienisch beim großen Verlag Garzanti in Mailand jetzt am 7. April, den ich gemeinsam mit Claudio Magris am 6. In Turin vorgestellt habe. Deutsch leider nur als e-book greifbar:
http://www.buecher.de/shop/belletristik/transsylvanien-transsylwahnien-ebook/dieter-schlesak/products_products/detail/prod_id/26122535/
Dazu eine Rezension bei fixpoetry: http://hostmaster.fixpoetry.com/feuilleton/rezensionen/873.html
Ebenso der Roman über meinen Krebs „Mein Krebsgang“ als e-book (für kindle)
http://www.amazon.com/Krebsgang-%C3%9Cberlebenstagebuch-%C3%BCberwinden-German-ebook/dp/B003F77ALM
Und „Zwischen Himmel und Erde. Gibt es ein Leben nach dem Tod“ bei Bod 2010.
Alle meine greifbaren Bücher, und das ist wichtig, sind bestellbar unter:
http://www.buecher.de/suche/dieter-schlesak/q/cXVlcnk9RGlldGVyIFNjaGxlc2FrJmZpZWxkPXBlcnNvbmVu/
Dieter Schlesak
Biografie
* 1934 | Transsylvanien, Rumänien
Lyriker, Essayist, Romancier, Forscher, Publizist und Übersetzer.
Er lebt seit 1973 in der Toskana und in Stuttgart. Schlesak ist Mitglied des deutschen P.E.N.-Zentrums, des PEN-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland (London) und anderer Autoren-vereinigungen. Dieter Schlesak hat viele Ehrungen und Preise erhalten. Zuletzt für das Gesamtwerk die Ehrengabe der Schillerstiftung/Weimar 2001. 2005: Dr. Phil. h.c.; 2007 Premio Umberto Saba, Trieste „Scritture di Frontiera”und den Maria-Ensle-Preis der Baden-württembergischen Kulturstiftung. „Dieter Schlesak ist ein ungeheuer vielseitiger Poet und Schriftsteller, ein poeta doctus. Er schreibt, wie von Furien getrieben, das Leben, den Tod, die Liebe, die Welt im Großen und im Kleinen zu erfassen. Er läßt sich treiben und er wird umgetrieben. Er ist neugierig, skeptisch, voller Zweifel und voller Enthusiasmus - dabei immer auf Entdeckungsreisen. Der einzig feste Halt sind die Wörter, ist die Sprache, die er mit virtuoser Kunstfertigkeit und mit höchster Sorgfalt, geradezu liebevoll oder libidi-nös in Szenen setzt, sei es in der Prosa, sei es im Gedicht. Und mit einem Gedicht möchte ich auch die Vorstellung seiner Person beginnen, denn daraus erfahren Sie etwas von der verschlungenen Befindlichkeit dieses heute zu ehrenden Schriftstellers…
Schlesaks erstes großes Oeuvre ist der Roman "Vaterlandstage und die Kunst des Verschwindens", erschienen 1986. Es sind die verarbeiteten Erfahrungen des 20.Jahrhunderts mit alle ihren Verwerfungen und Abgründen. Vertreibung, Außenseitertum, Schuld und Verantwortung
Der zweite Roman "Der Verweser" erschien Jahr 2002, ist angelegt als Fiktion in der Fiktion. Aus der Ich-Perspektiv eines in der Toscana lebenden Schriftstellers wird eine Liebes- und Mord-Geschichte in Lucca im 16.Jahrhundert erzählt.
Zurück ins Jahr 1969 führt der Liebesroman "Romans Netz", erschienen 2004.
2006 erschien sein bewegender Dokumentarroman "Capesius, der Auschwitzapotheker" - Schlesak hat Jahre daran gearbeitet und recherchiert - der Roman wurde hier im Literaturhaus im Januar vorgestellt. Aufgearbeitet wird darin die Geschichte eines Apothekers, der aus Schäßburg, der Heimatstadt von Schlesak stammt. Jetzt im Herbst erschien sein jüngster Roman "VLAD, die Dracula-Korrektur", - ein Roman, der tief nach Transsylvanien im 15.Jahrhundert zurückführt.
Seine Erfahrungen, Ansichten und Einsichten hat Schlesak in vielen Essay-Bänden veröffentlicht. Ich möchte nur einige Titel nennen, denn sie lassen durchschimmern, worum es dem Autor geht: "Visa. Ost-West.Lekionen" (1970), "Wenn die Dinge aus dem Namen fallen" (1991), "Stehendes Ich in laufender Zeit" (1994), "So nah, so fremd. Heimatle-genden" (1995), "Zeugen an der Grenze unserer Vorstellung" (2005). Gedichte hat Dieter Schlesak immer geschrieben, und sie in zahlreichen Bänden veröffentlicht.
Seine biographischen wie auch die historischen Bruchlinien verdichten sich in dem Band "Weiße Gegend - Fühlt die Gewalt in diesem Traum" (1981)."Hirnsyntax" hat er einmal seine poetischen Einlassungen genannt. Das schillernde Wort 'Los' steht über drei Gedichtbänden: "Grenzen Los", "Namen Los" und seine Liebesgedichte "Herbst Zeit Lose" - geschrieben in drei Substantiven. Schlesak lauscht auf die 'Wortzwischenräume', den 'Zwischensinn'. Es sind Liebes und Todesgedichte, Gedichte der Sehnsucht, Gedichte über Verlust, über Angst, über Schmerz, über Grenzerfahrungen aller Art. Schreiben bedeutet für Dieter Schlesak Leben.“
Die Gedichtbände „Settanta volte sete. Grenzenlos“ und „Tunneleffekt“ sind auch bei fixpoetry zu lesen.
Zuletzt erschien FIXPOETRY Leseheft No. 6 "Ich liebe, also bin ich", März 2009, Verlag im Proberaum 3
Lerke von Saalfeld, Literaturhaus Stuttgart
Preis der Kunststiftung Baden-Württemberg,
Preisrede
Dieter Schlesak ist ein ungeheuer vielseitiger Poet und Schriftsteller, ein poeta doctus. Er schreibt, wie von Furien getrieben, das Leben, den Tod, die Liebe, die Welt im Großen und im Kleinen zu erfassen. Er läßt sich treiben und er wird umgetrieben. Er ist neugierig, skeptisch, voller Zweifel und voller Enthusiasmus - dabei immer auf Entdeckungsreisen. Der einzig feste Halt sind die Wörter, ist die Sprache, die er mit virtuoser Kunstfertigkeit und mit höchster Sorgfalt, geradezu liebevoll oder libidinös in Szenen setzt, sei es in der Prosa, sei es im Gedicht. Und mit einem Gedicht möchte ich auch die Vorstellung seiner Person beginnen, denn daraus erfahren Sie etwas von der verschlungenen Befindlichkeit dieses heute zu ehrenden Schriftstellers:
Schlesaks erstes großes Oeuvre ist der Roman "Vaterlandstage und die Kunst des Verschwindens", erschienen 1986, 15 Jahre daran geschrieben. Einen Gedankenroman hat ihn jemand genannt - es sind die verarbeiteten Erfahrungen des 20.Jahrhunderts mit alle ihren Verwerfungen und Abgründen. Eine Art Vermächtnis der Erinnerung über allgemeine und persönliche Geschichtserfahrung, über Vertreibung, Außenseitertum, Schuld und Verantwortung - über Menschen, die zum leeren Ort verurteilt wurden. Auch die Rückkehr ins vermeintlich Vertraute endet in der Enttäuschung. In "Vaterlandstagen" gesteht der Ich-Erzähler: "Es kam mir alles sehr weit entfernt vor, obwohl es heißt, ich sei hier zu Hause ...gewesen...ja, gewesen....eine Art Krankheit, ein gewesener zu sein, und schien doch das Bild mit Leben zu füllen, Angehöriger einer sehr schwerblütigen Menschenart. Und hatte nie gefallen gehabt an der Gegenwart. Zukunft als Angst erlebt, wie alle meine Leute; die Vergangenheit als riesiger Raum verbrauchter Erfahrung zog mich an, als wäre ich beauftragt, diesen Berg des Verlorenen, der wächst jeden Tag, abzutragen; schwitzend; - in Zeitnot."
Ein Roman, so glaube ich, der zu früh erschienen ist und deshalb nicht die Anerkennung erhalten hat, die ihm gebührt; vielleicht nur fünf Jahre später, und er hätte höchste Aufmerksamkeit hervorgerufen, als nämlich die Sensibilität für die Ost/West-Schieflagen durch den Fall der Mauer, durch die Aufhebung der Teilung Europas, geschärft war.
Der zweite Roman "Der Verweser" erschien Jahr 2002, ist angelegt als Fiktion in der Fiktion. Aus der Ich-Perspektiv eines in der Toscana lebenden Schriftstellers wird eine Liebes- und Mord-Geschichte in Lucca im 16.Jahrhundert erzählt.
Zurück ins Jahr 1969 führt der Liebesroman "Romans Netz", erschienen 2004.
2006 erschien sein bewegender Dokumentarroman "Capesius, der Auschwitzapotheker" - Schlesak hat Jahre daran gearbeitet und recherchiert - der Roman wurde hier im Literaturhaus im Januar vorgestellt. Aufgearbeitet wird darin die Geschichte eines Apothekers, der aus Schäßburg, der Heimatstadt von Schlesak stammt, und sein Unwesen in Auschwitz trieb - es ist die Verbrecherkarriere eines ganz normalen Spießers - noch viel mehr aber ist es die Leidensgeschichte von Menschen, die ihm ausgeliefert waren. Es geht aber auch um die Vorgeschichte in Rumänien und die unrühmliche Nachgeschichte dieser Person in der wieder erstandenen Bundesrepublik Deutschland.
Jetzt im Herbst erschien sein jüngster Roman "VLAD, die Dracula-Korrektur", - ein Roman, der tief nach Transsylvanien im 15.Jahrhundert zurückführt, und über den wir heute Abend sprechen werden. Dazu also später.
Seine Erfahrungen, Ansichten und Einsichten hat Schlesak in vielen Essay-Bänden veröffentlicht. Ich möchte nur einige Titel nennen, denn sie lassen durchschimmern, worum es dem Autor geht: "Visa. Ost-West.Lekionen" (1970), "Wenn die Dinge aus dem Namen fallen" (1991), "Stehendes Ich in laufender Zeit" (1994), "So nah, so fremd. Heimatlegenden" (1995), "Zeugen an der Grenze unserer Vorstellung" (2005)
Gedichte hat Dieter Schlesak immer geschrieben, und sie in zahlreichen Bänden veröffentlicht. Seine biographischen wie auch die historischen Bruchlinien verdichten sich in dem Band "Weiße Gegend - Fühlt die Gewalt in diesem Traum" (1981) ."Hirnsyntax" hat er einmal seine poetischen Einlassungen genannt. Das schillernde Wort 'Los' steht über drei Gedichtbänden: "Grenzen Los" , "Namen Los" und seine Liebesgedichte "Herbst Zeit Lose" - geschrieben in drei Substantiven. Schlesak lauscht auf die 'Wortzwischenräume', den 'Zwischensinn'. Es sind Liebes und Todesgedichte, Gedichte der Sehnsucht, Gedichte über Verlust, über Angst, über Schmerz, über Grenzerfahrungen aller Art. Vergangenheit und Gegenwart fließen in einem Mahlstrom ineinander und durcheinander.
Schreiben bedeutet für Dieter Schlesak Leben, und damit möchte ich den Stab weiterreichen zur Verleihung des Maria-Ensle Preises durch die Kunststiftung Baden-Württemberg.
Fragmente aus der Diss. (Universita di Studii Udine/Italien)
von
Alina Oancea
Dieter Schlesak - Biobibliographische Angaben
Es ist nicht einfach, Dieter Schlesaks literarhistorische Position festzulegen: Obwohl vom Alter (1934 in Schäßburg/Rumänien geboren) und vom literarischen Debüt her (1958/59 die ersten „ernsthaften“ Gedichte) der Generation rumäniendeutscher Schriftsteller der sechziger Jahre angehörig, eilt er dieser voraus und ordnet sich durch seine ästhetische aber auch politische Einstellung in die Moderne der siebziger Jahre ein.
Nach Abschluss des Germanistikstudiums in Bukarest arbeitet der Autor 10 Jahre lang für die deutsche Literaturzeitschrift „Neue Literatur“ als Redakteur für Lyrik.
Er übersetzt aus der rumänischen Literatur und veröffentlicht: Francisc Munteanu, Der Himmel beginnt beim dritten Stockwerk (1964), Nichita Stănescu, 11 elegien (1969), Fische und Vögel, Junge rumänische Lyrik herausgegeben mit Wolf Peter Schnetz (1969) und später Gefährliche Serpentinen. Rumänische Lyrik der Gegenwart, mit einem Nachwort (1998).
Als Herausgeber publiziert er in diesen Jahren: Michael Albert. Ausgewählte Schriften besorgt und eingeleitet (1966), Schiller. Gedichte Auswahl und Vorwort (1967), Imperiul demonilor. Proză austriacă modernă (1968), Rainer Maria Rilke. Gedichte Vorwort und Auswahl (1969).
1968 erscheint Grenzstreifen, der erste Gedichtband: brisante Verse und eine Lyriksprache als „explosive Mischung aus Sprachkomplexen des Minderheitendeutschs und des geschärften Sprachsinns in der Diktatur.“
Zwei Jahre später erscheint auch das erste Prosabuch: Visa. Ost-West-Lektionen. Essays (1970), in dem der Autor die auf seiner ersten West-Reise gesammelten Eindrücke, Erfahrungen und Reflexionen festhält.
1969 wandert Dieter Schlesak nach Deutschland aus, lebt in Frankfurt und bei Köln, arbeitet als Journalist und für den Rundfunk und schildert in einem zweiten Essay-Band: Geschäfte mit Odysseus – Zwischen Tourismus und engagiertem Reisen (1972) die in Europa und Amerika gesammelten Reiseeindrücke.
Enttäuschend ist für den Autor das vom Krieg und Nachkrieg zerstörte Deutschland, aber auch die neue Künstlichkeit und Konsumwut, so dass er zusammen mit seiner Lebensgefährtin einen neuen Weltwechsel wagt. Seit 1973 lebt nun der Autor in Agliano bei Camaiore in der Toskana, und in Deutschland, schreibt Essays über Literatur, Grenzphänomene und Religion für Fachzeitschriften und für den Funk und veröffentlicht Lyrik und Prosa: Briefe über die Grenze (1978, zusammen mit Magdalena Constantinescu) und Weiße Gegend (1981), sowie den ersten Roman: Vaterlandstage und die Kunst des Verschwindens (1986), einem „Roman des Trainings in Abschiedsfähigkeit“ , (in rumänischer Übersetzung Zile acasă, 1995).
Es folgen: Das neue Licht Michelangelos. Bildmeditationen, in 3 Bänden (1989-1991), eine Kunstdruckdokumentation der renovierten Sixtinischen Kapelle, und Aufbäumen. Gedichte und ein Essay (1990).
1990 kehrt der Autor nach sechzehn Jahren Exil wieder zu den Orten seiner Kindheits- und Jugenderinnerungen zurück. Das Resultat dieser neuen Begegnung mit dem verlorenen Boden sind drei Bücher, die zusammen eine Art Trilogie bilden: Wenn die Dinge aus dem Namen fallen (1991; in italienischer Übersetzung Bandiere bucate, 1997, und in rumänischer Übersetzung Revolta morţilor, 1998), Stehendes Ich in laufender Zeit (1994) und So nah, so fremd (1995), in denen sich Schlesak zum 1989 in Rumänien erfolgten Umsturz äußert und den eigenen Exilzustand als endgültig erkennt.
Neue Gedichtbände folgen: Landsehn (1997), Tunneleffekt. Gedichte mit einem Essay: Fragment zu einer posthumen Poetik (2000), Lippe Lust (2000) und die Neuauflage Weiße Gegend (2000). 2002 erscheinen LOS. Reisegedichte und der Roman Der Verweser, der schon 1989 in einer ersten Fassung vorliegt und seit einigen Jahren in überarbeiteter Form als Internetausgabe vorhanden ist. Es handelt sich um einen Geisterroman, der im Lucca und im Siebenbürgen des sechzehnten Jahrhunderts spielt. Dieses Jahr sind zwei weitere Prosabücher erschienen: Eine Transsylvanische Reise. Ost-West-Passagen am Beispiel Rumäniens und der Roman Romans Netz, die Chat- und Liebesgeschichte eines Schriftstellers im Internet.
Abgeschlossen und für die Veröffentlichung bereit sind zwei weitere Bücher: ein „Dracula“-Roman, als Internetausgabe schon zu finden, und ein Band Profile Lauter letzte Tage, tödliche Wendepunkte im Leben großer Persönlichkeiten (Johannes Kepler, Hölderlin, Althusser, Jean Améry, Paul Celan). In der Werkstatt befindet sich zurzeit ein weiteres Prosabuch, Arbeitstitel Terplan oder die Kunst der Heimkehr, eine Fortsetzung der Vaterlandstage, sowie ein Überlebenstagebuch, Aufzeichnungen der Auseinandersetzung mit Krankheit und Tod.
Für sein literarisches Werk wird Dieter Schlesak mit zahlreichen Stipendien und Preisen ausgezeichnet: 1980 erhält er den Förderpreis des Andreas-Gryphius-Preises der Künstlergilde, zweimal das Jahresstipendium des Deutschen Literaturfonds (1982 und 1987), den Schubart-Literaturpreis (1987) und das Stipendium des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst von Baden-Württemberg (1988) für Vaterlandstage und Der Verweser, das Förderstipendium der Akadmie Schloss Solitude Stuttgart (1991), den Nikolaus-Lenau-Preis (1993) für die Lyrik, den Hauptpreis des Ostdeutschen Kulturrates (1994) für die Prosa und die Ehrengabe der Schillerstiftung (2001).
Der Autor ist Mitglied des Deutschen P.E.N. Zentrums, des P.E.N. Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland (London), der Mindener „Kigge“ und anderer Schriftstellerverbände.
BIO- Bbibliografie
DIETER SCHLESAK wurde in Schäßburg (Siebenbürgen) geboren, studierte Germanistik, war vorübergehend Lehrer und dann Redakteur bei der Zeitschrift "Neue Literatur" in Bukarest. l969 übersiedelte er in die Bundesrepublik. Er lebt seit l973 in Stuttgart und in Camaiore/Lucca. Schlesak beschäftigt sich mit Meditation und Psychiatrie (l975 erschien sein Buch "Sozialisation der Ausgeschlossenen" bei Rowohlt; 1978 auch holländisch in Amsterdam). Er schreibt Lyrik ("Grenzstreifen", Bukarest l968; "Briefe über die Grenze", Schlender, Göttingen l978; "Weiße Gegend", Rowohlt, Reinbek l981; "Aufbäumen. Gedichte und ein Essay", Rowohlt, Reinbek 1990); Essays und Prosa ("Visa, Ost West Lektionen, S. Fischer, Frankfurt l97o; "Geschäfte mit Odysseus" Hallwag, Bern l972; Essays über Literatur, Grenzphänomene und Religion in verschiedenen Zeitschriften und für den Funk. Er schrieb Hörspiele und andere Arbeiten für das Radio (vor allem über psychiatrische Kliniken, Patientenkunst, über Meditation und über seine Reisen zu Indianern und Indios in den USA und Mexiko und ihre Riten und Kultformen). Übersetzer- und Herausgebertätigkeit.
l986 erschien Schlesaks Roman "Vaterlandstage und die Kunst des Verschwindens", Benziger, Zürich, ein Buch über das lebensgeschichtliche und existentielle Exil eines Deutschen, eines Nachgeborenen. Der Roman verknüpft die Endstation deutscher Geschichte mit dem Atomzeitalter, mit der Schuld der weißen Rasse, ihrer Kultur und Zivilisation in Ost und West, und beschreibt das Leiden eines Ich an dieser Todeswelt. (Erschien 1995 auch auf Rumänisch in Bukarest). Für dieses Buch und seine Fortsetzung, an der der Autor zur Zeit arbeitet (Arbeits- Titel "Der Verweser. Ein Geisterroman"), erhielt der Autor zweimal das Jahresstipendium des Deutschen Literaturfonds (l982 und l987), das Stipendium des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst von Baden-Württemberg l988 und den Schubart-Literaturpreis l989. (Auch die bisherigen Arbeiten wurden mit Förderpreisen und Stipendien ausgezeichnet. Für seine Lyrik erhielt er den Nikolaus-Lenau-Preis 1993. Für die Prosa den Hauptpreis des Ostdeutschen Kulturrates 1994) Schlesak ist Mitglied des Deutschen P.E.N Zentrums, des P.E.N Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland (London), der Mindener "Kogge", des VS und anderer Schriftstellervereinigungen.
Die Fortsetzung seines Buches "Visa. Ost West Lektionen"; Essays und Prosa über die Zeit-Wende und über die Öffnung durch die osteuropäischen Revolutionen : "Wenn die Dinge aus dem Namen fallen", ist bei Rowohlt im Herbst 91 erschienen (wird zur Zeit ins Italienische übersetzt, erscheint im Herbst 1996). Für dieses Projekt erhielt der Autor ein Förderstipendium der Akademie Schloß Solitude.
Im Herbst 1994 erschien "Stehendes Ich in laufender Zeit" - ein synoptisches Journal der Jahre 89-94 bei Reclam Leipzig. Und "So nah, so fremd," AGK-Verlag, Dinklage 1995. Damit ist die "Trilogie" über die Revolutionen von 1989 und di Erfahrungen mit dem Postkommunismus abgeschlossen.
Ein großes dreibändiges Werk über das "Neue Licht Michelangelos" ist ebenfalls abgeschlossen, eine Kunstdruckdokumentation der renovierten Sixtinischen Kapelle in allen Weltsprachen. Dieter Schlesak schreibt dazu die Bildmeditationen, eine Brücke zwischen Bild und Wort, der Sixtina und uns. Der letzte Band (III) ist im Februar 91 erschienen.
Schlesak hat in den letzten Jahren viele Essays veröffentlicht, darunter: Über Sprachskepsis, Bildverbot uns Zeit, in: Rowohlts Literaturmagazin 34; Begegnungen mit E.M. Cioran, in: Sinn und Form 1/1996.
II. Das Werk
5. Bücher: Grenzstreifen, Gedichte, Literaturverlag Bukarest, 1968; Visa Ost West Lektionen, Prosa, S. Fischer Verlag Frankfurt a.Main, 1970; Geschäfte mit Odysseus, Reiseprosa, Hallwag Verlag Bern, 1972; Sozialisation der Ausgeschlossenen, Praxis einer neuen Psychiatrie, mit A. Pirella, Rowohlt Verlag Reinbek, 1975; Socialisatie van de uitgestotenen, Amboboeken/ Baarn 1976 (Holland); Briefe über die Grenze, Schlender, Göttingen l978; Weiße Gegend, Gedichte, Rowohlt Verlag, Reinbek 1981; Vaterlandstage, Roman, Benziger Verlag, Zürich 1986; Das neue Licht Micheangelos, Bildmeditationen, III Bände, Faksimilie Verlag Luzern, 1989-1991; Aufbäumen, Gedichte und ein Essay, Rowohlt Verlag Reinbek, 1990; Wenn die Dinge aus dem Namen fallen, Tagebuch und Essays, Rowohlt Verlag, Reinbek 1991; Stehendes Ich in laufender Zeit, Tagebuch und Essay, Reclam Verlag Leipzig, 1994; So nah, so fremd, Tagebuch und Essay, AGK-Verlag, Dinklage, 1995. Zile de acasa, roman (Vaterlandstage), Bucuresti, 1995.
Bücher seit 1989
Dieter Schlesak: Wenn die Dinge aus dem Namen fallen. Essays. Reinbek bei Hamburg 1991. 194 Seiten.
Dieter Schlesak: Stehendes Ich in laufender Zeit. Leipzig 1994. 261 Seiten, Reclam Leipzig 1994.
Dieter Schlesak: So nah, so fremd. AGK-Verlag, Dinklage 1995
Dieter Schlesak: Landsehn. Gedichte. Druckhaus Galrev, Berlin 1997
Dieter Schlesak: Bandiere bucate. Traduzione di Mario Pezzella. Moretti & Vitale, Bergamo/Milano 1997 (Übers. von "Wenn die Dinge aus dem Namen fallen", Rowohl 1991)
Dieter Schlesak: Revolta mortilor. Traducere: Victor Scoradet. Bucuresti 1998 (Übers. von "Wenn die Dinge aus dem Namen fallen", Rowohl 1991)
Sekundärliteratur: Günther Schulz: Verabredung mit der Sprache. In: Neue Literatur, Heft 2, 1969, S. 104-106; Gert Peter Merk: Freund Partisan. In: Frankfurter Hefte, 26 Jg. Heft 5, S. 71; Heinrich Stiehler: Zwischen Utopie und Idylle. In: Akzente, Heft 1, 1974, S.. 21- 32. Walter Kargel: Psychiatrie in Italien. In: FRankfurter Hefte. Heft 5, 1975, S. 35-41; Heinrich Stiehler: Paul Celan, Oscar Walter Cisek und die deutsche Gegenwartsliteratur Rumäniens. Lang, Frankfurt a. Main, S.119ff. Peter Motzan: Die rumäniendeutsche Lyrik nach 1944. Dacia Verlag, Cluj-Napoca 1980; Jürgen Serke: Blick vom toskanischen Berg, in: Die verbannten Dichter, A. Knaus Verlag, Hamburg 1982, S.324; Barbara Meyer: Der achte Tag der Menschheitsgeschichte. In: Neue Zürcher Zeitung, 14.4. 1987; Klaus Hensel: Verfehlte Heimkehr. In: Frankfurter Rundschau, 28.7. 1987. Werner Söllner: Dieter Schlesak, in: Kritisches Lexikon der deutschen Gegenwartsliteratur, Text & Kritik, München 1989; Nachruf auf die rumäniendeutsche Literatur, hg. von W. Solms, Hitzeroth, Marburg 1990; Joachim Wittstock: Die Emigration nach innen und andere Ortsveränderungen. In: Neue Literatur. In: Neue Literatur Heft 7/8, 1990/91, S. 104ff; Die Siebenbürgisch-deutsche Literatur als Beispiel einer Regionalliteratur, hg. A.Schwob u. B. Tontsch., Böhlau, Köln Weimar Wien 1993; Peter Motzan: Sieben schillernde Jahre. Rumäniendeutsche Lyrik in der Zeitschrift "Neue Literatur", Bukarest (1965-1971). In : Methodologische und historische Studien zur deutschen Literatur Ostmittel- und Südosteuropas, hg. A,. Schwob, Verlag Südostdeutsches Kulturwerk, München 1994, S.175ff. Michael Braun, Sprachmagier und poetische Rebellen. In: Rowohlt Revue, Februar, März 1991, S. 10ff. Jürgen Egyptien: Rettung ins Nichts. In: Spuren, Heft 34/35, Okt.-Dez. 1990, S. 20ff. Und in: Park, Heft 39/40, 1991, S.56ff; Lothar Baier: Die gebrochene Übereinkunft. In: Südddeutsche Zeitung Nr. 296, 24/26. Dezember 1991; Stefan Sienerth: Beheimatet im kritischen Zwiespalt, Siebenbürgische Zeitung 27. Juli; 1994.Wolf Peter Schnetz: Stehendes Ich in laufender Zeit. In: Lichtung, 7.Jahrg. 6. Heft, November/Dezember 1994, S. 51. Hans-Jürgen Schmitt: Der andere im "Herzen des Ich". In: Süddeutsche Zeitung 14./15 Januar 1995; Wolfgang Schlott, Stehendes Ich in laufender Zeit. In: Kommune Heft 2 1995.
In Büchern und Lexika: Jürgen Serke in: Das neue Exil. Die Verbrannten Dichter, 1985; Werner Söllner in KGL 32. Nlg., 1989. Bruno Jahn in: Literaturlexikon, Autoren u. Werke deutscher Sprache (Hg. Walter Killy), Band 10, 1991; Stefan Sienerth in: Lexikon der Siebenbürger Sachsen (Hg. Prof. Dr. Walter Myss) 1993. Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller, 20. Jahrhundert (Hg. Kurt Böttcher), 1993; Alexander von Bormann in: Geschichte der deutschen Literatur von 1945 bis zur Gegenwart (Hg. W. Barner), München 1994; PEN Bundesrepublik Deutschland: Autorenlexikon, 1993, 1996; Das deutsche Who ist who, 1996.
Schlesaks neuere Lyrik ("Aufbäumen", 1990, Landsehn 1997) bringt trotzdem eine mit anderen Mitteln kaum faßbare andere Hoffnung zur Sprache - mitten durch kollektive Stimmungs- und Zustandsstrukturen, die sonst unter den Tisch gekehrt werden, um das, was nach der "Wende" gerne vergessen wird, bewußt zu machen. Es gibt nämlich Ostdeutsche und Westdeutsche, getrennt durch einen Abgrund der Erfahrungen sehr verschiedener Art, und es gibt Deutsche der dritten Art, die beide Welten kennen, und vermitteln könnten. Schlesak und seine Gedichte gehören zu ihnen, DS versucht als einzelner das auszuhalten, was die meisten vergessen möchten! Er hat seine Geister in sein zweites Exil, nach Italien versetzt: was früher nur solchen Weltwechslern, Flüchtlingen, Emigranten geschah, ist heute allgemein geworden: als wären nach 89 alle Schuldbeladene angesichts einer neuen brutalen und utopielosen Wirklichkeit, die alles, was eigentlich zählen sollte, zum Verschwinden bringt! DS neuer Gedichtband geht noch einen Schritt, eine Grenze weiter, und hält sich in der Nachfolge von Ernst Meister und Celan, an ein Jenseits der Opfer- und "Totengespräche", versucht alles, auch die neue Grenze und was sich überall als neue "Wirklichkeit" und ihre innern und äußeren Mauer aufdrängt, aufzubrechen: "Nichts ist so wie es ist." "Nichts ist wirklich", weder angesichts der Zukunft, noch vor allem angesichts des Todes. Die Gedichte bewegen sich an den Rändern des großen Geheimnisses, das auszuhalten ist nur mit Hilfe des anderen großen Themas dieses Bandes: der Liebe, die aber in die gleiche Richtung der Unwirklichkeit der realen Welt weist. Alles ist erschreckend offen!
STIMMEN DER KRITIK
...wobei immer im Hintergrund die Suche nach einer andern Wahrheit steht, einer tiefen Wahrheit, die der Ge¬schichte entkommt oder sie überschreitet.
E.M. Cioran
Sprachgewaltig bannt Dieter Schlesak die Verhältnisse hier und dort, in Ost und West, in das Bild des achten Tages der Menschheits¬geschichte. Neue Zürcher Zeitung
Er zeigt uns quer zu manch herrschender Meinung, daß im Mikrokosmos des leidenden Ich die Veränderung der Welt radikal anders bewertet wird als im praktischen Optimismus des politischen Tagesgeschäfts. Hans-Jürgen Schmitt, Süddeutsche Zeitung.
Die Ausführungen von Dieter Schlesak haben den Vorzug der Klarheit. Was bei Heiner Müller bisher dunkel "deutsches Verhängnis", "Kolonisation" oder "Überfremdung, bei Volker Braun locker "das nicht Nennenswerte" hieß und von Christa Wolf als "dunkle wilde Jagd" bedichtet wird ... ist hier plötzlich deutlich." Iris Radisch, DIE ZEIT
Sein Ich ist sich des Zeitsprungs gewiß, sein Ich warnt den Leser vor allzu großen Erwartungen ... Die enge Verbindung von gegenwärtigem Geschehen, das das Bewußtsein noch nicht aufnehmen kann, und einer eben abgelaufenen Vergangenheit, die als Traumsequenz in eine Zukunft reicht, in welcher alles erst entwickelt wird, was im Präsens zu schnell vorüberjagt - ist der Übergang, in dem das Schlesaksche Ich stehengeblieben ist, um in der Fülle des Augenblicks seine vielschichtigen Beobachtungen machen zu können. Es wählt den quälenden Weg der Offenlegung von Wunden im Zeitbewußtsein am Ende des 20. Jahrhunderts.
Wolfgang Schlott, Kommune 2
Haben wir 1989 den Beginn eines neuen Zeitalters erlebt? Einen Umbruch, we er nur mit der Reformation oder der Französischen Revolution vergleichbar ist? Werden Historiker bei der Periodsierung der Vergangenheit Jahrhunderte einteilen in ein großes Vorher und Nachher? Dieter Schlesaks Essay über den Umsturz in Rumänien deutet Ereignisse vom 21. und 22. Dezember 1989 in Bukarest als welthistorischen Einschnitt, nach dem nichts mehr so ist, wie es war.
Schlesak erzählt von der Melancholie , die sich einstellt, wenn das jahrelang Ersehnte plötzlich Wirklichkeit wird und dann doch alles ganz anders ist, als man sich vorgestellt hatte. "Der Zustand der Sehnsucht wird gelöscht"
Frankfurter Allgemeine Zeitung
In Ihrem Buch sind all die Erfahrungen versammelt, die über zwei Jahrhunderte hinweg viele, viele Revolutionäre gemacht haben. Ich denke an die Reden von Robespierre und Danton... an Kropotkin und Bakunin, an einige arkane Passagen bei Marx, an die Enthusiasmen der irischen, der spanischen, der vietname¬sischen, der südamerikanischen Rebellen und Revolutionäre. Sie alle versuchen das zu sagen, was Sie in Ihrem Band auf das trefflichste und... auf das tiefsinnigste präzisiert haben, nämlich das enthusiastische Erlebnis, den Furor gleichsam aus der Zeit zu fallen, dieses offenkundig beglückende Geühl, an einem Schnittpunkt der Geschichte stehend die Geschichte selbst förmlich "abzu¬schneiden".
Michael Naumann, Ehemaliger Leiter des Rowohltverlages
Dieter Schlesak, vigoroso e sottile narratore... sembrava rico¬noscersi nell´ indicativo presente. La vita, come diceva Svevo, originale e lascia presto indietro il suo ritratto stesso da una penna (...) Nel suo intervento a Trieste, Schlesak (...)ha detto genialmente che soltanto dopo Stalingrado é comniciata, per la sua gente, la possibilita di' una vera letteratura che nasce dalla consapevolezza e dall' esperienza della disfatta del perverso sogno di dominio. Ii romanzo ,Giorni della patria di Schlesak é un´espressione poetica di questo amore di patria puro e purificato e reca significativamente ii sottotitob L´arte di sparire.
Claudio Magris, Corriere della Sera (8 febbraio 87).