Dass man diese Alternative, die sie für Deutschland sein will, immer in erster Linie als rassistischen und isolationistischen Haufen in den politischen Debatten anführt, ist ein etwas ärgerlicher Umstand. Sie ist so viel mehr. Oder sagen wir besser: Sie ist so viel weniger. Ihr chauvinistischer Rassismus ist nur eine Komponente aus einem Weltbild, das wie aus Zeiten Adenauers zu kommen scheint. Oder aus einer jener niedlichen Vorstädte der Eisenhower-Ära. Die Abbreviatur AfD ist die gellende Sehnsucht nach exklusiver Gemütlichkeit und übersichtlichen Provinzialismus. Ja, Harmoniesucht am Ende. Die Feindlichkeit gegenüber Fremden ist nur eine Facette dieser Weltbetrachtung.
Die Bloggerin Kattascha hat erst neulich das Wahlprogramm der AfD in Baden-Württemberg quergelesen. In Stichpunkten und Auszügen, was dieser Bande so vorschwebt: Bürgerarbeit für Arbeitslose; Werbung für Mutter-Vater-Kind-Beziehung bei den Rundfunkanstalten; Abkehr von der CO2-Lüge; Abkehr von den umweltbelastenden erneuerbaren Energien, stattdessen zurück zur Kernkraft; Lockerung des Datenschutzes; Einführung eines »Heimatschutztages«; Schutz der Jugendlichen vor promiskuitiven Inhalten; konsequente Durchsetzung schulischer Disziplin; Verbot von Abtreibungen; Senkung der Scheidungsrate; keine »volkserzieherische Überhöhung von nicht heterosexuellen Menschen« mehr; Abschaffung von Transsexualität; Ehe nur zwischen Mann und Frau; kein »falsch verstandener Tierschutz« mehr.
Man sieht, diese sich wie eine Partei gerierende rassistische Bewegung ist außerdem ein Sammelsurium kleinbürgerlicher Affekte und Feuchtträume, eine bequeme Illusion voller Behaglichkeit und Heimeligkeit im nicht haargenau definierten Volkskörper. Jener ist aber in jedem Falle ein Exklusionsmodell, in dem nicht nur nicht Fremde inkludiert werden, sondern auch alle anderen gesellschaftlichen Gruppen, die dem Wohlgefühl der Fünfzigerjahre nicht zupass kommen. Homo- und Transsexuelle werden an den Rand gedrängt, ja die Sexualität selbst wird mit einer historisch längst überholten Verklemmtheit angefasst, sodass jeder offene Diskurs über geschlechtliche Neigungen, der ein halbwegs unbefangenes Leben garantierte, vollkommen verunmöglicht wird. Wer Konformität lebt, der ist Teil der exklusiven Gesellschaft, lebt die Vorbildlichkeit; Normabweichungen werden im Wahlprogramm (und bei Wahlerfolg in Realität?) wie Aussatz und psychische Erkrankungen behandelt.
Diese Einstufung von nicht konformen Lebensmodellen ist selbstverständlich nicht zeitgemäß, weil eben nicht im Ansatz wissenschaftlich begründbar. Es baut auf auf Befindlichkeiten, auf Bauchgefühl, auf Vorurteilen und Vorverurteilungen. Man will Homosexualität von der Bildfläche verschwinden lassen, nicht weil man es begründen könnte, weil es gute Argumente dafür gäbe, sondern weil man es für eine Perversion hält, die durch nichts zu entkräften ist - nicht mal durch Erklärungen, wonach gleichgeschlechtliche Liebe eine völlig normale Erscheinung im Wesen des menschlichen Geschlechts ist, evolutionär und biologisch erklärbar. Gleichfalls beim Klimawandel. Man hält ihn für eine Erfindung, nicht weil man etwa wüsste, dass es so ist, sondern weil man es hofft, weil man möchte, dass sich nicht verändert und man jegliche globale Veränderung einfach als Lüge abstempelt. Verdrängung statt Aufarbeitung, Scheuklappen, wo man Lupen bräuchte: Das ist diese Alternative, die sie sein will, wirklich und tatsächlich.
Das ist überhaupt der Impetus schlechthin bei diesen Leuten. Sie verdrängen, dass das moderne Leben nicht mehr so eindeutig ist, wie es vielleicht noch vor vierzig oder fünfzig Jahren gewirkt haben mag. Die Stimmung der Fünfzigerjahre, Schlagsahne auf Kuchen in Schrebergärten, Papa mit sicherem Arbeitsplatz, Mutti daheim und allezeit mit offenem Ohr, mehr Zusammenhalt unter Nachbarn, die auch zusammenrückten, um es den Gastarbeitern zu vermiesen; ja, diese unsäglich nostalgische Gemütlichkeit, die zwischen Heinz Erhardt und Schlagern herausstach, die kinderreiche Familien hervorbrachte, die heute im Rückblick, wenn man mal nicht kritisch hinterfragt, so ein Gefühl für Romantik aufkommen lässt – das alles treibt diese »Alternativen« an.
Sie wollen indes ja auch gar keine Alternative sein, also nicht »eine weitere Möglichkeit« anbieten - was das Wort per definitionem ja bedeutet -, sondern etwas Altes anpreisen. Alternativ bedeutet der lateinischen Herkunft nach (alter für »das Andere« und nascere für gebären), dass etwas »aus dem anderen geboren« wird. Aber die AfD will nicht aus dem Status quo etwas Neues zur Welt bringen, sondern eine Leiche ausbuddeln und etwas Makeup draufklatschen. Gewissermaßen einen Gesellschaftsentwurf reanimieren, der in seiner Ausformung schon lange keine Alternative mehr war, nur in der spießigen Behaglichkeit der Nachkriegs- bis Anfang der Siebzigerjahre den Alltag prägte, danach aber langsam als unhaltbar verabschiedet wurde und abstarb, sich nur in überschaubaren Nischen wie dümmlichen Stammtischen oder ewiggestrigen Verbänden als Kuriosum halten konnte.
Man kann und sollte diese Herrschaften nicht nur auf ihren Rassismus reduzieren. Der ist natürlich unhaltbar und man muss ihm Einhalt gebieten. Aber hinter dieser Truppe steckt so viel mehr an traurigem Potenzial. Da leiden Mitglieder wie Anhänger an einer deutschen Harmoniesucht, an Nostalgie, an Sehnsucht nach einer verklärten guten alten Zeit, in der kleinkarierte alte Herren und graue Damen die Republik in Konventionen und Konformität parzellierten, kalte Krieger mit Atomwaffenbereitschaft spielten und jegliche gesellschaftliche Dynamik als fatales Vorzeichen eines untergehenden Abendlandes betrachteten. Damals war das eine Weile zeitgemäß, bevor die Jugend ausbrach – heute ist dergleichen keine Alternative, sondern bloß der Rollback einer Lebensweise, die von der gesellschaftlichen Evolution lange weggewischt wurde.
Die Bloggerin Kattascha hat erst neulich das Wahlprogramm der AfD in Baden-Württemberg quergelesen. In Stichpunkten und Auszügen, was dieser Bande so vorschwebt: Bürgerarbeit für Arbeitslose; Werbung für Mutter-Vater-Kind-Beziehung bei den Rundfunkanstalten; Abkehr von der CO2-Lüge; Abkehr von den umweltbelastenden erneuerbaren Energien, stattdessen zurück zur Kernkraft; Lockerung des Datenschutzes; Einführung eines »Heimatschutztages«; Schutz der Jugendlichen vor promiskuitiven Inhalten; konsequente Durchsetzung schulischer Disziplin; Verbot von Abtreibungen; Senkung der Scheidungsrate; keine »volkserzieherische Überhöhung von nicht heterosexuellen Menschen« mehr; Abschaffung von Transsexualität; Ehe nur zwischen Mann und Frau; kein »falsch verstandener Tierschutz« mehr.
Man sieht, diese sich wie eine Partei gerierende rassistische Bewegung ist außerdem ein Sammelsurium kleinbürgerlicher Affekte und Feuchtträume, eine bequeme Illusion voller Behaglichkeit und Heimeligkeit im nicht haargenau definierten Volkskörper. Jener ist aber in jedem Falle ein Exklusionsmodell, in dem nicht nur nicht Fremde inkludiert werden, sondern auch alle anderen gesellschaftlichen Gruppen, die dem Wohlgefühl der Fünfzigerjahre nicht zupass kommen. Homo- und Transsexuelle werden an den Rand gedrängt, ja die Sexualität selbst wird mit einer historisch längst überholten Verklemmtheit angefasst, sodass jeder offene Diskurs über geschlechtliche Neigungen, der ein halbwegs unbefangenes Leben garantierte, vollkommen verunmöglicht wird. Wer Konformität lebt, der ist Teil der exklusiven Gesellschaft, lebt die Vorbildlichkeit; Normabweichungen werden im Wahlprogramm (und bei Wahlerfolg in Realität?) wie Aussatz und psychische Erkrankungen behandelt.
Diese Einstufung von nicht konformen Lebensmodellen ist selbstverständlich nicht zeitgemäß, weil eben nicht im Ansatz wissenschaftlich begründbar. Es baut auf auf Befindlichkeiten, auf Bauchgefühl, auf Vorurteilen und Vorverurteilungen. Man will Homosexualität von der Bildfläche verschwinden lassen, nicht weil man es begründen könnte, weil es gute Argumente dafür gäbe, sondern weil man es für eine Perversion hält, die durch nichts zu entkräften ist - nicht mal durch Erklärungen, wonach gleichgeschlechtliche Liebe eine völlig normale Erscheinung im Wesen des menschlichen Geschlechts ist, evolutionär und biologisch erklärbar. Gleichfalls beim Klimawandel. Man hält ihn für eine Erfindung, nicht weil man etwa wüsste, dass es so ist, sondern weil man es hofft, weil man möchte, dass sich nicht verändert und man jegliche globale Veränderung einfach als Lüge abstempelt. Verdrängung statt Aufarbeitung, Scheuklappen, wo man Lupen bräuchte: Das ist diese Alternative, die sie sein will, wirklich und tatsächlich.
Das ist überhaupt der Impetus schlechthin bei diesen Leuten. Sie verdrängen, dass das moderne Leben nicht mehr so eindeutig ist, wie es vielleicht noch vor vierzig oder fünfzig Jahren gewirkt haben mag. Die Stimmung der Fünfzigerjahre, Schlagsahne auf Kuchen in Schrebergärten, Papa mit sicherem Arbeitsplatz, Mutti daheim und allezeit mit offenem Ohr, mehr Zusammenhalt unter Nachbarn, die auch zusammenrückten, um es den Gastarbeitern zu vermiesen; ja, diese unsäglich nostalgische Gemütlichkeit, die zwischen Heinz Erhardt und Schlagern herausstach, die kinderreiche Familien hervorbrachte, die heute im Rückblick, wenn man mal nicht kritisch hinterfragt, so ein Gefühl für Romantik aufkommen lässt – das alles treibt diese »Alternativen« an.
Sie wollen indes ja auch gar keine Alternative sein, also nicht »eine weitere Möglichkeit« anbieten - was das Wort per definitionem ja bedeutet -, sondern etwas Altes anpreisen. Alternativ bedeutet der lateinischen Herkunft nach (alter für »das Andere« und nascere für gebären), dass etwas »aus dem anderen geboren« wird. Aber die AfD will nicht aus dem Status quo etwas Neues zur Welt bringen, sondern eine Leiche ausbuddeln und etwas Makeup draufklatschen. Gewissermaßen einen Gesellschaftsentwurf reanimieren, der in seiner Ausformung schon lange keine Alternative mehr war, nur in der spießigen Behaglichkeit der Nachkriegs- bis Anfang der Siebzigerjahre den Alltag prägte, danach aber langsam als unhaltbar verabschiedet wurde und abstarb, sich nur in überschaubaren Nischen wie dümmlichen Stammtischen oder ewiggestrigen Verbänden als Kuriosum halten konnte.
Man kann und sollte diese Herrschaften nicht nur auf ihren Rassismus reduzieren. Der ist natürlich unhaltbar und man muss ihm Einhalt gebieten. Aber hinter dieser Truppe steckt so viel mehr an traurigem Potenzial. Da leiden Mitglieder wie Anhänger an einer deutschen Harmoniesucht, an Nostalgie, an Sehnsucht nach einer verklärten guten alten Zeit, in der kleinkarierte alte Herren und graue Damen die Republik in Konventionen und Konformität parzellierten, kalte Krieger mit Atomwaffenbereitschaft spielten und jegliche gesellschaftliche Dynamik als fatales Vorzeichen eines untergehenden Abendlandes betrachteten. Damals war das eine Weile zeitgemäß, bevor die Jugend ausbrach – heute ist dergleichen keine Alternative, sondern bloß der Rollback einer Lebensweise, die von der gesellschaftlichen Evolution lange weggewischt wurde.