Anonymous, das Hackerkollektiv, welches bekanntlich aus piratierenden Netznerds und Hightech Hackern besteht, griff im September 2011 die GEMA mittels DDOS Attacken an und legt ihre Websites tagelang lahm. Als Revange hat sich die GEMA IT die IP Adressen der Angreifer besorgt und flux eine blitzeschnelle perfekt koordinierte amtliche Aktion mit Polizei und Staatsanwaltschaft folgen lassen – heute wurden die Wohnungen von deutschlandweit 106 mutmaßlichen Anon Mitgliedern bzw. Mitläufern durchsucht, und deren PC’s, Festplatten und handys beschlagnahmt. N-tv relativierte die Meldung zugleich noch ein bissschen, und sagte, dass vor allem minderjährige Buben, die noch bei den Eltern wohnten, gefasst worden seien – das gibt mächtig Ärger mit Papa und Mama!
Es muss die Depression des Sommerlochs gewesen sein, das einige fachunkundige unterbeschäftigte Journallisten dazu gebracht hat, einen derartigen Stuss zusammen zu reimen. Peinlichkeit an Peinlichkeit. Die GEMA hat sich genauso blamiert, wie die Ermittlungsbehörden und letztendlich auch die Journalisten.
Gehen wir mal die Liste peinlicher Fails durch:
1. Anonymous, das Hacker Kollektiv. Die Vorstellung, dass sich nur Hacker bei Anonymous befinden, die sich zudem abseits der gesellschaftlichen Norm tummeln (gepiercte und bebrillte download-piraten in dunklen Kellern), ist nonsens. Dieses Bild entpricht nur einem durch die Presse geförderten bequemen Klischee. Anons sind lose, ohne feste offizielle Mitgliedschaft, zueinander bezogen und benutzen verschiedene, manchmal spezielle und nicht direkt für jeden normal versierten Internetbenutzer zugängliche Kommunikationswege. Die Gruppenzugehörigkeit definiert sich über das Streben nach einem gemeinsamen Ziel, dem Informations- und Meinungsaustausch darüber und der sporadischen Teilnahme an Aktionen, um dieses Ziel zu erreichen. Anons sind überwiegend technisch versiert, aber die wenigsten sind typische Hacker.
2. Die Reaktionszeit und offene IP’s: Respekt. Hat nur 9 Monate gedauert, um 108 Jugendliche aufzuspüren, die wahrscheinlich noch nicht einmal zum eigentlichen Anonymous Kreis gehören. Versierte anons sind nämlich niemals so dämlich mit unverdeckter IP DDOS Attacken zu starten, und so den staatsanwaltlichen Ermittlern eine Einladung mit vollständiger Adresse zu schicken.
3. Razzia. Owei. Bundesweit mit Sondereinsatzkommandos. Gegen Kinder und Jugendliche. Weil sie die bösen Hacker-Piraten-Urheber-Verletzer-Verbrecher-GEMA-Schädlinge sind. Verhältnismäßigkeit ist ein Begriff, dessen Sinninhalt gerne bei der Juristerei und der Polizei gelehrt werden darf. Ein weiterer Begriff hängt damit eng zusammen: Diletantismus. Wenn schon nicht die eigentlichen Anonymous Angreifer ermittelt werden können, greift man sich den kleinen Fisch, der nur sehr am Rande etwas mit der Sache zu tun hat; und verkauft dies der Öffentlichkeit als großen gelungenen Gegenschlag. Wow. So werden Heldenmythen geboren.
4. Wer sind die Bösen? Die maßlos abzockende GEMA, die gegen gute Sitte und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, oder spielende Jugendliche, die sich naiv von Anon Ankündigungen (und DDOS how Do’s) zu dämlich durchgeführte DDOS Experimenten verleiten liesen?
Na, dann lasst sie doch mal die volle Härte des Gesetzes spüren. Nein, da gibt es nix zu lachen. Nein, wirklich nicht.
Nur eines noch: Autorität und Respekt, liebe GEMA, liebe Bundesbehörden; die sind nur über Kompetenz und Moralität erreichbar, nicht aber allein über ein Amt und per Anordnung.
René Brandstädter – humanicum, anonymous