Schiffsbau auf großem Niveau: Die Meyer-Werft in Papenburg

“Bist du eigentlich schon einmal in Papenburg in der Meyer-Werft gewesen?” fragte meine Mutter mich, als wir über unser gemeinsames Wochenende in Hamburg sprachen.

Tatsächlich war ich noch nie in irgendeiner Werft in meinem Leben. Seit 2,5 Jahren arbeite ich nun schon auf Kreuzfahrtschiffen, aber die Werft-Zeiten habe ich immer verpasst.

Wir kauften Karten für den Samstag Mittag, so dass wir bequem auf der Hinfahrt unseren Stopp dort einlegen konnten.

Samstag Morgen, 5 Uhr in der Früh, so langsam heißt es aufbrechen, denn wir haben eine lange Fahrt vor uns mit eventuell langen Staus, immerhin haben ein paar wenige Bundesländer noch Ferien.
Ziemlich erschöpft kommen wir in Papenburg an und parken neben dem Arbeitsamt.
Ganz in der Nähe soll sich das Touristenbüro befinden wo wir unsere vorbestellten Karten abholen können.
Wir fragen uns durch und werden einmal durch die ganze Stadt geschickt. (Später sollten wir feststellen, dass es noch ein zweites nur 200m von unserem Parkplatz entfernt gab)
Kurz nach 12 Uhr, selber Tag, wir finden uns an einer Bushaltestelle in der Nähe des Rathauses wieder mit einigen anderen Besuchern ein.
Der Bus kommt pünktlich und wir können dem strömenden Regen entfliehen.

Schon im Bus stellt sich unsere Führerin für diesen Tag vor. Sie erklärt uns, dass wir aufgrund des an diesem Tag stattfindenden Papenburg-Festivals nicht den normalen Weg nehmen können. Aber es kommt umso besser, wir dürfen durch den Hintereingang ins Werftgelände fahren und sehen somit mehr, als normale Besucher jeden Tag zu sehen bekommen.

Nach einer kurzen Diskussion zwischen Busfahrer und Werft-Wächter fahren wir auf das Gelände. Mir kribbelt es überall, wie aufregend!
Über dem Gelände pragt der Schriftzug Meyer-Werft. Die Buchstaben sind größer als sie scheinen. Das M zum Beispiel hat den gleichen Durchmesser wie eine 3-Zimmer-Wohnung erklärt unsere Führerin.

Vor dem Besucherzentrum müssen wir noch ein paar Minuten warten. Zeit sich die Norwegian Escape genauer anzusehen. Der neuste Koloss der Reederei NCL liegt erst seit wenigen Wochen vor der Werft-Halle um den letzten Schliff vor der Ems-Überführung zu bekommen. Ein riesiges Schiff.

NCL Escape

NCL Escape

Endlich ist es so weit, wir dürfen rein. In 2 Gruppen eingeteilt sehen wir zuerst einen Film über die Meyer-Werft. Klingt im ersten Moment ziemlich langweilig, aber ich bekomme eine Gänsehaut während wir lernen wofür die Meyer-Werft in Papenburg steht und bekannt ist.
Nach dem ersten Film geht es in den zweiten. Ein kleiner Saal in welchem die Geschichte der Werft von den Anfängen gezeigt wird. Bei jedem Schiffsbau werden die jeweiligen Modelle angeleuchtet und somit in Szene gesetzt.
1795 wurde sie als Holzschiffswerft gegründet. Eine von vielen in Papenburg. Jedoch die einzige, die sich auf den Stahlbau einließ und somit bis heute überlebte und inzwischen in 6. Generation von der Familie Meyer geführt wird.

Weg von den Filmen betreten wir einen Raum mit unzähligen Schiffsmodellen. Alte Schiffe, reihen sich neben den neusten Bauten von RC, AIDA oder NCL.
Über den Schiffen hängt ein riesiger Bildschirm auf welchem wir die aktuelle Position jedes Schiffes der Meyer-Werft verfolgen können. Eine Routenkarte für alle Schiffe sozusagen.

Habt ihr euch schon einmal überlegt wie viele Rohre eigentlich durch so ein Schiff fließen? Anhand eines Models dürfen wir im nächsten Raum einmal die komplizierte Lage der hunderten von Rohren in einem AIDA-Schiff anschauen.
Wo wir grade bei Rohren sind. Für alle Kreuzfahrtneulinge unter euch: Bitte schmeißt niemals etwas anderes als Toilettenpapier ins Klo, denn die dünne Rohre verstopfen sofort. Und da immer mehrere Kabinen miteinander zusammen hängen funktioniert nicht nur eure Toilette nicht, sondern auch alle in eurem Block um euch rum. So schafft ihr euch keine Freunde.

Rohre

Rohre

Die Aufregung steigt. Alles kribbelt in mir. Nächstes Ziel ist die große Werfthalle.
Mit 504m Länge, 125m Breite und 75m Höhe ist diese Halle das größte überdachte Baudock weltweit.
Grade wird hier die “Ovation of the Seas” von Royal Caribbean im Blockbau gebaut.
Aber was heißt Blockbau eigentlich? Die einzelnen Blöcke der Schiffe werden extern hergestellt und in der Halle zusammen geführt. Hierbei fängt man nicht notgedrungen am Bug oder Heck an, auch Zwischenteile des Schiffes stehen einzeln in dieser Halle. Die Kabinen werden schon im fertigen Zustand (inklusive Zahnputzbecher) angeliefert und werden wie Lego-Steine einfach in die vorgesehenen Lücken gesteckt.

Ovation of the Seas

Ovation of the Seas

Aber wie lange dauert es eigentlich ein Schiff zu bauen? Ungefähr zwei Jahre lernen wir. Zumindest wenn die ganze Planung noch bevorsteht. Dann teilt sich die Arbeit in ca. 1 Jahr Planung und 1 Jahr Bau ein.
Heute geben Reedereien aber meistens mehrere Schiffe der gleichen Serie in Bau. Somit verkürzt sich die Planungsphase auf ungefähr 2 Monate, da nur noch Kleinigkeiten zum Vorgängermodel verändert werden müssen.

In einer zweiten Werft-Halle werden normalerweise Flusskreuzfahrtschiffe oder kleinere Frachtschiffe gebaut. Gerade liegen hier auch ein paar Blöcke für die Ovation of the Seas zur Zwischenlagerung.
Die kleinere Halle misst “nur” 358 in der Länge und 39m in der Breite.

Zum Abschluss sehen wir noch einen Film über die Ems-Überführung. Gigantisch wie diese riesigen Schiffe durch enge Kurven und zwischen engen Brücken hindurch manövriert werden.
Für mich steht genau jetzt fest: Ich möchte eine Ems-Überführung auch selber einmal live mit erleben. Irgendwann bin ich mal mit dabei.

Viel zu schnell ist die Führung schon wieder vorbei und wir finden uns im Wind und Regen wieder, denn für uns heißt der nächste Programmpunkt “Papenburg Festival” direkt neben dem Werft-Gelände. Die Karten dafür hat meine Mutter kurzfristig gewonnen und einem geschenkten Gaul schaut man ja bekanntlich nicht ins Maul.

Papenburg Festival

Papenburg Festival

Ich kann euch, egal ob Schiffs-Fan oder nicht, auf jeden Fall eine Führung durch die Meyer Werft empfehlen. So viele Daten und Fakten, so viele tolle Geschichten – ich kann hier gar nicht mehr alle wieder geben. Aber somit bleibt das ein oder andere Geheimnis auch noch für euch selber zu entdecken.

Zum Schluss habe ich noch ein Fun-Fakt für euch:
Die Meyer Werft hat nicht nur das größte überdachte Trockendock der Welt, nein, sie sind auch Deutschlands größter Theaterbauer. In der Werft wurden mehr Theater mit versenkbaren Orchestergräben und wechselnden Bühnenbildern gebaut als in jedem anderen Unternehmen.

Habt ihr euch schon einmal eine Werft angesehen? Wenn ja, wie fandet ihr es?



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