Manchmal kommt doch in der Tat das eine zum anderen.
Bei mir nun in diesem Fall zwei Bücher, in denen sich, obwohl ganz unterschiedlich in Stilrichtung und Intention, interessante Gemeinsamkeiten entdecken lassen.
Da ist zum einen ein Klassiker der Gestalttherapie-Lehrliteratur: Arnold Beisser´s Wozu brauch ich Flügel, in dem Beisser über sein Leben erzählt.
Vom Leben als gefeierten Tennis-Champion, der zudem schon in sehr jungen Jahren zu Doktorwürden kommt. Der „mitten im Leben steht“ und dem wohl jeder fast alles zugetraut hat.
Der dann aber auf den Weg in den 2. Weltkrieg plötzlich und unerwartet an Kinderlähmung (Polio) erkrankt. Eine Krankheit, die damals noch unheilbar war, und eine Krankheit, die ihn für viele Monate in die „eiserne Lunge“ zwingt. So gefesselt und seines bisherigen Lebens (und Körpers) beraubt, fängt Beisser an nachzudenken über sich und sein Leben.
Weit weniger autobiographisch und rein fiktiv: Phillip Roth´s Nemesis.
In dem Roth eine (erfundene) Polio-Epidemie in Newark im Jahre 1944 als Rahmen dient.
(Tragischer) „Held“ und Mittelpunkt ist der Sportlehrer Bucky Cantor, der auf Grund seiner extremen Kurzsichtigkeit untauglich für den Weltkrieg ist. Ein Krieg, in dem seine besten Freunde für Amerika in Europa kämpfen.
Bucky betreut stattdessen über die Sommerferien Kinder. Zuerst auf dem städtischen Sportplatz und später in einem Zeltlager. Und jedesmal holt ihn die Kinderlähmung ein, die zahllose Kinder zu Krüppel macht oder in den Tod reisst. Kurz vor Ende der Epidemie erkrankt auch Bucky und überlebt nur knapp. Aber für immer verkrüppelt.
Wäre Roth ein Fotograf und Nemesis eines seiner Fotografien, würde ich Roth´s Stil als „gestochen scharf“ beschreiben. Denn beim Lesen hatte ich nicht das Gefühl, dass auch nur ein Wort zu viel oder unnötig gewählt ist.
Schicksal und die Konsequenzen
Doch mir geht es hier nicht um Literaturkritik, mir geht es um die zwei Menschen (der eine real und der andere fiktiv), die im Grunde mit dem gleichen Schicksal (-sschlag) konfrontiert werden. In dem sie an Kinderlähnmung erkranken, wodurch sich ihre komplette Lebensplanung auf den Kopf stellt. Doch so ähnlich dieser Schicksalsschlag ist, so unterschiedlich die Konsequenzen für die beiden.