Schavans krankendes Prestige-Projekt

Schavans krankendes Prestige-Projekt

Das Deutschlandstipendium ist als ehrgeiziges Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gestartet. Doch ein Semester später steht fest: Es hakt gewaltig. Zehn Millionen Euro hat der Bund für die Förderung begabter Studenten im Jahr 2011 versprochen. Bis zu 10.000 Studenten könnten bis zum Jahresende Geld bekommen, hieß es. Mittelfristig sollen sogar 160.000 Hochschüler profitieren, das wären acht Prozent aller Studierenden.

Doch laut BMBF bekommen derzeit nur knapp 4800 Studenten das Deutschlandstipendium. Von den zehn Millionen Euro sind nur 1,4 Millionen an die Stipendiaten geflossen. Das geht aus einer Anfrage des SPD-Bundestagsabgeordneten Klaus Hagemann an das BMBF hervor. Die Antwort des Ministeriums offenbart eine weitere Hiobsbotschaft: Für Marketingmaßnahmen sind bisher knapp 2,7 Millionen Euro ausgegeben worden. Im Gegensatz zur Fördersumme der Stipendiaten hat die Regierung damit fast doppelt so viel Geld in Werbeprospekte, Anzeigen, Schulungen und die Verwaltung gesteckt.

Alles vertretbare Anlaufkosten, die unverzichtbar seien, «um das Programm in der Startphase bekannt zu machen und private Mittel zu mobilisieren», wiegelte das Bildungsministerium laut Spiegel Online ab. Ministerin Annette Schavan (CDU) hält unterdessen an ihren Plänen fest, «eine neue Stipendienkultur» zu schaffen und bittet um Geduld für ihr Prestige-Projekt.

Kommunikation ist das A und O

«Dass auf Anhieb etwas super klappt, ist in der Regel selten», sagt auch Sabine Große-Aust von der Christian-Albrechts-Universität in Kiel. Die Hochschule beteiligt sich seit dem Sommersemester am neuen Programm. Große-Aust, Referentin für private Wissenschaftsförderung, ist an der Uni dafür zuständig, Spenden einzuwerben. Sie befürwortet, dass der Bund so viel Geld in das Marketing des Projekts steckt. «Ohne Kommunikation ist es absolut unmöglich, das Deutschlandstipendium voran zu bringen», sagt sie im Gespräch mit news.de.

Große-Austs Arbeit liest sich wie ein Paradebeispiel für erfolgreiches Fundraising: Um in Kiel und Umgebung auf das Stipendium aufmerksam zu machen, hat sie bei Verbänden und Stiftungen angefragt, Flyer drucken lassen und eine Internetseite erstellt. Mit jenen, die Interesse zeigten, wurden Allianzen gebildet und die Förderung in die Wege geleitet. In einigen Fällen unterstützen die Geldgeber die Studierenden nun nicht nur finanziell, sondern auch fachlich – zum Beispiel mit ihrem persönlichen Wissen oder dem des Unternehmens, das sie unterstützt. «Eine echte Win-Win-Situation», sagt Große-Aust.

Von den möglichen 102 Stipendien konnte die Hochschule 70 vergeben. «70 Prozent der möglichen Stipendien auszuschöpfen, ist für mich ein absoluter Erfolg», sagt Große-Aust. 300 Euro bekommen die geförderten Studenten nun monatlich, unabhängig vom Einkommen der Eltern und der eigenen finanziellen Stellung. 150 Euro steuern private Mittelgeber bei, die restlichen 150 Euro der Bund. Die Unterstützung erhalten sie für mindestens zwei Semester und höchstens bis zum Ende der Regelstudienzeit.

Die Uni wirbt, der Bund zahlt

Doch nicht immer läuft alles glatt. Denn: Erst wenn die Uni ihren Teil des Geldes eingeworben hat, steuert der Bund seinen Teil bei. Dass sich die Mittelgeber von selbst melden, bleibt jedoch die Ausnahme. Ein ausgeklügeltes Kommunikationsnetz wie das der Uni Kiel ist nötig, um Firmen und Privatpersonen zum Spenden zu animieren. Wer diese Arbeit personell und finanziell nicht stemmen kann oder seinen Standort in einer wirtschaftlich schwächeren Region hat, hat es schwer.

Das musste auch Ralf Schulze von der Uni Leipzig erkennen. Es sei eine Zusatzbelastung und ein Minusgeschäft für die Hochschule, sagte der Dezernent für Forschungsförderung kurz vor Beginn des Deutschlandstipendiums gegenüber news.de. Die Leipziger Uni wird das nationale Förderprogramm erst zum Sommersemester 2012 einführen, da der administrative Aufwand sehr hoch sei und einige Vorlaufzeit benötige. Dass seine Uni langfristig genügend Förderer findet, glaubt er nicht.

Spezielle Schulungen des BMBF sollten nach Start des Deutschlandstipendiums helfen, Schwung ins Fundraising der Hochschulen zu bringen. Doch Große-Aust von der Uni Kiel gibt zu bedenken: Für Anfänger seien die mehrtägigen Seminare eine Hilfe. Um langfristig erfolgreich zu sein, reichten diese aber nicht aus. Die Hochschulen müssten sich zusätzliche Hilfe ins Boot holen, die extra kostet.

Vollmundige Versprechungen für 2012

Auch die Humboldt Universität Berlin (HU), in der Schavan im Februar dieses Jahres den Startschuss des Programms gegeben hat, kämpft noch mit Anlaufschwierigkeiten. Von den 122 möglichen Stipendien konnte die HU nur 33 vergeben. Der Grund: Das Fundraising will nicht so recht fruchten. Die HU gehört damit zu den zwei Dritteln der teilnehmenden Hochschulen, die ihre höchstmögliche Stipendienzahl 2011 nicht voll ausschöpfen konnten.

Auch, wenn das BMBF an das Deutschlandstipendium glaubt, ein fader Beigeschmack bleibt: Schließlich liegt der erste Schritt immer bei den Unis. Finden sie nicht genügend Förderer, wird auch der Bund die versprochenen Millionen nicht voll ausschöpfen müssen. Was mit dem restlichen Geld passiert? Dazu nahm das BMBF auf Anfrage von news.de keine Stellung.

Quelle:
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Gesellschaft News -
Deutschlandstipendium – Schavans krankendes Prestige-Projekt

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Tags: Annette Schavan, BMBF, Bundesministerium für Bildung und Forschung, Deutschlandstipendium, Klaus Hagemann

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