Von Guru Rinpoche wurde die Tradition der Schatzvasen im 8. Jhdt. nach Tibet gebracht. Die Schatzvasen wurden durch das erleuchtete Streben und das Mitgefühl der großen Heiligen geschaffen, um das Umland zu heilen und seinen Reichtum und seine Lebendigkeit wieder herzustellen.
Die Praxis mit den Schatzvasen ist ein altes Heilmittel, das die Essenz der Elemente Erde, Wasser, Feuer, Wind und Raum wieder auffüllt, wodurch die Unreinheiten beseitigt und die subtilen Energien des Umlandes erneuert werden.
In verschiedenen Terma-Texten wird ausgesagt, dass die Schatzvase, wenn sie ordentlich hergestellt und aufgeladen wurde, ein langes Leben frei von Krankheit gewährt, der Dharma und die Familienlinie zunehmen und die Kraft des Dharma und des weltlichen Glücks sich steigern.
Herstellung von Schatzvasen
Gewöhnlich werden Schatzvasen aus Ton, Keramik oder Metall, vorzugsweise Kupfer, hergestellt. Manchmal sind sie mit speziellen Mustern und Inschriften verziert. Als Design-Muster können die Acht Glückverheißenden Symbole verwendet werden oder man graviert ein Dharani oder einen Dharma-Text hinein. Sie können in ihrer Grundfarbe bleiben, aber auch Glasieren oder Bemalen ihrer Außenfläche ist möglich.
Jedoch ungeachtet ihrer äußerlichen Dekoration ist es wichtig, womit die Schatzvasen gefüllt sind. Da die Praxis der Schatzvasen auf dem Prinzip der wechselseitigen Bedingung (tib., rten ‚brel snying po) beruht, sind die Zutaten von großer Bedeutung. Daher werden die Schatzvasen gewöhnlich mit besonderen Dingen gefüllt, wie dem Mantra der Praxisgottheit oder dem Praxistext, verschiedenen Reliquien oder elementaren Substanzen von Kraftplätzen wie den vier großen Orten von Buddhas wirken oder bedeutsamen Praxisplätzen von Yogis, aber auch andere edle Substanzen wie Gold, Silber, Edelsteine, edle Hölzer, Räucherstoffe usw.
Hier ein Auszug aus den Anweisungen zu Khandro Norlha aus dem Schatzzyklus von Dudjom Rinpoche: „Um die verschiedenen Arten der benötigten Dinge zu erlangen, braucht man eine Muschelschale und einen Seelenstein der Devas [Bergkristall], einen Wasserkristall der Nagas, einen Türkis der Menschen, einen Kiesel der Yakshas zusammen mit einer Vase für die Gäste. Dann wickelt man dies in einen orangeroten Stoff und stellt es stabil hin. Man stellt es auf ein Papier, auf dem das Wurzel-Mantra geschrieben steht.“ Und weiters: „Man rollt das Papier zusammen, auf dem das Mantra geschrieben ist, man sprenkelt etwas Dütsi darüber und wickelt es in gelben Stoff. Man stellt sich die kostbaren Dinge dabei vor und sammelt neue, ungebrauchte Dinge zusammen, nimmt Haare von Pferden und Kühen, verschiedene Medizinen, Früchte und Blumen, frisches Getreide, die drei Weißen und die drei Süßen, Erde, Steine, Wasser und Holz von glückverheißenden Orten, wie großen Pilgerstätten, Palästen, Tempeln usw. Die 25 vorzüglichen Zutaten für die Vase, verschiedener Staub von ausgezeichneten Feldern, verschiedene Wasser von unterschiedlichen Gewässern, Sand von großen Seen, Erde von den Herdstellen der großen Sanghas und der großen Könige.“
Das Füllmaterial der Simhamukha-Schatzvasen wie sie im Ngakpa-Zentrum hergestellt werden, besteht aus einem Holzstück (Weltenbaum) mit Mantra-Rolle umwickelt, Dütsi (Nektarpillen), Blätter vom Bodhi-Baum aus Bodhgaya, Heiliger Staub, Erde aus Bodhgaya und Sarnath, Muscheln, Kauri-Muscheln, Bergkristall, Türkise, div. Symbole und Yantras, Rudraksha-Samen, Edelsteine, Gold und Silber (optional), Gewürze, Pfeffer, Gewürze, Paprika und Reis aus Füllmaterial.
Abschließend werden die Schatzvasen verschlossen und versiegelt. Nachdem die Schatzvasen gefüllt sind, müssen sie durch die Kraft des Samadhi in einem kürzeren oder längeren Praxisritual aufgeladen werden.
Aktivieren der Schatzvasen
Für gewöhnlich werden Schatzvasen im Zusammenhang mit den traditionellen Reichtumsgottheiten wie Dzambhala bzw. Vaishramana, dem Weißen Mahakala, Khandro Norlha oder Orgyen Norlha hergestellt. Aber es gibt auch andere Gottheiten, wie Simhamukha, die in ihrer magnetisierenden Erscheinung für diese Praxis durchgeführt werden.
In der Schatzvasenpraxis aus dem Zyklus des Tsokye Thugthig von Dudjom Rinpoche Jigdral Yeshe Dorje wird gesagt: „Wenn man die Hauptpraxis macht, dann sollte man darauf meditieren, dass jede dieser Vasen ein vollkommenes Mandala darstellt, da sie als Wurzel für die Stütze vor einem dienen. Durch diese Mittel der Praxis wird alles Glück und aller Wohlstand in Samsara und Nirvana in einem aufgenommen. Nachdem man diese Sadhana-Praxis vollendet hat, stabilisiert man sie als Sparbüchse zum Vorteil der Götter und Menschen. Wenn man in der Lage ist, viele dieser Vasen herzustellen, versiegelt man sie und vergräbt man sie, woraus die individuellen verborgenen Qualitäten erscheinen in Überstimmung mit den verborgenen Ländern.“
Für gewöhnlich werden Schatzvasen des Khandro Norlha Zyklus (von Dudjom Rinpoche) in einem längeren Ritual der Verwirklichung (tib., sgrub chen) geweiht und aufgeladen.
Segen der Schatzvasen
Wenn man diese Praxis ausführt und die Schatzvase nicht vergräbt, sondern am Altar oder ein einer besonderen Stelle im Haus hat, dann werden dadurch auch die Energien des eigenen Körpers wieder aufgeladen. Es ist auch möglich, dadurch Reichtum und Fülle anzuziehen, die Gesundheit zu verbessern und Hindernisse für die Langlebigkeit zu beseitigen. Schatzvasen bringen den Besitzern eine Fülle an Segen. Die Kraft der Schatzvasen sammelt sich im Gebäude, wo sie aufgestellt werden und dient dazu, den spirituellen und materiellen Reichtum der Bewohner zu vermehren.
Aus dem Schatzzyklus von Dudjom Rinpoche: „Wenn man eine Schatzvase an einer hervorragenden Stelle an einem Berghang inmitten eines Landes vergraben kann, dann werden ausgezeichnete Dinge zusammentreffen, um diesem Land in allen Richtungen zu nützen. Wenn man diese inmitten eines Hauses vergräbt, dann wird Heilsames, Freude und Glück für diesen Wohnort entstehen. Wenn man sie in der Mitte eines Herdes vergräbt, dann wird eine Ansammlung von Nahrung, Reichtümer und Genüsse hervorkommen, sowie andere werden gute Dinge über einen sprechen. Wenn man sie in der hervorragenden Erde eines Feldes vergräbt, dann wird es immer reichhaltige Ernten geben. Wenn man sie in einer hervorragenden Quelle oder in einem Berg davor vergräbt, dann wird Regen fallen und Wasser wird herabkommen und frisches Wasser wird sich vermehren. Wenn man sie in einer Pferde- oder Kuhweide vergräbt, dann wird kein Verlust oder Schaden diesen Tieren widerfahren und sie werden sich bis ins hohe Alter vermehren.“
Durch das Vergraben der Schatzvase bringt man ausgezeichnete Umstände in die Umgebung und schafft so ein günstiges „Tendrel“ (tib., rten ‚brel) – eine vorteilhafte wechselseitige Bedingung.
Schatzvasen der Simhamukha sind im Ngakpa-Zentrum Lhündrub Chödzong erhältlich. (Anfragen an: enricokosmus(at)gmail.com)