Schärfentiefe und Abbildungsmaßstab

An verschiedenen Stellen in meinem Blog steht zu lesen, dass die Brennweite die Schärfentiefe beeinflusst: Je länger die Brennweite desto geringer die Schärfentiefe. Nicht zum ersten Mal wurde ich vor einiger Zeit darauf hingewiesen, dass die Brennweite keinen Einfluss auf die Schärfentiefe habe sondern lediglich Abbildungsmaßstab und Blende dazu beitrügen.

Die Anmerkung ist theoretisch so richtig wie praktisch falsch. Um den Denkfehler zu demonstrieren habe ich mir von meinem freundlichen Fachhändler ein Objektiv mit großem Brennweitenumfang ausgeborgt – einmal mehr gilt mein Dank Foto Hebenstreit für die Unterstützung. Natürlich hätte ich auch zwei meiner Objektive nehmen können, doch ich wollte verhindern, dass mir jemand vorwerfen kann die verschiedenen Linsen hätten die Ergebnisse verfälscht.

Im ersten Aufbau habe ich einen Textmarker etwa einen halben Meter vor meinem Bücherregal aufgehängt, und dann einmal bei 14mm aus geringer und einmal bei 150mm aus größerer Distanz abgelichtet.

weitwinkel

Brennweite 14mm (28mm KB), Blende ƒ5.6

tele

Brennweite 150mm (300mm KB), Blende ƒ5.6

Ich kann mir nicht helfen, doch bei der Aufnahme mit langer Brennweite wirkt die Schärfentiefe bedeutend geringer als bei jener mit kurzer Brennweite.

Theoretisch stimmt es zwar, dass die Schärfe des Hintergrunds bei beiden Aufnahmen praktisch gleich ist. Doch während das Weitwinkel den Hintergrund in die Tiefe rücken lässt und einen bedeutend größeren Ausschnitt abbildet, während mit Tele der Hintergrund an das fokussierte Objekt heranrückt und größer abgebildet wird, ist der praktische Effekt jener einer geringeren Schärfentiefe.

Um das zu verdeutlichen habe ich in den beiden Aufnahmen einen etwa gleichen Ausschnitt markiert und auf ihn zugeschnitten und dann auf die gleiche Größe gebracht. Der Vergleich der beiden Aufnahmen zeigt, dass die Unschärfe des Hintergrunds tatsächlich identisch ist.

weitwinkel-ausschnitt

Ausschnitt aus der Weitwinkelaufnahme

tele-ausschnitt

Ausschnitt aus der Teleaufnahme

Wie ihr seht ist der Unterschied in der Unschärfe des Hintergrunds marginal, und dass überhaupt ein Unterschied sichtbar ist liegt an der mangelnden Präzision meines Versuchsaufbaus. Dennoch zeigt sich: Die Theorie, dass die Schärfe des Hintergrunds bei identischem Abbildungsmaßstabs des fokussierten Objekts im Vordergrund korrekt ist.

Praktisch jedoch führt die Verdichtung durch das Tele dazu, dass der Hintergrund näher rückt und seine Elemente mitsamt ihrer Unschärfe vergrößert abgebildet werden.

Der Ausschnitt aus der Weitwinkelaufnahme ist eine 1:1 Abbildung und hat eine Höhe und Breie von 474 Pixel. Der Ausschnitt aus der Teleaufnahme hingegen ist eine Verkleinerung – ich habe ihn auf die gleiche Größe wie den Weitwinkelausschnitt hinunter gerechnet. Vor dem Hinunterrechnen hatte er eine Höhe und Breite von 1554 Pixel. Das heißt die effektive Unschärfe war mehr als drei Mal so hoch wie bei der Weitwinkelaufnahme.

Theoretisch ist es also richtig, dass die Unschärfe der Elemente im Hintergrund identisch ist. Praktisch jedoch ist die Unschärfe durch die Verdichtung längerer Brennweiten größer – und das noch nicht einmal theoretisch sondern tatsächlich effektiv, sichtbar und nachvollziehbar.

Hier noch die zweite Versuchsanordnung. Der Grund für das hohe Rauschen aller Bilder ist übrigens, dass ich den Versuch zwischendurch einmal bei available light machte und deshalb einen hohen ISO-Wert wählen musste.

weitwinkel2

Brennweite 14mm (28mm KB) bei Blende ƒ5.6 aus geringer Distanz

tele2

Brennweite 150mm (300mm KB) bei Blende ƒ5.6 aus großer Distanz

Ich kann nur raten sich in der Fotografie nicht zu sehr auf die Theorie zu versteifen, sondern sich vor allem um die Praxis zu kümmern. Die Schärfentiefe sei unabhängig von der Brennweite kann man doch nur behaupten, wenn man das irgendwo gelesen, aber nie die Wirkung von unterschiedlichen Brennweiten auf die Schärfentiefe verglichen hat. Oder drastisch ausgedrückt: Der Einfluss der Brennweite auf die Schärfentiefe kann einem als praktizierender Fotograf doch nicht entgehen!


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