Sauerland Event und die Adidas Boxhandschuhe

Es scheint sich zu einer unendlichen Geschichte auszuweiten, die Beziehung zwischen der Sauerland Event GmbH und den Adidas Boxhandschuhen. Adidas ist kein Hersteller von Boxhandschuhen mit Tradition. Eigentlich ist Adidas selber überhaupt kein direkter Hersteller von Boxhandschuhen. Wenn ich richtig unterrichtet bin, stellt Adidas die Handschuhe nicht selber her, sondern hat die Rechte an die französische Firma Double D abgegeben, die im Namen von Adidas Handschuhe nun herstellen lässt und verkauft. Double D hatte, bevor sie Lieferant und Vertreiber von Adidas-Boxhandschuhen wurde, praktisch keine Erfahrungen mit den Erfordernissen des Boxens sammeln können. Das Hauptgeschäft von Double D ist und war die Produktion von Judo Zubehör.
Nun kämpfen die Boxer von Sauerland Event schon seit geraumer Zeit mit Handschuhen von Adidas bzw. Double D. Vermutlich bekommt der Berliner Veranstalter ja Geld dafür. Soweit so gut – soweit so legitim. Problematisch ist diese Geschäftsbeziehung im März 2013 geworden. Damals fiel nämlich dem Trainer Dirk Dzemski auf, dass die Double D/Adidas Handschuhe von Arthur Abraham nicht die vorgeschriebenen 10 Unzen (283,5 Gramm) auf die Waage brachten, sondern schlappe 10% leichter waren. Leider darf es beim Boxen eben nicht wie beim Metzger, „etwas mehr sein“ oder meinetwegen auch etwas weniger. Die 1 Unze weniger nämlich hätte für Abraham ein Mehr an Schlaghärte bedeutet.
Sauerland hat seinerzeit versucht, den Skandal zu bagatellisieren, indem er eine launige Pressemeldung verbreitete mit dem Titel: „Handschuh-Tricks lassen Abraham kalt“. Die Meldung endete mit den Worten: Abraham trocken: „Na dann haue ich ihn doch einfach k.o.” Es kam anders als gedacht. Abraham boxte mit regelkonformen Handschuhen und gab nach der dritten Runde gegen Robert Stieglitz auf.
Adidas nahm die Schuld für das zu leichte Paar Handschuhe auf sich. Angeblich soll es bei der Fertigung in Pakistan, wo nahezu alle Boxhandschuhanbieter fertigen lassen, zu Fehlern gekommen sein. So etwas nennt man wohl Qualitätsmängel.
Was aber nun kurz vor dem Rückkampf zwischen Marco Huck (39 Kämpfe, 36 Siege, 25 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) und Firat Arslan (41 Kämpfe, 33 Siege, 21 durch KO, 6 Niederlagen, 2 durch KO, 2 Unentschieden) um den Weltmeistertitel der WBO im Cruisergewicht wohl passiert ist, ist schon unglaublich. Einer Zeitungsmeldung zufolge, die als Scan im Internet kursiert, war folgendes passiert:
Tomas Künzel, dem technischen Leiter und Betreuer von Arslan fiel auf, dass einer der beiden Handschuhe von Huck, die man ihm zur Begutachtung vorgelegt hatte, sich stabiler anfühlte. Künzel zerschnitt daraufhin kurzerhand beide Handschuhe und stellte dann fest, dass der linke Handschuh, der für die Führhand, mit Rosshaar gefüllt war und der rechte Handschuh hatte „im vorderen Bereich eine verklebte Verbundschaumstoffplatte“ . Der rechte Handschuh, also der für Hucks Schlaghand, war viel härter als der linke. Dabei muss man hier außerdem noch anmerken, dass ein mit Rosshaar gefüllter Handschuh die Schlagwirkung sehr viel weniger dämpft, als ein mit dem heute üblichen Schaumstoff gefüllter Handschuh.
Hier nun muss man sich fragen, wie so etwas eigentlich passieren kann. Es gibt natürlich die theoretische Möglichkeit, dass Double D Handschuhe noch gravierendere Qualitätsmängel aufweisen als bisher bekannt. Obwohl ich einen der ersten Boxhandschuhe von Adidas/ Double D schon einmal an den Fingern hatte, kann ich mir das nun aber doch beim besten Willen nicht vorstellen. Soweit ich informiert bin, werden in Pakistan auch nur Handschuhe mit Kunststofffüllung produziert. Die mit Rosshaar kommen aus Mexiko.
Sollte sich herausstellen, dass es sich auch bei diesem Vorfall wieder um ein Resultat von Qualitätsmängeln bei Adidas bzw. Double D gehandelt haben soll, so bekommt die Firma doch wenigstens ein beträchtliches Imageproblem. Wenn ein Hersteller nicht mal garantieren kann, woraus die Polsterung besteht, wie soll man da künftig überhaupt noch wissen, was drin ist. Können sich dann nicht auch Glas, Eisen oder Steine in die Polsterung eingeschlichen haben?
Sollte nun aber Adidas alias Double D schuldlos sein, so erhebt sich doch die Frage: Wie kommen dann zwei verschiedene Handschuhe aus zwei unterschiedlichen Produktionslinien, die vermutlich auf zwei verschiedenen Kontinenten hergestellt wurden, zusammen in eine Verpackung? Da keimt doch der Verdacht auf, dass irgendjemand versucht hat, den Ausgang des Kampfes zu manipulieren – von dem Versuch einer vorsätzlichen Körperverletzung mal ganz zu schweigen.
Ich bin ehrlich gespannt, ob sich die Meldung bewahrheitetet und wie mit dem Vorfall dann weiter umgegangen wird. Ich persönlich würde es begrüßen, wenn die ARD den Sachverhalt juristisch klären lassen würde.
© Uwe Betker



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