Säuberung statt Sauberkeit: P&G am Nazi-Pranger

Es ist kaum zu glauben, womit sich Deutschlands Moralwächter befassen und über welche Macht sie inzwischen verfügen. Doch überraschen kann das niemanden. Viel zu lange hat die schweigende Mehrheit weggesehen, während die radikalen Moralisten ihr Netz immer enger knüpften. Heute wagt kaum noch jemand, sich ihnen entgegen zu stellen, zu groß ist die Angst vor der eisernen Faust des Tugendterrors. So ist ein neuer Extremismus entstanden, der mit der Maske des Guten wie ein Fliegenfänger Leichtgläubige anzieht, die sich reflexartig zu ihm hingezogen fühlen und ihm auf den Leim gehen. Seine Vertreter haben es leichter als frühere Extremisten-Generationen, weil sie sich über das Internet formieren und ihre Feldzüge ganz bequem vom heimischen Sofa aus führen können. Längst haben die schlagkräftigen Divisionen gleichgeschalteter Bessermenschen auf diese Weise Besitz von den Redaktionen und Sendern ergriffen. Sie haben die Parteien durchdrungen und zentrale Posten eingenommen, von denen aus sie uns einschüchtern und umerziehen wollen. Besonders aktiv werden die selbsterklärten Verteidiger der Zivilgesellschaft, wenn sie irgendwo einen Neonazi vermuten. Das bekam nun auch Procter & Gamble zu spüren, das von einem Glatzkopf in Springerstiefeln unterwandert worden sein muss.

Was war geschehen? Der Konsumgüterkonzern hatte “Ariel” mit besonderer Waschkraft auf den Markt gebracht und sich dabei doch tatsächlich erdreistet, die Zahl 88 auf die Verpackung zu drucken. Damit sollte der Umstand beworben werden, dass die Waschmittelbox nicht mehr nur für 83 Waschgänge reiche, sondern für fünf weitere. Man könnte nun darüber streiten, ob die 88 Waschmaschinenladungen vielleicht nur ein leeres Marketingversprechen sind, so wie der Durchschnittsverbrauch bei Neuwagen. Doch derlei lebensnahe Überlegungen sind der Tugendmafia schnuppe. Diese brachte es fertig, in der schwarzen 88 auf weißem Grund eine versteckte Botschaft zu erkennen: Procter & Gamble stelle damit rechtsradikale Symbole zur Schau, so der Vorwurf. Dabei ist nur Eingeweihten überhaupt bekannt, dass in der rechten Szene die “88″ als Nazi-Grußformel gilt. Doch wo die Moralpolizei aufräumt, da macht sie das gründlich: Die Packungen mussten aus dem Verkauf genommen werden und der Konzern sah sich genötigt, zur Besänftigung des Tugendmobs mitzuteilen, “dass das dumm und naiv war”. Die sofortige Stilllegung der Produktionsstätten konnte Procter & Gamble immerhin abwenden.

Man hätte sich gewünscht, der Konzern wäre standhaft geblieben. Wie wohltuend wäre es gewesen, den Tugendwächtern einmal nicht nachzugeben und die moralinsauren Wirrköpfe in ihre Schranken zu verweisen. Aber diese haben inzwischen eine derartige Marktmacht, dass es kein Unternehmen mit ihnen aufnehmen möchte. Schmerzhafte Umsatzeinbußen wären die Folge. So treibt der Wahnsinn also immer neue Blüten. Es scheint keinesfalls mehr absurd, dass deutschlandweit demnächst die Bewohner der Hausnummern 88 präventiv in Beugehaft genommen werden, bis sie gestehen, einem rechten Terrornetzwerk anzugehören. Ebenso sollte man sich nicht zu sicher sein, dass das deutsche Alphabet alle seine 26 Buchstaben auf Dauer behalten darf. Ohnehin verbietet es sich schon heute, leichtfertig von einem “Hit” zu sprechen, könnte dies doch als angedeuteter Hitler-Gruß ausgelegt werden. War früher der Ehebruch oder gar die ungewollte Schwangerschaft der gesellschaftliche Super-GAU, so ist es heute ein falsches Wort zur falschen Zeit. Und was falsch ist, bestimmt die Moralpolizei im Netz. Doch Faschismus hat auch im edlen Gewand nichts Gutes. Die Deutschen lernen einfach nicht aus ihrer Geschichte.


Tagged: 88, Ariel, Nazis, Procter & Gamble, Tugendterror

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