Saturday Moaning Live: Console Wars – The Fanboy Menace

Es war wohl alles nur eine Frage der Zeit, der Krieg der Fanboys scheint aber so langsam wieder voll zur Geltung zu kommen. Vielleicht liegt es an den aktuellen Umständen, denn normal ist unser aller Alltag dank Corona ja längst noch nicht. Trotzdem, vieles vom Konsolenkrieger-Klein-Klein nervt mich mittlerweile einfach nur noch. Dabei kann man aber nicht wirklich sagen, dass ein Lager besser wäre.

Ich kann zwar nicht aber wenn ich wollte könnte ich

Schon vor geraumer Zeit hat Microsoft verlauten lassen, dass die Xbox Series X erstmal keine First Party Exklusivtitel bekommen wird. Getreu dem Motto ‚keiner wird zurück gelassen' bekommen auch Xbox One mit und ohne X und sogar der große, böse PC die Spiele von Microsoft. Praktischerweise muss man sich also tatsächlich keine Xbox Series X kaufen, wenn man nicht will. Allerdings liest sich mancher Kommentar in Foren und Social Media dann ungefähr so: ‚Ich spiele zwar nicht auf dem PC, hab auch keine Xbox und Microsoft Spiele sind ja sowieso kacke, aber wenn ich wollte, dann könnte ich die mit der Konsole spielen, die ich nicht habe oder auf dem PC, mit dem ich nicht spiele'.

Das ist kurz und knapp gesagt ziemlich Banane. Man muss die Tatsache, dass eine Next Gen Konsole keine wirklich exklusiven Spiele bekommt nicht mögen. In Wahrheit tut das aber auch keinem weh. Im Gegenteil, wer sich beispielsweise noch keine neue Xbox leisten kann, der profitiert unterm Strich sogar davon. Nicht zuletzt dank Features wie Smart Delivery, die einem beim Konsolenwechsel die Next Gen Fassung frei Haus liefern und viele Remaster obsolet machen wird.

Ob ich also Hellblade 2 noch auf der Xbox One kaufe oder auf der Series X, ich verliere nix. Natürlich geht das auch in die andere Richtung. So mancher Microsoft Jünger scheint jede alberne Spekulation, dass die PlayStation 5 vielleicht irgendwelche Hardware Probleme haben könnte sehr bereitwillig aufzunehmen. Nur, was habe ich denn bitteschön als Xbox Spieler davon, wenn es bei der PS5 nicht rund läuft. Nix! Im Gegenteil, gerade bei Multiplattform Titeln könnten sich Verzögerungen oder Technikprobleme am Ende als Nachteil für beide Konsolen erweisen.

Jetzt mit 44% mehr Raytracing und nur einem Viertel so viel SSD

Natürlich, die Hardware Power. Der Penislängenvergleich zu kurz geratener Zeitgenossen? Man weiß es nicht so genau. Tatsächlich ist in Bezug auf die Hardware erschreckend viel Blödsinn zu lesen. Teilweise scheinen manche Websites das auch noch zu stützen. Die Xbox hat 44% mehr Raytracing? Sorry, aber das ist Quatsch.

Tatsächlich hat die Series X GPU sozusagen 44% mehr ‚von allem', also auch 44% mehr Compute Units. Dummerweise taktet die PlayStation 5 GPU aber deutlich höher. Und das heißt nach aktuellem Stand, dass Microsofts Konsole nur 20% mehr Grafikleistung hat. Aber selbst wenn, die 43% mehr GPU-Power der PS4 gegenüber der One und der ähnlich große Vorsprung der One X gegenüber der PS4 Pro machten in der Praxis allzu oft überraschend kleine Unterschiede. Man musste sie schon mit der Lupe suchen, oder mit Digital Foundry.

Andersrum geht es natürlich beim Thema SSD. Während manch ein Fan direkt noch ein wenig Berechnungsvoodoo anstellt, um bei der PlayStation 5 direkt mal auf die vierfache Datenrate (mindestens) zu kommen wie bei der Series X, ist auch der tatsächliche Unterschied in der Praxis beeindruckend. In Wahrheit sind die Übertragungsraten, so beeindruckend sie sein mögen, aber nicht mal die halbe Miete. Das wahre Wunder liegt auf der Seite von Dekompressionsalgorithmen, neuen I/O Verfahren und all dem großartigen Zeug, dass es überhaupt erst ermöglicht, die Geschwindigkeiten der SSDs wirklich auszunutzen. Denn ohne all das kann eine 2.000MB/s SSD auch mal nur doppelt so schnell sein wie eine 100MB/s Festplatte. Und kein bisschen schneller als eine 500MB/s SSD.

Sicher, Sonys SSD packt hier noch mehr und man darf auf jeden Fall gespannt sein, was das in der Praxis an Vorteilen bringen wird. Das muss man aber einfach abwarten. Denn für das Asset Streaming der beeindruckenden Unreal Engine 5 Demo soll schon deutlich weniger Bandbreite ausreichen. Dabei will ich die Leistung der PlayStation5 keineswegs klein reden. Sony hat in dem Punkt anscheinend ziemlich weit in die Zukunft gedacht. Dadurch bekommt man allerdings nicht mehr Frames per Second und der Grafikchip muss natürlich immer noch alles ausreichend schnell rendern können.

Das ist doch nicht Next Gen, das hier ist Next Gen!

Wer war von Microsofts erstem ‚Gameplay' Event leicht (oder schwer) enttäuscht? Wahrscheinlich sehr viele. Für mich lag das allerdings vor allem daran, dass man ausgerechnet Gameplay kaum sehen konnte. Grafisch fand ich die Präsentation gar nicht so wild. Der Grund dafür heißt Cross Gen. Und damit meine ich nicht mal Microsofts ‚Keiner wird zurück gelassen' Versprechen, sondern die schlichte Tatsache, dass die meisten der gezeigten Spiele auch für die alten Konsolen kommen werden. Dabei gefiel mir einiges ganz gut. Anderes, namentlich Assassins Creed Valhalla, hat mich aus einem ganz einfachen Grund nicht enttäuscht. Ich weiß noch, wie Black Flag damals aussah. Dabei war der vierte Hauptteil der Assassinensaga sicher nicht der einzige Titel zum Start der letzten Generation, der optisch enttäuschte. Spiele, die auf der Last Gen kaum schlechter aussahen waren damals fast die Regel.

Gerade von PlayStation 4 Pro und Xbox One X aus wird direkt zum Start wohl auch dieses Mal der grafische Sprung zum Start eher klein sein. Sicher, es wird auch Ausnahmen geben. Und da darf man sich vorerst gerade auf die First Party Titel hoffen. Die Wahrheit ist aber, zumindest in den ersten ein bis zwei Jahren dürften sehr viele Spiele auf beiden Konsolen noch gar nicht so weit sein.

Was längerfristig gehen dürfte, das zeigt gerade die Unreal Engine 5 Demo namens Lumen in the Land of Nanite. Sonys großer PR-Wurf war natürlich, dass das Gezeigte auf der PlayStation 5 lief. Allerdings ist die Engine eine Multiplattform Engine, die sogar bis auf Smartphones herunter skalieren wird. Und das Demomaterial soll auf Series X und entsprechend leistungsfähigen PC's mindestens genau so gut laufen, heißt es derzeit. Die gezeigte Grafikpower ist also nicht PS5-exklusiv und scheint auch mit weniger schnellen SSD's nutzbar zu sein. Viel wichtiger ist aber noch, der finale Build der Engine soll erst in über einem Jahr erscheinen. Selbst wenn Entwickler Zugriff auf frühe Builds der Engine haben, Unreal Engine 5 Spiele könnten unter Umständen noch zwei Jahre brauchen. Und falls es Cross Gen Entwicklungen sind nutzen sie vielleicht trotzdem nicht alle Möglichkeiten aus. Das wird natürlich in den Händen der jeweiligen Entwickler liegen.

Kurz und knapp, auch wenn Microsofts erste Präsentation nicht gerade beeindruckend war, vermutlich zeigt sie unterm Strich eher, welche Spiele wir auf beiden Konsolen in der Anfangsphase großteils bekommen werden. Auch wenn der eine oder andere First Party Titel hoffentlich mehr in Richtung der Unreal Engine 5 Demo gehen wird.

Das beste Feature ist nicht X sondern Y

Zugegeben, der Punkt geht auch ein wenig an uns Presseleute. Aber wenn man sonst nix zu schreiben hat, dann werden halt 3D Audio, haptisches Feedback oder sonst was hochgejubelt. Dabei sind das alles tolle Features. Anscheinend sind die Soundchips beider Konsolen zum Beispiel in der Lage, unzählige Audioquellen mit Positionsdaten zu versehen. Spannend, wenn zum Beispiel sämtliche Vögel und der Bach im Elder Scrolls Wald endlich zur Orientierung genutzt werden können, statt alles mit einem vorgefertigten Soundfile abzuspielen. Aber jeder Regentropfen einzeln? Vielleicht noch jedes im Wind rauschende Blatt als einzelne Soundquelle? An der Stelle darf man nicht nur vorsichtig fragen, ob solche Versprechungen Sinn machen, man muss es eigentlich schon.

Interessanter sind da Dinge wie binaurales 3D Audio. Also primär Kopfhörer Surround. Gerade Sony geht hier in die Vollen, nachdem man das Thema auf der PS4 leider etwas vernachlässigt hatte. Microsoft hüllt sich dagegen noch ziemlich in Schweigen, obwohl man auf Xbox One und PC in der Hinsicht schon ziemlich aktiv war. Und leider ist gerade in dem Punkt kaum irgendwo mal zu lesen, wie viel Fortschritt die PlayStation 5 in dem Punkt bringen könnte. Nämlich sehr viel. Ob allerdings Sony jetzt in dem Aspekt deutlich voraus ist oder am Ende doch wieder beide auf einem ähnlichen Level, dafür weiß man von der nächsten Xbox viel zu wenig über den Soundchip.

Dafür stürzt man sich auf das haptische Feedback. Ohne große Infos. Jetzt ist haptisches Feedback nicht wirklich neu. Die Xbox One bietet Rumble für die Analogtrigger und manche Spiele nutzen HD-Rumble auf der Switch auch sehr eindrücklich und effektiv. Nur, was kann der neue Dual Sense jetzt eigentlich? Liest man so manchen Kommentar online, dann könnte man meinen, der kann sogar heiß, kalt, nass und trocken. Die Wahrheit ist aber, man weiß es aktuell einfach noch nicht. Dazu kommt wie viel zu oft die Frage, wie Entwickler das in Zukunft nutzen werden.

HD-Rumble auf der Switch, Trigger Rumble auf der One oder auch das PS4 Touchpad sind zum Beispiel Controllerfeatures, die viel zu oft schlecht bis gar nicht genutzt werden.

Übrigens, beiden Controllern fehlt ein Feature, das ich mir wirklich mal wünschen würde, gerade für klassische First Person Steuerung. Nämlich zumindest je eine Taste links und rechts auf der Controller-Rückseite.

The best is yet to come

Es geht eigentlich gerade erst los. Die Spieleankündigungen und natürlich Gameplay Videos stehen uns noch genau so bevor wie die Enthüllung der Konsolenpreise. Das heißt natürlich, dass auch die Auseinandersetzungen zwischen den Fanlagern erst noch so richtig losgehen werden. Dabei wäre es vielleicht langsam eher an der Zeit, aus den eigenen Wagenburgen heraus zu kommen. Dabei kann man sich übrigens auch mal über die positiven Entwicklungen auf der vermeintlich anderen Seite freuen. Denn die letzten Jahrzehnte im Gaming haben vor allem gezeigt, dass davon auf Dauer immer alle profitieren. Stellenweise dürfen wir Schreiberlinge uns da natürlich auch selbst an die eigene Nase fassen, denn mit dem einen oder anderen Artikel heizen wir die klassischen Lagerkonflikte auch immer wieder an.


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