In der Berliner Galerie Loris tangieren sich fünf künstlerische Umlaufbahnen: Satellite to Satellite (7. bis 21. Juli 2017). Die Künstlerinnen und Künstler - Andy Heller, Ulrike Kolb, Jens Lüstraeten, Sabine Schründer und Jana Seehusen - loten in und mit ihren Arbeiten die in Veränderung befindlichen Verhältnisse von Zentrum und Peripherie, Nähe und Distanz, Realität und Virtualität aus.
Ausstellungsbeschreibung
Satellit, [...] aus dem Lateinischen "satelles / gen. satellitis", [...] kommend, bezeichnete zunächst einen oder die ›beschützenden Begleiter (eines Fürsten), Leibwächter, Trabant (Pl. Gefolge)‹. Kepler überträgt in seiner Schrift "Narratio de observatis a se quatuor Iovis Satellitibus erronibus" (1611) den Terminus auf die einen Planeten begleitenden Himmelskörper. [Als] Terminus der Astronomie [...], im 18. Jh. ins Deutsche übernommen, bezeichnet dies [spätestens mit "Sputnik 1" ab 1957] auch die künstlichen, die Erde zu wissenschaftlichen oder nachrichtentechnischen Zwecken umkreisenden Himmelskörper. [Etymologisches Wörterbuch]
Wir freuen uns sehr, Sie zur Ausstellung SATELLITEN in die Galerie Loris einladen zu dürfen. Als letzte Show bei Loris tangieren sich fünf künstlerische Umlaufbahnen: Satellite to Satellite. Eigenständigen Satelliten gleich begleiten die hier gemeinsam ausstellenden 5 Künstler*innen die Arbeit der Galerie Loris seit Jahren in künstlerischer & kuratorischer Praxis. Die Gruppenausstellung Satellite to Satellite folgt dem Impuls des tracking als eines um Präzision bemühten Verfahrens zur Messung von Entfernungsveränderungen zwischen zwei Satelliten. Damit stellt es gegenwärtig eine der wissenschaftlich, kommerziell und militärisch gebräuchlichsten Anwendungen zur Informationsübertragung und -generierung dar - ein Grund mehr für die Künstler*innen, in und mit ihren Arbeiten die in Veränderung befindlichen Verhältnisse von Zentrum und Peripherie, Nähe und Distanz, Realität und Virtualität auszuloten.
Trotz der endlosen Weiten des Universums kam es am 10. Februar 2009 zur ersten Satellitenkollision in der Raumfahrt. Irdium 33 und Kosmos 2251 zersprangen in unzählige Bruchstücke Weltraumschrott, die Geschossen gleich um die Erde rasen. Die seitdem zirkulierende Grafik der Europäischen Weltraumorganisation Esa liefert ein prägnantes und ebenso ambivalentes Bild für den Schutz vor unbemannten Flugobjekten durch permanente (Positions-)Überwachung. Anlass für Jana Seehusen, Funkstörungen aufzugreifen und eine 2009 zu Wort- und Bildversatzstücken bearbeitete internationale Wochenzeitungsseite erneut zu überzeichnen, hieß doch der erste Nachrichtensatellit, der 1960 testweise ins All geschossen wurde, Echo.
„Erst wirbeln wir den Staub auf und behaupten dann, nichts sehen zu können." Diesen Ausspruch von George Berkeley stellt Sabine Schründer ihren in Indien reisend entstandenen Fotografien zur Seite. In ihrer Serie PAVILION (2015-17) lotet sie Formbarkeit und Transparenz von inneren und äußeren Welten aus. Emotionale Verfasstheiten werden in flüchtige Inszenierungen transferiert und als abstrakte visuelle Codierungen lesbar. Lose und dezentral auf Weißflächen gedruckt entziehen sie sich stets im Moment des kognitiven Zugreifens.
Auf ähnliche Weise verweigert Jens Lüstraeten mit seiner Arbeit It´s A free world (seit 2012) nicht nur einen einfachen Zugang durch den Entzug eines Koordinatensystems, sondern stellt auch jegliches Versprechen in die Stabilität kapitalistisch geprägter Systeme in Frage. Das poröse Netz aus kleinformatigen, mit einem alten Mobiltelefon erstellten schwarz-weißen Fotografien konterkariert die (Schein-)Fassade gegenwärtiger Konsumgesellschaften.
Hingegen geografisch konkret lokalisierbar spielen Andy Hellers Fotografien der Serie Bon Voyage (Teneriffa), Work in Progress seit 2014, mit dem Reiz des scheinbaren Durchblicks. Festgehalten in Urlaubsparadiesen sonnenhungriger Tourist*innen schimmern temporäre Baustellenmarkierungen mal als Netzgewebe, mal als objekthaft installierte transparente Stoffbahnen.
In Ulrike Kolbs feinen, poetischen und doch strengen Kompositionen wiederum verweisen die wissenschaftlichen Objekte - als Fundstücke aus einer anderen Zeit - auf die mal festgelegten, mal freieren Bahnen von Wissen und Wissensgenerierung. Die als Stillleben inszenierten Messinstrumente entwickeln darin ein animistisches Eigenleben, die einen Aufstand der Dinge erahnen lassen.
Blick-Versetzungen und Realitäts-Entrückungen bilden die Schnittmenge dieser eigenwilligen Satelliten und auf imaginären Flugbahnen angesiedelten Konstellationen. Losgelöst voneinander beweglich, einander um- und die Betrachter*innen einkreisend, paart sich Magnetisches mit Unbehagen. Bilder von Objekten und Umgebungen werden zu Bildobjekten und Chiffren emotionaler Verfasstheiten. Aktiven Versatzstücken gleich provozieren sie Blickkollisionen differenter Systeme und lassen Abstände ebenso sichtbar werden wie sie die Grenze zwischen Realität und Virtualität zum Verschwimmen bringen. Indem sie, anstatt um sich selbst zu kreisen, das Verhältnis von Zentrum und Peripherie umkehren, versetzen sie die Betrachter*innen in die Mitte des Geschehens: Satellite to Satellite.
Wann und wo
Galerie Loris
Potsdamer Straße 65
10785 Berlin
8. bis 21. Juli 2017
Eröffnung am 7. Juli um 19:00 Uhr
Veröffentlicht am 5. Juli 2017
Kategorie/n: Schlagworte: Ausstellungen und Veranstaltungen
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