Sarrazins Tabubruch

Von Marc Schanz


Es war einmal ein Land namens Schland, in dem ein Volk unter der brutalen Knechtschaft der Gutmenschen lebte. Doch eines Tages, als die Menschen schon längst der Mut verlassen hatte, kam auf einem blendend weißen Schimmel der Bösmensch Sarrazin angeritten und zog aus seiner Scheide das sagenumwobene Schwert mit dem in Schland allseits bekannten Namen “Tabubruch”. Allein der gleißende Schein des güldenen Schwertes vertrieb die Dunkelheit im Nu, die gutmenschlichen Dämonen flohen vor dem Licht der Wahrheit, und das geknechtete Volk erlangte seine sehnlichst erwartete Freiheit wieder!
Hach, wie ist das schön, in den Gazetten Land auf, Land ab, endlich einmal wieder gutgermanische Heldensagen lesen zu dürfen! Mir wird dabei so wohlig warm ums Herz, denn es erinnert mich an meine Kindheit. Doch im Gegensatz zu unserer Journaille bin ich erwachsen geworden. Wichtige Debatten, wie es die Integration zweifelsfrei eine ist, möchte ich nicht auf der Basis irgendwelcher märchenhaften Erzählungen führen. Es ist leider dennoch wichtig, sich diesen medialen Mythos genauer anzuschauen. Die vielen Lügen, die er enthält, verhindern jede sinnvolle Diskussion.
Sarrazin ist kein Held, weder optisch noch intellektuell. Er hat mit seiner kruden Mixtur aus Fakten und Thesen die neue Pseudowissenschaft der kulturellen Eugenik begründet. Schauen wir sie uns doch mal an. Die Definition der kulturellen Eugenik ist etwas widersprüchlich und unverständlich, das soll sie aber auch sein:
Es gibt gute und schlechte Gene und weil das so ist, müssen die guten Gene gefördert werden, denn sonst wären die schlechten Gene besser als die guten. Das darf natürlich nicht sein, denn sonst würden oben und unten durcheinander geraten. Die Konsequenz aus diesem Wirrsinn ist: unten muss der Staat abgeschafft werden, damit oben noch dekadenter gelebt werden kann.
Eine weitere Absurdität dieser mysteriösen Heldengeschichte über Sarrazin ist das Märchen von der Gefährdung der Meinungsfreiheit. Das Buch ist ein Bestseller, Thilo Sarrazin war in sämtlichen Talkshows, und am Stammtisch kann jeder richtige Deutsche die Kernsätze von Sarrazins neuer Pseudowissenschaft bei jeder Promillezahl problemlos in Wort und Tat umsetzen. Wie kann man mehr Meinungsfreiheit in Deutschland haben? Nein, in Gefahr ist nicht die Meinungsfreiheit, in Gefahr ist der soziale Frieden! Sarrazins Thesen wollen die Gesellschaft spalten, und das schaffen sie auch.
Über Probleme der Integration oder die Gefahr von Parallelgesellschaften zu sprechen, ist kein Tabubruch, wie es die medialen Minnesänger so gerne trällern. Im Gegenteil, es wurden bereits viele erfolgreiche Maßnahmen eingeleitet. Heute ist Deutschland bereits seit zwei Jahren ein Auswanderungsland.
Und seit wann dürfen diese ominösen Wahrheiten in Deutschland nicht ausgesprochen werden? Sätze wie “die Ausländer passen nicht hierher” oder “die Moslems, das sind doch alles Terroristen” oder “wenn die zu uns kommen, werden sie entweder kriminell oder schmarotzen auf unsere Kosten”, das sind doch alles ganz normale Sätze, die überall zu hören sind.  Nein, der Alltagsrassismus war noch nie tabuisiert.
Aber, und das ist wirklich neu, er war bisher nicht in dieser Konzentration in den Medien vertreten. In politischen und öffentlichen Diskussionen hatten rassistische Thesen bisher nur an den extremen oder äußeren Rändern ihren Platz. Die bisherigen Versuche, sie in der Mitte zu etablieren, scheiterten – bis jetzt. Doch Sarrazin gelang der Tabubruch. Erst mit der Macht der Boulevardmedien Spiegel und Bild konnte er mit seinem statistikfanatischen Buch der Eugenik diese Grenze öffnen. Das verhängnisvolle Tor, rassistische Ideen wieder als normale politische Leitlinien anzuerkennen, wurde weit aufgestoßen.
Und in diesem Tabubruch liegt auch die Quelle des Gefühls: endlich sagt einer die Wahrheit! Klar, der Alltagsrassismus ist hoffähig geworden. Das ist für die Menschen eine enorme Erleichterung. Keiner muss sich mehr mit einem schlechten Gewissen herumplagen, wenn er gegen Migranten, Arme und Schwache hetzt. Endlich gibt es wieder einen offiziell anerkannten Sündenbock, der für alles Negative, die Unsicherheiten und Gefahren im eigenen Leben verantwortlich ist.
Aber weshalb hat dieses Buch etwas erreicht, was große Politiker wie Möllemann und Koch bisher erfolglos versuchten? Der Deutsche ist schon seltsam, er mag es nicht zu plump, zu polemisch, zu schmuddelig. Wenn aber ein autodidaktischer Experte mit wissenschaftlich klingenden Thesen, mit vielen schönen Zahlen und Tabellen und der Unterstützung der wichtigsten gesellschaftlichen Instanz in Deutschland, der Bildzeitung, den Schmuddelkram anständig verpackt verabreicht, dann liegt einem solchen politisch korrekten Hassprediger das ganze Land zu Füßen.
Dem Grundgesetz nach sind alle Menschen gleich, im Alltag war und wird das nie der Fall sein. Das ist nun mal so. Nur muss sich staatliches und politisches Handeln am Ideal des Grundgesetzes ausrichten. Wenn wir dies nicht schaffen, fallen wir hinter die Zeit der Aufklärung zurück. Diese Gefahr besteht, und keiner weiß das besser als wir Deutsche, denn wir haben die staatlich organisierte Unmenschlichkeit bereits einmal in unserer Geschichte verwirklicht.
Merkel und Gabriel sind sich dieser Verantwortung bewusst. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Journalisten mit schäumender Gebisshaftcreme vor dem Mund nach einer neuen rechten Partei schreien, die einen weniger peinlichen Führer als die verkorksten Möchtegernnazis zu bieten hat.
Erstaunlich ist, dass die Spitzenpolitik sich in dieser deutschen Wesensfrage bisher vernünftiger und sachlicher zeigt als der überwiegende Teil der Journaille. Doch die Saat, welche die Medien auf allen Kanälen tonnenweise unter das willige Volk streut, wird aufgehen. Sie müssen nur lange genug nachgießen.
[ms]

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