Erst kam der riesige Charterfolg seines Buches "Deutschland schafft sich ab", dann folgte die Selbstdemontage der gesamten politischen Klasse und nun dreht der sozialdemokratische Bundesbanker Thilo Sarrazin erst richtig auf. Nachdem die ersten öffentlichen Lesungen des 65-Jährigen abgesagt werden mussten oder schnell aufverkauft waren, plant der "bekennende Rassist" (Berliner Migrationsrat) jetzt eine Stadiontournee mit seinen "kruden Thesen" (Der Spiegel)
Unmittelbar nach einem Bericht des Spiegel, der aus einem Brief von Bundesbankchef Axel Weber und dessen Vize Franz-Christoph Zeitler an Bundespräsident Christian Wulff zitiert, liefen die Drähte bei Sarrazins Verlag heiß. Zahlreiche Bürger regten an, Strafanzeige wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen gegen Unbekannt zu stellen, ein großer Konzertveranstalter hingegen erbot sich, auf die Schnelle eine bundesweite Live-Tour mit dem " eiskalten Salonfaschisten" (taz) zu organisieren, die direkt nach der "unabhängigen Entscheidung des Bundesbankvorstands" (Angela Merkel) über Sarrazins Entlassung starten könnte.
Nach ersten Planungen wird der als "Paolo Pinkel" bekanntgewordene Talkshow-Tätschler Michel Friedman gemeinsam mit Sarrazin in den Ring steigen. Moderiert werden solle die mit multimedialen Effekten aus dem Fundus der band Rammstein illuminierte Show von der früheren Tagesschau-Sprecherin Eva Herman, das sie "Sarrazins Innensicht auf eine solche Kampagne" teilen könne. Sarrazin werde dann einige seiner hetzerischen Buchkapitel lesen, zudem aber sollen wechselnde Gäste sollen für spannende Abendunterhaltung sorgen. Eingeladen worden seien neben dem Schriftsteller Martin Walser der frühere CDU-Funktionär Martin Hohmann, der vor sieben Jahren behauptet hatte, "weder ,die Deutschen‘ noch ‚die Juden‘" seien ein Tätervolk. Daraufhin hatte die CDU ihn aus Fraktion und Partei ausgeschlossen.
Noch offen ist, ob der Historiker Ernst Nolte, der frühere Sozialdemokrat Wolfgang Clement und der frühere Grünen-Politiker Oswald Metzger aufgefordert werden sollen, vor Beginn der Veranstaltungen in Hitlers Berliner Olympiastadion und auf dem Reichsparteitagsgelände auf dem Zeppelinfeld in Nürnberg Grußnoten von Geert Wilders, dem schwedischen Integrationsbeauftragten Andreas Carlgren und dem Radfahrerführer Rudolf Scharping (SPD) verlesen sollen. Scharping werde dabei noch einmal die übermächtigen jüdischen Lobby" anprangern, an deren Existenz er bereits Anfang des Jahrtausends keinen Zweifel gelassen hatte." Eine Gastrolle ist
Herta Däubler-Gmelin zugedacht. Von der Schirmherrin des Virtuellen Ortsvereins der SPD im Internet, dem "Hauptschauplatz des Verbrechens" (BKA-Chef Zierke) in der Welt erwarte man noch einmal Aufklärung darüber, mit welchen Strategien, die "seit Adolf Nazi bekannt sind", Politiker von innenpolitischen Problemen ablenken.
Fest steht jedoch schon, dass ein Mädchenchor aus Mittweida für die integrative musikalische Untermalung sorgen wird. Nach ersten Stellproben werde Sarrazin zu Beginn von Eva Herman auf die Bühne begleitet, beide sängen dann eine Coverversion von Johnny Cashs "Ring of Fire", die von Maschinengewehrfruer aus dem Film "Der Soldat James Ryan" untermalt werde. Später erhellen riesige Flakscheinwerfer den Himmel, im Bühnenhintergrund laufen Bilder von Straßenschlachten aus dem Berliner Schanzenviertel, Innenaufnahmen aus Neuköllner Gemüseläden und Prügelszenen aus dem Spreewald. Die Bundesregierung plant indessen, den reißenden Absatz von Sarrazins Buch nicht weiter zu kommentieren. Ohnehin sei das Werk in den meisten Buchhandlungen nicht mehr vorrätig, so dass die Umsätze jetzt automatisch zurückgingen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel glaubt inzwischen nicht mehr, dass das Problem, den früheren Referatsleiter im Ministerium ihres derzeitigen Finanzministers Wolfgang Schäuble zu integrieren, schnell gelöst werden könne.
Man könne nicht in wenigen Jahren die Versäumnisse der vergangenen 30 Jahre ausgleichen, sagte sie der «Bild am Sonntag», die das so nicht erwartet hatte. Zuwanderer wie Sarrazin, der aus Burgund über Genf nach Westfalen kam, oder Däubler-Gmelin, die ursprünglich aus Bratislava stammt, seien bislang zu wenig in die Pflicht genommen worden. In Zukunft sollen Ämter noch stärker überprüfen, ob die Zugereisten ihre Verpflichtungen einhalten. Tun sie das nicht, würde ihnen mit weiteren Überprüfungen gedroht. Am Ende könnten harte Sanktionen wie etwa weitere Überprüfungen stehen, zeigten die kein Einlenken der Betroffenen, würde weiter geprüft. Die Regierung arbeite außerdem daran, künftig mit Neuzuwanderern Integrationsvereinbarungen zu schließen, um "merh Druck" zu machen. Wer seine Integrationsvereinbarung nicht erfülle, müsse damit rechnen, hart überprüft zu werden. Merkel fordert die Migranten auf, sich der Gesellschaft anzupassen. Es dürfe künftig keine Viertel geben, in denen die Polizei das Recht nicht durchsetzen könne. Gewalt an den Schulen und andere Missstände dürften künftig offen diskutiert werden, sagte Merkel, allerdings nicht von Thilo Sarrazin: "Zur Lösung des Problems trägt er gar nichts bei."