São Miguel Azoren – eine Herzensangelegenheit.

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Anhalten! Sofort! Da ist wieder eines. Der Fahrer, seines Zeichens Ehemann, rollt entnervt mit den Augen. Das Tochterkind stöhnt auf. „Schon wieder, Mama?!“ Ich sprinte kopflos auf die gegenüberliegende Straßenseite.

Erfreulicherweise hält sich der Verkehr auf den Azoren in Grenzen. Nur ganz entfernt tuckert uns ein Traktor entgegen. Kamera gezückt und ein Yves Decoster Herz in meiner Herzens-Fotogalerie festgehalten.

Die Fahrt kann weitergehen, es sei denn, Mutti entdeckt wieder eines an irgendeiner Hauswand und das Spiel beginnt von vorne.


Künstler mit Herz

Der belgische Künstler Yves Decoster malt seine Gute-Laune-Herzen auf São Miguels Häuserwände, Garagentore, Gartenmauern und was ihm sonst so unter den Pinsel kommt.

Wer die Insel mit offenen Augen durchstreift, wird fündig. Mal sind sie hübscher, mal größer, mal mit, mal ohne Rahmen, mal ganze Hauswandgemälde. Yves Decoster lebt seit 1988 auf São Miguel und hat sein Herz an die Insel verloren. Seit 2008 bringt er das auch öffentlich mit seinen Herz-Gemälden zum Ausdruck.

Er möchte damit Liebe zur Natur und zu den Menschen transportieren.

Über 200 Stück sind bereits auf der Insel verteilt und ein Ende ist nicht in Sicht.

Wir haben nur einen Bruchteil entdeckt – offensichtlich zur Erleichterung der restlichen Familienmitglieder (Kunstbanausen, ihr!) – und die wenigsten waren unter perfekten Fotobedingungen platziert oder wurden fotografisch nicht weiter von mir festgehalten, um die Zuneigung meiner Mitreisenden nicht zu gefährden.

Wie bunt Yves seine Insel schon gemacht hat, sieht man daher am besten auch hier auf seiner Facebook-Seite, Pavillon Vila“.

 Azoren-Sao-Miguel-Yves-Decoster-Collage


São Miguel – Volltreffer ins Herz

Fakt ist jedoch, auch mich haben die Azoren mitten ins Herz getroffen.

Ich hatte nur nebulöse Vorstellungen, was mich dort erwarten würde, denn so recht ist die zu Portugal gehörende Inselgruppe im Atlantik noch nicht in den Fokus des Tourismus gerückt. Unter Portugiesen als eher langweilig verpönt und ansonsten bisher vermehrt vom Wandervolk und selbst ernannten Meeresbiologen aufgesucht.

Dementsprechend in Grenzen hält sich auch der Ansturm, selbst in der Hauptsaison im Juli und August. Nur 10.000 Betten gibt es insgesamt auf den neun Azoreninseln. Es geht dort relativ gemächlich zu.

Die Natur ist beeindruckend und so grün – eine Mischung aus Irland, Neuseeland und Hawaii. Es gibt Steilküsten, azurblaue Kraterseen, heiße Quellen, schwarze Lavastrände, die perfekte Surfwelle, Felsenpools, ideale Tauch- und Walbeobachtungsbedingungen, ganze Alleen aus Hortensienbüschen mit fußballgroßen Blüten und in der Inselhauptstadt Ponta Delgada das wohl beste vegetarische Restaurant Portugals. Mhm!

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Wer allerdings Party will, trendige Beachclubs sucht und auf Shoppingerlebnis aus ist, ist auf den Azoren nur bedingt gut aufgehoben, schont dafür sein Portemonnaie.

Aber das ist auf den Azoren generell nicht weiter schwer, die Inseln sind verhältnismäßig günstig. Einen Espresso gibt es ab 0,60 Cent und ein Hauptgericht schon ab 7€.

Auch die Preise für Ausflüge, Aktivitäten und Sehenswürdigkeiten halten sich in Grenzen. Unterkünfte sind je nach Standard nur marginal günstiger und auch die Mietwagenpreise liegen in der europäischen Norm.

Wir haben uns bewusst für São Miguel, die Hauptinsel entschieden. Sie ist die vielseitigste Insel und am leichtesten zu erreichen.

Auf São Miguel kennt nicht jeder jeden und die Insel ist auch nicht an einem Tag abzufahren. Für die 8 Tage, die wir zur Verfügung hatten, bietet São Miguel ausreichend Programm. Ich wünschte mir fast noch ein bis zwei Faulenzertage dazu, und die Möglichkeit, auch noch die letzte Ecke abzugrasen. Dann sollte man allerdings schon 14 Tage bleiben oder einfach wiederkommen. Außerdem gibt es ja noch acht weitere Inseln zu erkunden.

Ansonsten kann ich mir nur auf die Schulter klopfen. Wir haben alles richtig gemacht. Die Unterkunft brandneu und eine Wucht, am schönsten Strand mit bester Welle und dem nettesten Städtchen Ribeira Grande gleich nebenan. Das Wetter herrlich angenehm und kein Tröpfchen Regen. Der Flug von Lissabon ein Ryan Air Schnäppchen für 99€.

Einzigster Wermutstropfen: Der Nebel in den Bergen hat uns leider die Sicht auf so manchen Kratersee verwehrt, der letzte Blauwal ist vor zwei Tagen weitergezogen. Und die Pottwale wollten lieber nach Kraken tauchen. Dafür haben nicht nur Schulen, sondern ganze Horden von Delfinen mit uns gespielt.

Das Best-of-São Miguel verrate ich Euch dann im nächsten Artikel, damit ihr keine Zeit für Recherchen verschwenden müsst und hier gibt’s noch die superpraktischen Touri-Tipps:

Lage der Azoren:

Die Azoren gehören zu Portugal und befinden sich mitten im Atlantischen Ozean ca. 1500 km und eine Flugzeit von 2h von Portugal entfernt.

Anreise auf die Azoren:

Die günstigsten Flüge gab es für uns direkt ab Lissabon mit Ryan Air. Ein direkter Flug aus Deutschland (Air Berlin/SATA)war wesentlich teurer als der Schenkel über Lissabon und zwei separate Flüge. Da wir danach aber sowieso noch drei Wochen in Portugal auf dem Festland verbracht haben, war das auch die sinnvollste Lösung.Ansonsten fliegen TAP und SATA auf die Azoren. Zwischen den Inseln verkehren Fähren oder Propellermaschinen von SATA.

Klima auf den Azoren:

Nix da Azoren-Tief: Die Temperaturen auf den Inseln sind sehr angenehm. Sie bewegen sich im Sommer zwischen 20-25 °C. Der Juli und August sind die trockensten Monate mit nur 1-3 Regentagen.
Man sollte aber trotzdem Regensachen und einen warmen Pullover mitnehmen, da sich das Wetter mehrmals am Tag ändern kann und häufiger Nebel, mit Sichtweiten unter 10 m, ist gerade in den Höhenlagen keine Seltenheit, wie wir am eigenen Leibe zu spüren bekommen haben.

Baden auf den Azoren:

Die Wassertemperatur liegt im Sommer zwischen 18-22 °C. Es war frisch aber angenehm. Wem es zu kalt ist, der nutzt die tollen Meerespools, die es überall auf der Insel gibt oder in Ribeira Quente gibt es zum Beispiel einen Strand mit unterirdischen Quellen, die das Wasser angenehm wärmen.Die Azoren sind kein klassisches Badeziel, dennoch gibt es ein paar hübsche Strände (z. B. Praia Santa Barbara, mein Favorit). Die Strände sind zum Teil bewacht, haben aber oftmals gefährliche Strömungen oder ziemlichen Wellengang. Alle Strände sind übrigens mega sauber und bieten kostenlose Duschen. Meistens gibt es sogar Aschenbecher für den Strand, damit auch die unschönen Kippen nicht liegen bleiben. Respekt, liebe Azorianer!

Azoren mit Kindern:

In Reiseführen ist mir der Hinweise begegnet, dass die Azoren für kleine Kinder weniger geeignet sind, weil die Strände rau sind und passenden Angebote fehlen. „Tschuldigung“, diesen Eindruck kann ich nicht bestätigen. Es gibt Eis an jeder Ecke und Natur en masse, was brauchen Kinder denn mehr? Das Tochterkind ist zwar kein Kleinkind mehr, sondern mittlerweile ein Schulkind, hatte aber jede Menge Spaß in den warmen Quellen, blubbernden Schlamm, mit dem Bodyboard, beim Whalewatching, Fische füttern, im Pool und Sandburgenbauen. Auch einen Aquapark gibt es in Villa Franca da Compo. Der sah zum Zeitpunkt unserer Reise allerdings geschlossen aus. In den Restaurants gab es stets Kinderangebote und auch Ermäßigung bei Eintritten gibt es überall. Oftmals kosten Kinder bis zu 14 Jahren auch nichts.

Hidden-Gem-Kind

Rumkommen auf São Miguel:

Es verkehren Linienbusse auf der Insel, die recht preiswert sind. Ich habe durch das System auf die Schnelle und mangels Relevanz für uns allerdings nicht ganz durchgeblickt. Entlegenere Orte, Strände und Ziele im Inselinneren sind damit jedoch nur schlecht, oder gar nicht zu erreichen.Die Empfehlung lautet daher ganz klar: Mietwagen. Die Kosten liegen hierbei bei ca. 40-50€ pro Tag und unbegrenzter Kilometerzahl für einen Leihwagen. Die Benzinpreise waren wie in ganz Portugal etwas teuer als in Deutschland (ca. 5-10 Cent /Liter). 

Unterkünfte auf den Azoren

Es gibt auf den Azoren, so auch auf São Miguel wenig größere Hotelanlagen, Resorts oder Hotelbunker, die die Landschaft verschandeln. Dafür kleinere charmante Pensionen, Guesthouses, Ferienwohnungen. Spontan sind wegen des relativ geringen Angebots vor allem in der Hochsaison kaum Zimmer zu bekommen. Es empfiehlt sich insofern frühzeitig zu reservieren.

Ihr habt noch Fragen? Ab damit in die Kommentare oder schreibt mir.

Mir hat bei der Reisplanung auch der Reiseführer Azoren von Dumont gute Dienste geleistet. Azoren von Polyglott on tour hatte ich auch im Gepäck, der war jedoch sehr knapp gehalten.

Weiter Insiderberichte, die auch mich inspiriert haben gibt es auch von Bloggerkollegen:

  • Manuela von Seiltanz hat mehrere Artikel zu Sao Miguel und Pico veröffentlicht: http://seiltanz.org/travel/azoren/
  • Auch Tanja von Vielweib on Tour hat sich in die Azoren verliebt und schreibt ausführlich über Ihre Erlebnisse: http://www.vielweib.de/category/der_rest_der_welt/portugal/
  • Einen schönen Bericht habe ich auch bei The Travellogue gefunden. Anna und Vanessa verraten ihre Highlights auf São Miguel: http://the-travelogue.com/azoren/
  • Die Nordic Family hat ein Tagebuch geführt über Ihren Aufenthalt auf den Azoren. Klickt euch durch: http://www.nordicfamily.de/category/reiseziele/azoren/


Bilder: ©Hiddden Gem


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