Sahra Wagenknecht wirbt in der FTD für einen aushaltbaren Kapitalismus

Von Modesty

Um die Linke ist es offenbar so schon so schlecht bestellt, dass sogar die Financial Times Deutschland vor einigen Tagen einen Kommentar von Sahra Wagenknecht veröffentlicht hat, überschrieben mit Deutschland braucht Die Linke.

Nach einem ersten herzlichen “HÄ?!” erschließt sich mir allerdings, was es damit auf sich hat. Offenbar versucht die FTD in ihrem Bewusstsein ein meinungsbildendes Medium zu sein, schon irgendwie pluralistisch aufzutreten. Immerhin wird dort mitunter ja auch gefragt, warum die Wirtschaftswissenschaften so unglaublich schlechte Wissenschaft produzieren und es einfach nicht schaffen, beispielsweise verheerende Finanzkrisen vorauszusagen. Wobei natürlich am Ende immer herauskommt, dass, so schlecht der Kapitalismus gerade auch funktioniert, es doch keine Alternative zu ihm gibt – man bräuchte halt einen anderen Kapitalismus, einen, der “richtig” funktioniert. Dabei erleben wir doch gerade, wie richtiger Kapitalismus funktioniert! Krisen und Verarmung gehören nämlich dazu! Es ist halt nicht jeder ein Boris Becker: “Wenn ich nicht verliere, kann der andere nicht gewinnen.” Die meisten verlieren, einige stecken fette Gewinne ein. Aber in der Hoffnung, künftig zu den Gewinnern zu gehören, machen immer wieder genug mit – und wollen nichts davon wissen, dass es auch andere (und effektivere) Möglichkeiten gäbe, eine vernünftige Produktion zu organisieren.

Zurück zu Sahra Wagenknecht. Die stellvertretende Parteivorsitzende der Linken hat sich inzwischen auch als Wirtschaftswissenschaftlerin profiliert und als solche erkannt, dass der Kapitalismus eigentlich ganz gut funktionierten könnte, wenn man ihn nur irgendwie menschenfreundlicher gestalten würde. Damit liegt sie im Grunde auf Linie der FTD, zumal Wagenknecht die Linke ganz ausdrücklich als Oppositionspartei bewirbt – also als Korrektiv, das dafür sorgen soll, dass der Kapitalismus für die breite Masse aushaltbar bleibt. Was auch für die Kapitalisten gut ist – denn mit dem System unzufriedene Menschen, die wütend auf die Straße gehen sind das, was der Kapitalismus gar nicht brauchen kann. Deshalb darf Wagenknecht sogar in einem etablierten Wirtschaftsblatt ein bisschen gegen die neoliberale Einheitsfront wettern, die ihr Programm bisher so erfolgreich durchgedrückt hat, dass es nun für eine ganze Menge Menschen im Lande ziemlich ungemütlich geworden ist.