Es sollte ein rauschendes Fest werden, mit dem Emerald ihren 20. Geburtstag feiern wollte. Im Kreise ihrer Familie und ihrer Freunde. Dass ihr Zuhause, der Landsitz Sterne kurz vor dem Ruin steht, spielt dabei keine Rolle – heute Nacht sollen alle ausgelassen feiern und die Sorgen vergessen!
Alles kommt anders, als sich in der Nähe ein Zugunglück ereignet und die Überlebenden auf Sterne Zuflucht finden müssen, die Hallen belagern und die gesamte Planung über den Haufen werfen. Dann erscheint noch ein Gast, der mindestens genauso unerwünscht ist – denn er kennt das dunkle Geheimnis der Hausherrin, Emeralds Mutter. Mit seinen Spielchen versucht er, die Gesellschaft gegeneinander aufzuhetzen und so das Geheimnis ans Licht zu bringen.
Mich lässt Sadie Jones Roman ein wenig ratlos zurück, denn ich kann ihn nicht wirklich einordnen. Gut, Schubladen sind doof, das habe ich selbst gesagt, aber in diesem Fall wäre ein wenig mehr Geradlinigkeit von Vorteil gewesen. Einerseits ist Der ungeladene Gast eine Parodie auf den englischen Landadel zu Beginn des 20. Jahrhunderts, mit seinen starren Normen und Vorschriften, bei dem der Wunsch, nach außen zu glänzen, über allem steht. Und andererseits versucht es, Elemente der Gothic Novel einzubauen, mit seinen stürmischen Nächten und unheimlichen Fremden und dunklen Geheimissen. Zwischen diesen beiden Extremen pendelt der Roman hin und her – und kann sich nicht für eins entscheiden.
Fast schreibt Sadie Jones so zwei Romane, wobei jeder für sich wirklich gelungen ist. Nur passen die beiden Teile eben nicht so ganz zusammen, da hilft auch kein Drehen und Wenden.
Dabei ist die Atmosphäre noch das stimmigste, auch wenn hier zwischen ironisch-humorvoll und gruselig-mysteriös hin und her gewechselt wird. Der alte Landsitz bildet in beiden Fällen die perfekte Kulisse; und auch die Charaktere mit ihrer verschrobenen Art sind für beide Genres geeignet. Ein Lesegenuss, also, wären da nicht die Brüche.
Was mich zudem verwundert ist, dass der Roman im Original The Uninvited Guests heißt, also Gäste, im Plural, während in der Übersetzung nur der eine Gast wichtig zu sein scheint, der das Geheimnis ans Licht bringen will.
Insgesamt wirft mir Der ungeladene Gast zu viele Fragen auf, die unbeantwortet bleiben. Trotz des durchgehend guten Schreibstils.
Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Erschienen bei DVA
September 2012
Aus dem Englischen von Brigitte Walitzek
Originaltitel: The Uninvited Guests
ISBN: 978-3-421-04555-3