Von Stefan Sasse
Das Landesverfassungsgericht NRW hat nach einer Klage von CDU und FDP den Nachtragshaushalt der rot-grünen Minderheitslandesregierung unter Hannelore Kraft gekippt. Er sei nicht verfassungskonform, weil die Neuschulden die Investitionen deutlich überstiegen. Kraft hatte versucht, durch Interpretation der Bildungsausgaben als Investitionen diesen Rahmen zu erweitern und zudem einen juristischen Notfall durch die Wirtschaftskrise zu konstruieren. Beide Argumentationen haben nicht geklappt; die letztere ist es, die im aktuellen Urteil verworfen wurde. Die Richter haben erklärt, es existiere derzeit keine Krise, und deswegen handle die Regierung nicht solide. Für Mai, wenn der Haushalt 2011 aufgestellt werden muss, steht die Regierung damit vor einem Problem. Da man das politische Schicksal der Regierung an das Überstehen des Haushalts geknüpft und andernfalls Neuwahlen angekündigt hatte, führt an denen wohl kaum mehr ein Weg vorbei. Angesichts der Katastrophe in Japan dürften Schwarz-Gelb sich wünschen, die Klage nie eingereicht zu haben - die Wahlen bieten eine gute Chance für eine eigene rot-grüne Mehrheit.
Der Spruch des LVerfG ist aber bedenklich. Die Richter schwingen sich darin dazu auf, besser als die Politik zu wissen, wie das Geld ausgegeben werden soll. Das Budgetrecht aber ist das erste und heiligste Recht des Parlaments, den alten Königen abgetrotzt, und wird jetzt einfach auf die Gerichte übertragen? Das kann nicht sein, darf nicht sein. Wenn die von Bürgern gewählten Parteien angeblich alle nicht mit Geld umgehen können, muss der Bürger eben andere wählen. Das zu bestimmen kann nicht Aufgabe der Gerichte sein. Der Spruch kommt einem halben Staatsstreich gleich, zumindest aber einer Usurpation von Kompetenzen, die einem Gericht nicht zustehen. Würde ein Gericht die Möglichkeit haben, eine Volksabstimmung anzuordnen - gut, dann würde der Souverän entscheiden. So aber entscheidet eine nicht gewählte Kammer.Der Kommentar der Frankfurter Rundschau sieht die gelernte Unternehmensberaterin Kraft im eisernen Sparen nur von der ausgabefreudigen LINKEn gehindert. Sparen also soll das Gebot der Stunde für Rot-Grün in NRW sein. Das heißt nach Lage der Dinge: weniger Geld für die Sicherheit wegen Streichungen bei Modernisierungen von Polizeiequipment aus den 70er Jahren, verrotende Schulden wegen weniger Geld für den Bildungssektor, vielleicht die Wiedereinführung von Studiengebühren und so weiter und so fort. Dabei ist diese Option gar nicht die Einzige, die Kraft zur Verfügung steht. Ein Widerstand gegen das Urteil fällt aus, sonst würde sie selbst anfangen, die Verfassung zu brechen - ein absolutes No-Go. Auch eine Änderung der Verfassung und die Aufnahme von Bildungskosten als Investitionen fällt aus, weil Schwarz und/oder Gelb das nie mittragen werden.
Anstatt aber nun einfach in die übliche, fruchtlose Sparroutine zu verfallen, sollte Kraft lieber den Mut haben, einfach die andere Seite der Gleichung zu verändern. Sie steht nämlich mitnichten in einer Sackgasse. Sie steht vielmehr an einer T-Kreuzung, deren rechte Abbiegung - das Aufnehmen höherer Schulden - durch gerichtliche Anordnung gesperrt ist. Bisher hat sie aber nie nach links geschaut. Dort nämlich führt ebenfalls eine Straße ab. Der Haushalt kann auch durch eine Erhöhung der Einnahmen saniert werden. Und das ist auch absolut gerechtfertigt.
Das Land braucht Geld, und es braucht Geld nicht weil die Politik unfähig war mit Geld umzugehen, sondern weil die Banken es waren. Ohne die Krise wäre die Neuverschuldung nicht so hoch, wie sie ist. Es ist Zeit, die Profiteure von 30 Jahren Niedrigbesteuerung oder überhaupt keiner Besteuerung zur Kasse zu bitten. Es müssen endlich Steuern her auf Börsentransaktionen und Kapitalgewinne. Es braucht einen Mindestlohn und ein Ende des Lohndumpings. Es braucht einen vernünftigen Spitzensteuersatz, der erst in höheren Einkommensregionen greift, dafür aber richtig. Es braucht eine Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenzen. Mit solchen Maßnahmen kann die Einnahmenseite deutlich verbessert werden - vielleicht sogar so stark, dass ganz ohne Sparen die Neuverschuldung reduziert werden kann. Reine Magie, sozusagen. Man muss nur die andere Abbiegung nehmen.
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Das Landesverfassungsgericht NRW hat nach einer Klage von CDU und FDP den Nachtragshaushalt der rot-grünen Minderheitslandesregierung unter Hannelore Kraft gekippt. Er sei nicht verfassungskonform, weil die Neuschulden die Investitionen deutlich überstiegen. Kraft hatte versucht, durch Interpretation der Bildungsausgaben als Investitionen diesen Rahmen zu erweitern und zudem einen juristischen Notfall durch die Wirtschaftskrise zu konstruieren. Beide Argumentationen haben nicht geklappt; die letztere ist es, die im aktuellen Urteil verworfen wurde. Die Richter haben erklärt, es existiere derzeit keine Krise, und deswegen handle die Regierung nicht solide. Für Mai, wenn der Haushalt 2011 aufgestellt werden muss, steht die Regierung damit vor einem Problem. Da man das politische Schicksal der Regierung an das Überstehen des Haushalts geknüpft und andernfalls Neuwahlen angekündigt hatte, führt an denen wohl kaum mehr ein Weg vorbei. Angesichts der Katastrophe in Japan dürften Schwarz-Gelb sich wünschen, die Klage nie eingereicht zu haben - die Wahlen bieten eine gute Chance für eine eigene rot-grüne Mehrheit.
Der Spruch des LVerfG ist aber bedenklich. Die Richter schwingen sich darin dazu auf, besser als die Politik zu wissen, wie das Geld ausgegeben werden soll. Das Budgetrecht aber ist das erste und heiligste Recht des Parlaments, den alten Königen abgetrotzt, und wird jetzt einfach auf die Gerichte übertragen? Das kann nicht sein, darf nicht sein. Wenn die von Bürgern gewählten Parteien angeblich alle nicht mit Geld umgehen können, muss der Bürger eben andere wählen. Das zu bestimmen kann nicht Aufgabe der Gerichte sein. Der Spruch kommt einem halben Staatsstreich gleich, zumindest aber einer Usurpation von Kompetenzen, die einem Gericht nicht zustehen. Würde ein Gericht die Möglichkeit haben, eine Volksabstimmung anzuordnen - gut, dann würde der Souverän entscheiden. So aber entscheidet eine nicht gewählte Kammer.Der Kommentar der Frankfurter Rundschau sieht die gelernte Unternehmensberaterin Kraft im eisernen Sparen nur von der ausgabefreudigen LINKEn gehindert. Sparen also soll das Gebot der Stunde für Rot-Grün in NRW sein. Das heißt nach Lage der Dinge: weniger Geld für die Sicherheit wegen Streichungen bei Modernisierungen von Polizeiequipment aus den 70er Jahren, verrotende Schulden wegen weniger Geld für den Bildungssektor, vielleicht die Wiedereinführung von Studiengebühren und so weiter und so fort. Dabei ist diese Option gar nicht die Einzige, die Kraft zur Verfügung steht. Ein Widerstand gegen das Urteil fällt aus, sonst würde sie selbst anfangen, die Verfassung zu brechen - ein absolutes No-Go. Auch eine Änderung der Verfassung und die Aufnahme von Bildungskosten als Investitionen fällt aus, weil Schwarz und/oder Gelb das nie mittragen werden.
Anstatt aber nun einfach in die übliche, fruchtlose Sparroutine zu verfallen, sollte Kraft lieber den Mut haben, einfach die andere Seite der Gleichung zu verändern. Sie steht nämlich mitnichten in einer Sackgasse. Sie steht vielmehr an einer T-Kreuzung, deren rechte Abbiegung - das Aufnehmen höherer Schulden - durch gerichtliche Anordnung gesperrt ist. Bisher hat sie aber nie nach links geschaut. Dort nämlich führt ebenfalls eine Straße ab. Der Haushalt kann auch durch eine Erhöhung der Einnahmen saniert werden. Und das ist auch absolut gerechtfertigt.
Das Land braucht Geld, und es braucht Geld nicht weil die Politik unfähig war mit Geld umzugehen, sondern weil die Banken es waren. Ohne die Krise wäre die Neuverschuldung nicht so hoch, wie sie ist. Es ist Zeit, die Profiteure von 30 Jahren Niedrigbesteuerung oder überhaupt keiner Besteuerung zur Kasse zu bitten. Es müssen endlich Steuern her auf Börsentransaktionen und Kapitalgewinne. Es braucht einen Mindestlohn und ein Ende des Lohndumpings. Es braucht einen vernünftigen Spitzensteuersatz, der erst in höheren Einkommensregionen greift, dafür aber richtig. Es braucht eine Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenzen. Mit solchen Maßnahmen kann die Einnahmenseite deutlich verbessert werden - vielleicht sogar so stark, dass ganz ohne Sparen die Neuverschuldung reduziert werden kann. Reine Magie, sozusagen. Man muss nur die andere Abbiegung nehmen.
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