Sabbatical-Planung II

Von Lesyi

Vor einiger Zeit berichtet ich hier über meine Auszeit, die mich zurzeit “voll beschäftigt”, wie es ein Freund kürzlich formulierte. In der Vorbereitung dafür fragte ich mich: Wie will ich am Ende dieser Zeit über mein Sabbatical denken? Wie will ich mich dann fühlen? Was soll sich ergeben haben? – Meine ganz persönliche Antwort auf diese Fragen enthält drei Dinge:

1. Ich will zufrieden sein (engl. content): Ich will mit der Welt und mir im Reinen sein, eben: zu-frieden. So lasse ich die vergangenen Jahre revue passieren indem ich Dinge lese, die ich in dieser Zeit geschrieben habe (Tagebücher, Berichte). Gibt es Dinge, die es zu bereinigen gibt? Zudem habe ich meine ehemaligen Team-Mitglieder eingeladen, mir Dinge zu nennen, die ich nicht gut gemacht habe. Ihre Rückmeldungen sind nicht immer lustig zu hören, aber heilsam allemal! Ich will (ganz grundsätzlich!) mit meiner Biographie versöhnt sein.
Für mich – und das erleben andere Menschen mit anderen Sehnsüchten bestimmt anders – hat Zufriedenheit viel mit Freiraum zu tun: Wenn’s eng wird, wenn ich mich be- und gedrängt fühle, dann kommt mir dieser Friede leicht abhanden. Also schaue ich, dass ich mein Tagesprogramm nicht vollstopfe. Und wo es trotzdem geschieht, hilft es, wenn ich nur schon 2-3-mal tief durchatme und mir Gottes Gegenwart in Erinnerung rufe.
Zufriedenheit hat, das ist mir schon lange bewusst und präsentiert sich mir als ständiges Übungsfeld, viel weniger mit meinen Umständen als mit meiner Entscheidung zu tun (Paulus spricht davon am Ende des Philipperbriefs).

2. Ich will zuversichtlich sein (confident), insbesondere im Hinblick auf meine kommende Tätigkeit. Zwei Bereiche sind mir hier besonders wichtig:
(a) Im geistlichen Bereich will ich Dinge (Disziplinen) lernen und einüben, die mich in Zukunft geistlich wach halten sollen. Zurzeit beschäftigen mich zwei Übungen aus der ignatianischen Spiritualität: Einerseits das “Gebet der liebenden Aufmerksamkeit” (examen), anderseits Ignatius’ Vorgehen, Entscheide zu fällen (er nennt dies “Unterscheidung der Geister”, discernment). Bei Ersterem geht es um einen strukturierten Tagesrückblick mit der Absicht, immer sensibler zu werden für Gottes Gegenwart im Alltag (Ignatius’ Grundanliegen). Das Zweite (discernment) scheint mir grundsätzlich eine sehr willkommene Fähigkeit zu sein, denn Entscheide gibt es ja immer zu fällen .  (Aufmerksame Blogleser wissen, dass mich die Frage nach Gottes Wille schon länger beschäftigt). – Ich hoffe, dass ich diese beiden Elemente in den kommenden Wochen noch werde ausführlicher beschreiben können.
(b) Bezüglich meiner zukünftigen Aufgabe bin ich einerseits mit Kollegen daran, eine Strategie für diesen Arbeitsbereich zu entwickeln (ab April über nehme ich die Leitung der Europaregion der Wycliffe Global Alliance). Ich gehe davon aus, dass mir dies Klarheit (und somit Zuversicht) geben wird, weil eben klarer wird, was unsere Prioritäten sein sollen. – Anderseits mache ich zurzeit eine Coaching-Ausbildung, weil ich in meiner künftigen Aufgabe andern gerne als Coach helfen will. Diese Art von Umgang mit Erwachsenen im allgemeinen und Leitern im besonderen begeistert mich, weil sie von deren Mündigkeit und Selbstverantwortung ausgeht und sie bestärkt. Nicht der Coach findet die Lösung von anstehenden Herausforderungen, sondern er hilft durch genaues Zuhören und offene Fragen, dass diese vom “Klienten” selber gefunden werden. Er oder sie weiss selber am besten, was in gegebenen Umfeld funktioniert und was nicht!
Auch über diese Dinge liesse sich in Zukunft einiges schreiben…

3. Ich will bereit sein (eager to start): Eine längere Auszeit zu haben ist ein grosses Privileg, und ich geniesse es auch dementsprechend. Aber nach etlichen Monaten dieser Sonderzeit hoffe ich doch, dass ich vollgetankt mit Energie und voll von Ideen wirklich bereit bin, mich in die neue Aufgabe zu stürzen, vielleicht wie der Marathonläufer vor dem Start, nachdem er monatelang auf das Rennen hin trainiert hat.

Warum schreibe ich das alles? – Weil ich davon ausgehe, dass dieser Dreiklang (zufrieden – zuversichtlich – bereit / content – confident – eager) auch für andere Situation hilfreich sein könnte: bei kleineren und grösseren Übergängen im Leben, bei Projekten jeglicher Art, bei … – Gut möglich aber auch, dass für dich ein anderer Dreiklang wichtig ist. Welcher könnte das sein?

PS: Als verkappter Poet finde ich schade, dass mein Dreiklang weder auf Deutsch noch auf Englisch besser harmoniert… Statt “bereit” wäre ein drittes Wort mit “zu-” schöner; statt “eager” in drittes Wort mit “con-”. – Hilfreiche Ideen bitte als Kommentar deponieren .

Bild: http://isaiahstephens.deviantart.com/