Ryan Adams „III/IV“ (Pax-Am)
Grundsätzlich lässt sich gegen die kaum zu bändigende Schaffenswut eines Ryan Adams nichts Schlechtes sagen, so lange die Songs noch genügend Kreativität und Qualität im Gepäck führen. Im Grunde gleicht Adams darin seinem fast gleichaltrigen Kollegen Jack White, auch dessen immenser Selbstverwirklichungsdrang gilt als „unstoppable“, wird aber wegen der anhaltend hohen Qualität seiner diversen Nebenprojekte kaum kritisiert oder gar belächelt.
Dass der Mann von der Ostküste auf dem Doppelpack „III/IV“ nun ausgerechnet eine beachtliche Menge an Outtakes der „Easy Tiger“-Sessions aus dem Jahre 2006/7 präsentiert, wird den einen oder anderen Fan sicher freuen – gewagt bleibt es trotzdem, zählte doch dieses Album nicht gerade zu den schöpferischen Höhepunkten des eigenwilligen Songwriters, nicht vergleichbar zumindest mit der Intensität der Solowerke „Heartbreaker“, „Gold“, „Love Is Hell“ oder dem Cardinals-Debüt „Cold Roses“.
Was dann aber verwundert, ist der Umstand, dass die „neuen“ Songs – zumindest die des ersten Teils (III) – denen von „Easy Tiger“ wenigstens ebenbürtig erscheinen, wenn sie nicht zum Großteil ein „mehr“ an Frische und Spielfreude offenbaren. Adams erlaubt sich kaum Durchhänger, geht mit viel Verve zur Sache und hatte offenbar, nicht zum Nachteil der Stücke, jede Menge Strokes im Frühstücksmüsli. Die Art, wie er bei „Dear Candy“ oder „Lovely And Blue“ den alternativen Casablancas gibt, kann durchaus überzeugen, und selbst wenn er die Emotionshappen „Ultraviolet Light“ und „Wasteland“ fast bonoesk verpackt, tut er dies gekonnt und die Songs enden nicht als platzfüllende Blaupausen. Für „Happy Birthday“ springt er wenig später sogar aus der Torte („I’m your birthday cake“) und im anrührenden „Kisses Start Wars“ hadert er einmal mehr mit der seiner Umwelt („Artificial flowers and TV remote-controls, I get lost, things change, people don’t ...“), als Leidensmann war er ja schon immer erstklassig.
Der zweite Teil ist dann zwar deutlich abwechslungsreicher, aber nicht eben besser gelungen – Adams testet hier eher als dass er brilliert und macht auch vor gewagten Grenzgängen nicht halt: ein wenig Math Metal ("No"), ein wenig Punk ("Numbers"), mal Stoner Rock ("Ice Breaker2) und mal gewöhnlichen Rockstandard ("Sewers At The Bottom...") – vieles davon hat tatsächlich nur B-Seiten-Charakter und versteckt sich zu Recht weiter hinten. „Typecast“ zwinkert humorvoll („Typecast, we play losers who keep falling in love with the wrong ones, typecast, what a show, why won't they cancel us, oh no ...“), während zum Abschluss Band und Frontmann in „Kill The Lights“ dem psychedelischen Affen Zucker geben – ein fast achtminütiger Bluesrockjam.
Eine Mogelpackung jedenfalls ist es beileibe nicht geworden, auch wenn es eine eingedampfte Version des Werkes auch getan hätte – die Devise „Alles muss raus!“ war hier wohl leider der vorweihnachtsliche Ideengeber. Bleibt abzuwarten, was dem talentgeplagten Alleskönner als Nächstes einfällt.
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