Rwanda, Kigali, 12 Mai 2014. Unsere erste Station auf unserem coffee trek war NAEB.
NAEB National Agricultural Export Development Board
Das National Agricultural Export Development Board. Wir besuchten die Divison Coffee. Begrüßt wurden wir von Dr. Gatarayiha Mutimura Celestin. Er ist Head of Coffee Divion und gab uns einen Überblick über den Kaffeemarkt in Ruanda.
Auf 43.000 Hektar (430 qkm) werden 20.000 t Rohkaffee produziert. Das entpricht einem Anteil von ca. 0,2 Prozent am Weltmarkt. Ruanda, etwa so groß wie Brandenburg, hat sich bedingt durch seine Größe auf den Spezialitätenkaffee-Markt fokussiert. Es ist aber wohl vor allem dem sogenannten PEARL-Projekt zu verdanken, dass sich eine qualitativ hochwertige und privat organisierte Spezialitätenkaffee-Industrie in Ruanda entwickeln konnte. PEARL ist eine kooperative Zusammenarbeit der Texas A&M, der U.S. Agency for International Development und Rwanda’s Ministry of Education.
Seit 2000 bildet PEARL junge ruandische Studenten im Bereich Agrarwissenschaften, Cupping und Qualitätsmanagement aus. Die meisten Menschen mit Erfahrung in diesem Bereich waren durch den Genozid 1994 geflohen oder umgekommen. PEARL baute auch neue “washing-stations”. Diese gibt es in Ruanda erst seit 2002 und sind ein wesentlicher Bestandteil der eingeschlagenen Qualitäts-Strategie des Herkunftslandes Ruanda. Im Vergleich zu 1990 verkauft man aktuell weniger Kaffee, dafür aber einen qualitativ hochwertigen, deutlich höherpreisigen Kaffee als vor dem Genozid. PEARL unterstützte auch die Gründung von Kooperativen, die der Schlüssel waren. Denn Kooperativen geben den Kaffee-Farmern mehr Kontrolle über ihren ökonimischen Erfolg und über die qualitative Weiterentwicklung des Kaffeeanbaus.
Die Preisentwicklung von Kirschen und Parchments für die Farmer zeigt nach oben (Stand: 2011)
Die rund 400.000 Farmer bauen ausschließlich die Arabica Sorte Bourbon Mayaguez, allgemein RED BOURBON genannt (eine Bourbon Unter-Varietät) an. Die Arabica-Varietät Bourbon stammte ursprünglich aus dem Jemen und wurde von den Franzosen auf der Insel Bourbon (heute Réunion) angebaut. Deutsche Missionare haben der Legende nach diese Bourbon-Untersorte 1903 nach Ruanda gebracht.
Neue Varietäten sind in der Erprobung. Nach Angaben von Dr. Celestin handelt es sich um “BM 71″ und “BM 72″. Es sollen Unter-Varietäten der Bourbon sein. Dazu die Population “POP 139″. Ein Hybrid oder eine Varietät aus Portugal (tiefergehende Recherche erforderlich).
Der beste Kaffee soll aus der West-Provinz Ruandas kommen
Die besten Anbaugebiete für ruandischen Spezialitätenkaffee sollen in der West-Provinz liegen, 1.600 m bis 2.000 m ü.d.M., entlang des Kiwu-Sees. 50 % des gesamten Kaffeeanbaus befinden sich im Westen. Bedingt durch den begrenzten Platz soll der Anbau von neuen Kaffeesträuchern – Aufzucht in Baumschulen – staatlich koordiniert und kontrolliert sein.
Landesweit gibt es nach Angaben von NAEB rund 225 sogenannte “Washing Stations” (Nassaufbereitungsanlagen). Hier wird der Kaffee von den Farmen angeliefert, geprüft, entpulpt, gewaschen, fermentiert, wieder gewaschen, auf Fehler untersucht und anschließend auf sogenannten “Betten” bis zu 4 Wochen sonnengetrocknet.
75 Prozent des Kaffees ist “fully washed” und 25 % ist semi-washed. Letzterer ist der sogenannte “ordinary coffee” der in die Schweiz exportiert und in kleinen Mengen auf dem lokalen Markt verkauft wird.
Zu Besuch bei Dr. Celestin, Head of Coffee Division (2. v.l.)
Die hochwertigen fully-washed Spezialitätenkaffees werden nach Japan, USA, Süd-Korea und in einige Länder Europas (u.a. UK, Skandinavien, Deutschland) exportiert.
Ruanda soll das erste Land in Afrika gewesen sein, das einen nationalen Cup of Excellence Wettbewerb vor fünf Jahren ausrichtete. Und seitdem regelmäßig veranstaltet. Hier werden die besten Spezialitätenkaffees von einer internationalen Jury in mehreren Stufen verkostet, bewertet und dann online weltweit versteigert.
Jede CoE-ausgezeichnete “Washing Station” kann nach meinen Recherchen nur einen Lot (25 bags à 60 kg) versteigern lassen. Für dieses Lot erzielt man Erlöse, die um ein vielfaches höher liegen als für die sehr gut bewerteten Spezialitätenkaffees (aktuell 3 bis 4 US$/lb) in Ruanda sonst bezahlt werden. Hauptsächlich dient der Cup of Excellence der Motivation, die eigene Kaffee-Qualität und damit auch die Verkaufspreise zu steigern und seinen Ruf als Kaffeeanbauer noch zu verbessern.
Qualitätskontrolle bei NAEB
Mit diesem Hintergrundwissen wurden wir zu einem Cupping eingeladen. Ing. Eric Ruganintwali, Director of Quality Control, Inspection and Standards Compliance unit begleitete uns zur Verkostung von fünf Spezialitätenkaffees ins NAEB Labor.
Eric Ruganintwali informierte uns hier, dass Ruanda in den nächsten zwei bis drei Jahren in Spezialitätenkaffee-Regionen (Appelation-Project) strukturiert werden soll. Nach Klima (Regen, Temperaturen, Luftfeuchtigkeit), Böden und Anbauhöhe soll der Kaffee im Cup-Profil dann klar abgrenzbar sein. Aktuell fehlen wohl noch die finanziellen Mittel sowie ein Experte, der das Projekt federführend planen und umsetzen kann.
NAEB Cupping-Lab zur Qualitätskontrolle
Zunächst zeigten uns die Laborantinnen das Procedere eines Cuppings, das der Qualitätskontrolle dient. Ein fruchtiger “Rusizi” mit einer schönen Süße, intensiv und ein sehr interessanter “Nyamasheke”, der schokoladig-nussige Noten hat, an gelbe Früchte (Stachelbeere) erinnert und vollmundig im Geschmack ist, stachen für mich heraus.
NAEB-Lab: Cupping Ergebnisse werden schriftlich festgehalten
Zum Abschluss unseres Besuchs warfen wir einen Blick in das Lagerhaus, wo gerade ein LKW mit frischen “Parchments” (Rohkaffee mit dem noch schützenden Silberhäutchen) angeliefert wurde. Dann ging es mit unseren Jeeps nach Musasa in die Nord-Provinz.
Kigali – auf dem Weg in Richtung Nord Provinz
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Rwanda, Musasa/Ruli (North Province), 12. Mai 2014. Bevor es in Richtung Lake Kiwu (West Province) ging, besuchten wir die “washing station” Musasa im Ruli District/North Province.
Kigali lag hinter uns. Und nach einigen Kilometern verließen wir vorerst auch die asphaltierte Straße.
Entlang des Nyabarongo Flusses in Richtung Musasa in der Nord Provinz
Entlang des Nyabarongo Flusses fuhren wir auf holprigen Wegen durch kleine Dörfer mit kargen Lehmhäusern, vielen Menschen, die neugierig zurückblickten, vorbei an Bananen-Plantagen, Maniok-Feldern (Maniokmehl zur Brotherstellung), Süßkartoffeln, Mais, Bohnen, Eukalyptus-Bäumen, wilden Kaffeebäumen, saftigen, grünen Landschaften.
Immer wieder winkende Kinder, die »Umuzungu, Umuzungu« riefen
Und kleine Kinder riefen freudig und winkend “Umuzungu, Umuzungu“, was übersetzt “Weiße” bedeutet. Nach einer mehrstündigen Fahrt kamen wir auf der ca. 1.800 m (ü.d.M.) hoch gelegenen washing station Musasa an.
Angekommen. Musasa. Unsere erste Washing Station in Ruanda
Musasa gehört zur Cooperative Dukunde kawa, was übersetzt so viel heißt wie “Let’s love coffee”. Über 2100 Mitglieder gehören der Cooperative Dukunde kawa an und bringen ihre Kaffee-Ernte hierher, um sie weiter zu verarbeiten.
General Manager Isaac (li.) im Gespräch mit Jaques (re.), der uns jede Frage übersetzt
Isaac, der General Manager, zeigte uns, wo der Kaffee der Farmer angeliefert und sortiert wird (u.a. keine grüne Kirschen, keine überreifen Kirschen) bevor er gewogen und eingestuft wird.
Nur die roten Kirschen kommen in die Aufbereitung
Jedes gelieferte Kaffeelot bekommt einen Code bevor er in die Nassaufbereitung geht. Die Kaffeekirschen, die an jedem Tag geliefert werden, bekommen eine Markierung, zum Beispiel; 12. Mai (1205). Diese Markierung begleitet den Kaffee durch den kompletten Prozess, so dass der Kaffee, bei Bedarf, bis zum Farmer zurückverfolgt werden kann.
Der Code-Zettel, der den gesamten Prozess begleitet
Auf der Musasa Washing Station sind knapp 230 Mitarbeiter in der Hochsaison beschäftigt, davon 94 % Frauen. Jeder Trocknungstisch hat zum Beispiel eine einzelne Person in der Verantwortung, die den Kaffee wendet, wenn es erforderlich ist. Und dafür sorgt, dass der Tisch frei ist für den nächsten Lot. Der Kaffee bleibt bis zu 21 Tage auf den Trocknungstischen, je nach Wetterlage.
Für jedes Lot ist eine Person verantwortlich, die Parchments regelmäßig zu wenden.
Nach der Trocknungszeit werden die Parchments in Säcke verpackt und im Lagerhaus zwischengelagert bis sie nach Kigali in die Dry Mill transportiert werden. Immer mit dem Code am Einlieferungstag versehen. Aktuell wird auf dem Areal eine Dry Mill gebaut, um den kompletten Wertschöpfungsprozess zu kontrollieren. Noch in dieser Saison soll sie in Betrieb gehen.
Musasa. Eindrucksvolle Washing Station mit hervorragenden Kaffees
Der Farmer erhält eine Quittung für den Kaffee, den er bei der Buchhaltungs-/Rechnungsstelle der Washing Station einreicht. Sie umfasst den Namen des Farmers, alle relevanten Daten wie Bankkontodetails, Sektor, Distrikt, Washing Station, Summe die bezahlt wird, Preis pro Kilogramm (hier aktuell 250 F/1 kg Kirschen), und sie wird dann vom Farmer gegen gezeichnet. Die Kooperative bietet seinen Mitgliedern auch einen Sparplansystem an, ihr Geld erst dann einzuziehen, wenn sie es benötigen. Oder sie können einen Vorschuss auf ihre zu erwartende Ernte bekommen.
Der aktuelle Verkaufpreis für den Export (fob – free on board) liegt bei 3 USD/lb (amerikanisches Pfund = 465 g)
Isaac präsentiert uns die Cup of Excellence Auszeichnungen der letzten Jahre
Dass die Kooperative Dukunde kawa exzellente Kaffees hat, stellt sie mit der erfolgreichen Teilnahme an den jährlich stattfindenden nationalen Cup of Excellence Wettbewerben immer wieder auf Neue unter Beweis. Im Besprechnungsraum präsentiert uns ISAAC die CoE-Auszeichnungen.
Auf insgesamt 336 Hektar Land befinden sich 840.000 Kaffeebäume. Jeder Farmer besitzt hier durchschnittlich 200 bis zu 600 Kaffeebäume. Jährlich werden 1.400 to Kirschen geernetet. Davon werden durchschnittlich 2.400 Sack à 60 kg Rohkaffee verarbeitet. Und in die USA, nach Japan, Süd-Korea oder auch nach Europa exportiert.
Die Trainingsfarm von Musasa
In der Nähe der Washing Station wurde eine kleine Trainingsfarm angelegt. Es ermöglicht den Farmern sich dort zu treffen und Erfahrungen über den Kaffeeanbau auszutauschen und zu lernen wie und warum man seine eigene Kenntnisse verbessern kann.
Neben Musasa/Ruli gibt es zwei weitere Washing Stations, MBilima und NKARA, die zu der Kooperative Dukunde kawa gehören.
Insgesamt hat uns das Musasa-Engagement sehr beeindruckt, wie sie den Farmern helfen, ihre Ergebnisse zu verbessern sowie besten Kaffee zu produzieren.
Sie versteht, wie wichtig die Aus- und Weiterbildung in einer genossenschaftlichen Gemeinschaft ist, vor allem da die Farmer oft keinen einfachen Zugang zu solchen Themen haben.
Beeindruckt machen wir uns auf dem Weg nach Rubavu an an Kiwu-See
Weiter ging die Fahrt in Richtung Westen, zum Lake Kiwu. Übernachtung im sehr ansprechenden Gorilla Hotel in Rubavu mit einem kleinen paradiesisch anmutendem Garten direkt am Kiwu-See. Fortsetzung folgt…