Von der nun kommenden Geschichte wissen wir nicht, ob sie sich genau so ereignet hat, wohl aber, dass sie sich genau so hätte ereignet haben können.
Eingeladen nach Sibirien, anlässlich einer gewaltigen Hochzeit, waren auch zwei Deutsche, Kommilitonen des Bräutigams. Die besten Freunde, sagt man dort, sind niemals Trinker und doch hatten die Deutschen die sonderlichsten Geschichten von den sonderbaren Trinkgewohnheiten ihres Gastgebers gehört, was aber alles – erfuhren sie ebenfalls – immer nicht so heiß gegessen werden muss, wie es gekocht wird.
Die wichtigsten Instruktionen vor der Feier kamen vom Bräutigam:
“Fürs Trinken gibt es feste Regeln. Deren Wichtigste ist: Gut essen ….”
Was sich banal anhört, beschreibt einen wesentlichen kultureller Unterschied. Die Deutschen trinken zum Essen. Russen essen zum Trinken.
Wir ersparen uns an dieser Stelle das Sammelsurium an weiteren Regeln, um auf den Punkt zu kommen, der die Pointe einleitet. Denn die Deutschen blieben ängstlich, zumal sie auch erfahren mussten, dass es die Höflichkeit gebietet, das erste Glas auf einer Hochzeit auf Ex zu trinken. Daher baten sie den Gastgeber präventiv, er möge ihnen doch ein Glas normales Wasser hinzu stellen, womit sie das Wässerchen – zumindest hinterher, im Magen – verdünnen wollten.
~
Hochzeit. Feier. Es ist angerichtet. Am Platz der Deutschen stehen zwei Gläser, gleich aussehend. Eines ist mit Самогон gefüllt, das andere mit Trinkwasser.
Einer der Deutschen hatte zuvor eine Idee. “Wenn ich mich verspäte”, glaubte er, “ist das Schlimmste vorbei”. So bleibt sein Platz anfangs leer. Worin der andere seine Chance sieht, indem er seinen Samogon gegen das Trinkwasser seines Freundes tauscht.
Die Gesellschaft wartet erst, dann – das Unvermeidliche tritt eisern ein – der erste Trinkspruch vom Brautvater, mit viel Pathos voretragen, dies und jenes bis endlich-endlich der letzte Gast erscheint.
Weshalb die Gesellschaft entsprechend der regeln “штрафной! – штрафной!” ruft und dem Delinquenten ein – symbolisches – Strafschnapsglas hingestellt wird.
NUN MUSS ER TRINKEN, vor aller Augen. Greift sich das erste Glas, leert es tatsächlich das Glas auf Ex, greift hastig zum zweiten Glas, in welchem er Trinkwasser vermutet, schüttete auch dieses in sich hinein, bemerkte trinkend den Inhalt – es ist “richtiger” Schnaps – und glaubt nun irrtümlicherweise
“Jolki-Palki!”
Ein russisches Bäuerlein staunt. Dass Deutsche so trunksüchtig ein können, hätte er nie vermutet.
~
Die Hochzeit blieb zum Glück ohne Folgen. Bereits nach zwei Tagen konnte der Deutsche wieder laufen und nach weniger als fünf Tagen war er wieder normal.
~
Der Deutsche war der Mann, der es schaffte, eine Russische Hochzeit bereits nach 1,5 Minuten voll abgefüllt verlassen zu haben (Anmerkung für Guinness-Buch der Rekorde)