Der Sonderfall schafft stets Bekanntschaft
Wie diesmal auch.
In einem Cafè sitzen er und ich. Er, ein Bekannter nun, einer der unlängst eine Kasachin zu sich “nach Hause” brachte, und ich, der jahrzehntelang mit einer Ukrainerin liiert.
Offenbar inzwischen so gewohnt, gab er gewisse Vorteile zum besten …
“Russinnen [sic!] sind ja sooo familiär!”
… und erklärt Herrn David Garrett, wie eine Violine funktioniert. Mit dem Stock kommen die Töne und Russinnen sind familiär.
Wahrscheinlich sind auch Kasachinnen familiär. Familiär wie die Sibirierinnen, die Burjatinnen, die Tatarinnen. Oder Türkinnen, vermute ich einfach so, ohne DAS zu wissen.
Aber einmal in Gedanken dabei, spinne ich die Fortsetzung. Eskimosinnen könnten ebenfalls familiär sein. Oder Inderinnen … – Alle Welt ist familiär, außer die Deutschinnen. Das Bezugssystem macht den Deutschen zum Sonderfall, der über die Norm staunt.
Dann wollte er noch etwas mit dem Sex mit Russinnen prahlen, was ich aber, noch ehe es mich nerven konnte, mit der einfachen Frage …
“sagtest du nicht, deine Frau kommt aus Kasachstan?”
… abwürgte.
Von da an ließ ich meinen Körper sprechen. Ich bin nämlich nicht zu beeindrucken, nicht mit solchen Themen. Und als er schließlich ein Foto zog, hatte ich ebenfalls eins zur Hand.
Dann wurde ich zum Experten, dem man die Fragen stellt:
“Was machst duuu eigentlich, wenn-se immer so….”
Die Fronten sind also klar, ich gebe Auskunft.
Er fragt:
“Sag-mal, spricht deine auch immer so laut, wenn sie einen Telefonhörer in der Hand hält? ~ Kann man da was dagegen tun? ~ Sonst isse-ja total nett, sie ist reizend, sie spricht angenehm. Aber wenn sie telefoniert, hört unsere Nachbarschaft mit.”
Das kommt oft vor, weiß ich.
Russinnen sind nämlich an großen Flüssen aufgewachsen, wie an der Wolga zum Beispiel, am Dnepr oder am Don. Sie heirateten. Eine Schwester lebte am linken, die andere am rechten Ufer. Wenn die sich also unterhalten wollten – Brücken gab es damals noch nicht! – brüllte eine der anderen die Neuigkeiten zu.
“Mascha, komm rüber, lass uns Plinsen backen!”
Der Lärm vererbte sich schließlich, so dass Russinnen auch nach der Erfindung des Telefons nicht von dem Verhalten ihrer Großmütter abkommen konnten. So dass sie bis heute brüllen, sogar beim Skypen. DAS RUSSISCH-BRÜLLEN IST GENETISCH BEDINGT.
Leider machte ihn mein leichtes Grinsen – das war ununterdrückbar! – misstrauisch.
“Jetzt willst du mich aber verarschen? Das ist doch alles nicht wahr?!”
Ja und nein.
Wahr ist auch, was so hätte sein können.