© GO GmbH
Bernd Rosin Lampertius zum Rundschreiben des Bundesversicherungsamtes:
Drum prüfe, wer sich ewig bindet …
Na ja, ewig ist vielleicht etwas übertrieben, aber gründlich prüfen sollte schon, wer aktuell beabsichtigt, einem Vertrag beizutreten. So hat das vieldiskutierte Rundschreiben des Bundesversicherungsamtes (BVA) Maßstäbe gesetzt, an dem die Mitglieder ihre Verbände messen werden.
Wobei man allerdings etwas zwischen Alt- und Neuverträgen unterscheiden muss.
Verträge, die vor dem BVA-Rundschreiben abgeschlossen wurden, sind ja nicht per se nichtig und gelten erst mal weiter. Fragwürdig ist dies aber bei neuen Verträgen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Zertifizierungspflicht und die Pflicht zum elektronischen Kostenvoranschlag (eKV), eventuell noch gesteigert durch die Pflicht, diesen ausschließlich über einen Dienstleister abzuwickeln.
Insofern erstaunt es außerordentlich, dass offensichtlich Verbände aktuell Verträge mit der AOK Rheinland/Hamburg abschließen, die weiterhin eine Zertifizierungspflicht beinhalten sowie Vertragsstrafen, die über die Vorgaben des BVA hinausgehen. Besonders pikant wird es aber dadurch, dass damit Betriebe, die nicht zertifiziert sind, von der Versorgung ausgeschlossen werden, mit ziemlicher Sicherheit ein Verstoß gegen Artikel 12 des Grundgesetzes.
Fassen wir noch einmal die Situation bezüglich der Zertifizierung zusammen:
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat im vorletzten Jahr entschieden deutlich gemacht, dass es zumindest für Kleinstbetriebe eine Zertifizierungspflicht entschieden ablehnt. In den Präqualifizierungskriterien ist eine Zertifizierung nicht vorgesehen. Sie können sich also präqualifizieren lassen, ohne zertifiziert zu sein.
Die oberste Aufsichtsbehörde hat in einem Rundschreiben an die Kassen klargestellt, dass die einseitige Vorgabe seitens der Krankenkasse, dass als Vertragspartner nur zertifizierte Leistungsgerbringer in Betracht kommen, nicht zulässig ist. Daher dürfte der Ausschluss von Leistungserbringern über den Weg der Zertifizierung mit ziemlicher Sicherheit verfassungswidrig sein.
Entscheiden Sie daher selbst, wie wahrscheinlich es ist, dass Kassen unter diesen Vorgaben eine Pflichtzertifizierung endgültig durchsetzen können.
Treten Sie allerdings einem Vertrag mit einer derartigen Klausel bei, können Sie nicht mehr darauf hoffen, dass Ihnen hier kurzfristig geholfen wird. Drum prüfe, wer sich über einen längeren Zeitraum bindet und sollte zunächst die weitere Entwicklung abwarten.
Daher erstaunt es auch nicht weiter, dass Verbände, die ganz entschieden auf die Einhaltung der BVA-Vorgaben drängen, wie beispielsweise die IGOS-NRW, mit Anfragen überhäuft werden. Denn mit dem BVA-Rundschreiben sind auch Erwartungen geweckt worden, die sich zwar nicht in jedem Fall werden umsetzen lassen, in einigen Fällen aber schon.
So wurde vor kurzem darauf aufmerksam gemacht, dass theoretisch und in letzter Konsequenz auch der Vorstand einer Kasse in „Beugehaft“ genommen werden könnte, wenn seine Kasse, die Vorgaben der Aufsichtsbehörde nicht umsetzt.
Auch wenn dies extrem unwahrscheinlich ist, zumindest die Vorstellung erwärmt das geschundene Leistungserbringerherz ein wenig.