Rumänen wollen kein Gold und kein Schiefergas

Von Nu

Die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien (ADZ) berichtete am Wochenende: “Die zu Wochenbeginn ausgebrochenen Proteste der Bewohner der Gemeinde Pungeşti im Landeskreis Vaslui gegen die Aufstellung von Bohrsonden des US-Konzerns Chevron haben den Protestlern am Mittwoch einen ersten Etappensieg beschert: Der US-Konzern zog am Abend seine mit Anlagenteilen beladenen Laster vorerst ab, nachdem etwa 200 Dörfler die Zufahrtsstraße zum Prospektionsareal stundenlang blockiert hatten. Chevron hatte von den rumänischen Behörden zu Monatsbeginn die letzten Genehmigungen für seine geplanten Schiefergas-Explorationen erhalten.”
Auch der Goldabbau im Apuseni-Gebirge, in Rosia Montana, stößt auf immer mehr Widerstand der Bürger und Bürgerinnen. Zur Zeit liegt eine Gesetzesvorlage der Regierung zum umstrittenen Goldprojekt im Sonderausschuss des Parlaments. Dieser Sonderausschuss hat nicht erwartungsgemäß die Gesetzesvorlage abgenickt, sondern „komplett überarbeitet“. “Da der Sonderausschuss damit einen Befund zum Goldprojekt Roşia Montană bewusst vermied, obliegt die Entscheidung über Projektstart oder -aus nun wieder der Regierung, die es vorgezogen hatte, diese Kastanien von der Legislative aus dem Feuer holen zu lassen”, schreibt die ADZ.
Alles wäre schon längst abgesegnet, wenn die Bevölkerung sich in letzter Zeit nicht erheblich emanzipiert hätte und mitreden will über Projekte, die die Zukunft einiger Regionen erheblich belasten und mit vielen Risiken verbunden sind. Und das obwohl die Regierung versucht, die Protestierenden als Terroristen oder Extremisten abzustempeln. In Câmpeni, im Apuseni-Gebirge, haben sich vor kurzem Protestierende aus allen Teilen Rumäniens zusammengetan und bei ihrem Treffen die Erklärung von Campeni verfasst. In dieser Erklärung stellt die Bürgerbewegung der Bewohner des Motzenlandes 12 Forderungen. Unter anderem wird verlangt, dass das Parlament alle Gesetzesvorhaben ablehnt, die besondere Maßnahmen zur Enteignung rumänischer Bürger vorsieht, ebenso wie abweichende Regelungen der bestehenden Gesetzeslage zum Schutz der Umwelt, des kulturelle Erbes, des Wasser und öffentlicher Güter zugunsten des Bergbaus; das gesetzliche Verbot zur Anwendung von Cyanid beim Bergbau; der Einbezug von Rosia Montana auf der Vorschlagsliste für das Weltkulturerbe. Daneben verlangen sie noch den Rücktritt der Minister, die das Sondergesetz für Rosia Montana in das Parlament eingebracht haben.
Während die Rosia Montana-Bewegung immer mehr Gewicht gewinnt und von den rumänischen Medien und der Regierung inzwischen auch ernst genommen wird, haben die Protestierer gegen das Schiefergas in Pungeşti noch einen schweren Stand. Es ist bisher nur ein Dorf, das gegen das Schiefergas aufgestanden ist. Bei den Protesten kam ein Demonstrant ums Leben. Die Medien und die Regierung machen gegen diese Leute Stimmung. Vorab wird den Protestierenden vorgeworfen, dass ihr Anführer ein Bischof der orthodoxen Kirche ist. Im ansonsten bigotten und abergläubischen Rumänien plötzlich ein Makel. Der weitere Vorwurf wiegt schwerer: Sogar Staatspräsident Basescu wirft den Protestierern vor, dass sie das Geschäft des russischen Gazprom-Konzerns erledigen. Rumänien ist nämlich vom russischen Gas abhängig und damit unterstellt man den Russen, dass sie ein elementares Interesse daran haben zu verhindern, dass Rumänien sich über das Schiefergas vom russischen Gas unabhängig macht. Das Misstrauen gegenüber den Russen macht viele blind für die Gefahren der Schiefergasförderung. Deshalb ist nach Meinung von Kommentatoren die Lage in Rumänien verschieden zu anderswo. So schreibt Gabriel Bejan in der Romania Libera: “Mit anderen Worten, Franzosen oder Kanadier können es sich erlauben, sich die Hände nicht mit unkonventionellen Technologien schmutzig zu machen, aber dasselbe kann man für Rumänien, das den Russen für das teuerste Gas Europas zahlen muss, nicht sagen.”
So werden die Dörfler in Pungeşti mit einem kalten Wind aus Bukarest konfrontiert. Sie fürchten aber nach den bisherigen Berichten aus aller Welt zur Schiefergasförderung, dass man ihnen das Risiko zumutet, dass ihre natürlichen Ressourcen gefährdet werden. Sie möchten lieber sauberes Wasser trinken, das Vieh bedenkenlos weiden und ihre Früchte ernten zu können statt Energielieferant für Industrie und Großstädte zu werden.
Informationsquelle
Cine poate opri "revoluţia" de la Pungeşti – Romania Libera
Proclamaţia de la Câmpeni împotriva Roşia Montană