Rudolf Jahns: Im Zeichen der Linie

Von Helge

Rudolf Jahns: Im Zeichen der Linie - Sprengelmuseum Hannover noch bis 10. Februar 2013

Rudolf Jahns erneut im Sprengelmuseum in Hannover - dieses Mal geht es um Arbeiten auf Papier. Nur noch bis zum 10. Februar 2013

Um die Jahreswende 2006 - 2007 hatte es bereits einmal eine Ausstellung mit Werken von Rudolf Jahns gegeben - ich war damals begeistert, was in meinem Bericht in diesem Kulturblog, denke ich,  zum Ausdruck kam. Darin hatte ich auch als persönliche Wahl einige Bildbeispiele zeigen können, die diesmal nicht zur Verfügung stehen. Bitte, auch diese anschauen!

Seinerzeit standen Gemälde im Vordergrund.
"Im Gleichgewicht zwischen Abstraktion und Erkennbarkeit" hatte ich meinen Artikel überschrieben - das lässt sich auf die gegenwärtige Ausstellung auch anwenden, denn dies ist für mich das Faszinierende an Jahns: wie er Abstraktion und Gegenständlichkeit verbindet. Ein für mich überzeugendes und "schönes" Beispiel ist der Linolschnitt "Akt mit Krügen" von 1958:


Dieses Mal wird mit etwa 100 Arbeiten ein Ausschnitt aus dem selten gezeigten grafischen Werk Rudolf Jahns' gezeigt. Dazu wird wie ein Motto eine Aussage Jahns' aus dem Jahre 1963 zitiert: "Linien leben, sind Eigen-Wesen und sagen aus". Schon 1921 hatte er bemerkt: "Die Zeichnung ist mehr als das Gemalte". Beide Aussagen lassen erkennen, dass Zeichnungen für ihn einen höheren - eigenständigen - Stellenwert hatten als gemeinhin üblich. So sind die zeichnerischen Arbeiten in der Ausstellung auch nicht als Vorarbeiten zu Gemälden anzusehen, sondern als eigenständige Kunstform, die eher im Zusammenhang mit anderen Papierarbeiten steht. Außer Zeichnungen und Druckgrafiken werden auch Collagen gezeigt - hier zwei Beispiele von 1958 und zum Vergleich eine frühe Kohlezeichnung einer Landschaft mit Bäumen und Menschen von 1920:


  


(Durch Anklicken mit der linken Maustaste kann mensch sich die Bilder vergößert anzeigen lassen.)

 Der Lebenslauf Rudolf Jahns', der 1896 in Wolfenbüttel geboren wurde und von 1920 bis zu seinem Tode 1983 in Holzminden lebte, zeigt einige bemerkenswerte Züge: Seinen Berufswunsch, Architekt oder Maler zu werden, konnte er nicht verwirklichen; auf "Wunsch" des Vaters schlug er eine Beamtenlaufbahn beim Zoll ein - was ihm zwar materielle Sicherheit, aber keinerlei Erfüllung gab. Zweimal hat Jahns eine Kriegs- und Nachkriegszeit erlebt. Im Ersten Weltkrieg war er Soldat; während des Naziregimes, als abstrakte Malerei verboten war, malte er weiter, in erster Linie Landschaftsmotive (oft gab es auf der Gemälderückseite konstruktiv gemalte Kompositionen).

Durch die Gemälde der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts ist Jahns bisher am meisten bekannt. Er stand damals mit vielen Künstlerkollegen in Verbindung, u.a. verband ihn eine Freundschaft mit Kurt Schwitters, und begründete mit anderen zusammen "die abstrakten hannover" (nach Eigenaussage ein Zusammenschluss von Individualisten). Damals war Hannover ein Zentrum der internationalen Avantgarde! Die zweite Nachkriegszeit begann mit großer Skepsis gegenüber dem Kunstbetrieb und dem künstlerischen Neuanfang in Deutschland. Doch kam er in den späten 50er und 60er Jahren noch einmal in Phasen großer Schaffenskraft (wobei er früher gebrauchte Techniken wie Collage und Linolschnitt wieder aufgreift), die auch von vielen Studienreisen inspiriert waren.

"Im Zeichen der Linie - Die Entwicklung der Arbeiten auf Papier" entstand in Zusammenarbeit mit der Rudolf-Jahns-Stiftung, der die Tochter des Künstlers, Barbara Roselieb-Jahns, vorsteht; sie hat wesentlich mitgestaltet und war auch bei der Eröffnung anwesend. Weitere Informationen auf der Netzseite des Museums unter "Ausstellungen".

Die Ausstellung noch zu besuchen möchte ich dringend empfehlen. Sie ist in dem Gebäude nicht ganz einfach zu finden, aber das freundliche Personal hilft weiter.

Abschließend sei hier ein Aquarell von 1956 mit Blick auf die Dächer gezeigt, das mir gut gefällt - es ist einbezogen, weil es auf Papier gemalt wurde.


Text: Dr. Helge Mücke, Hannover, gelegentlich unter Verwendung der Pressetexte. Die Bilder wurden vom Sprengelmuseum für Berichte wie dieser zur Verfügung gestellt, sie können nicht frei verwendet werden.

Die Bilder von oben nach unten: Rudolf Jahns, Akt mit Krügen, 1958, Linolschnitt, 21,5 x 16 cm, Rudolf Jahns Stiftung, Fotograf: Aline Gwose / Michael Herling, Sprengel Museum Hannover © VG Bild-Kunst, Bonn 2012; Rudolf Jahns, Collage No. 7 (Max), 1958, Collage, 17,7 x 13,7 cm, Rudolf Jahns Stiftung, Fotograf: Aline Gwose / Michael Herling, Sprengel Museum Hannover © VG Bild-Kunst, Bonn 2012; Rudolf Jahns, Japanisch (No. I/9), 1958, Collage, 15 x 12 cm, Rudolf Jahns Stiftung, Fotograf: Aline Gwose / Michael Herling, Sprengel Museum Hannover  © VG Bild-Kunst, Bonn 2012; Rudolf Jahns, Landschaft mit Bäumen und Menschen, 1920, Kohle auf Papier, 24,5 x 25 cm, Rudolf Jahns Stiftung, Fotograf: Aline Gwose / Michael Herling, Sprengel Museum Hannover © VG Bild-Kunst, Bonn 2012; Rudolf Jahns, Blick auf die Dächer, 1956, Aquarell auf Papier, 25 x 17 cm, Rudolf Jahns Stiftung, Fotograf: Aline Gwose / Michael Herling, Sprengel Museum Hannover  © VG Bild-Kunst, Bonn 2012