Rückeroberung

Sie war meine absolute Traumküche, entworfen nach meinen Wünschen. Riesige Arbeitsfläche, warmes Orange, der Hygiene zuliebe eine Chromstahlabdeckung, die ich täglich blitzblank polierte, ein Regal, das zumindest einen Teil meiner Kochbüchersammlung zu fassen vermochte, ein extrabreites Kochfeld und ein Regal, an dem sich Kochlöffel, Schneebesen & Co. aufhängen liessen. Die perfekte Küche also, die jedoch einen entscheidenden Nachteil hat: Sie bietet zu wenig Stauraum für grosse Futtermengen und hohe Tellerstspel. Eines Tages entschieden wir uns also schweren Herzens dazu, die Küche in der unteren Etage zu benützen, denn diese hat nicht nur einem grossen Vorratsraum, sondern auch Schränke, die fast bis zur Zimmerdecke reichen. Seit jenem traurigen Tag ging es mit meiner geliebten Küche stetig bergab:

Zuerst diente sie noch als Produktionsstätte für hausgemachte Pasta,…
….dann wurde sie zur Filiale der Kinderpost,…
….etwas später nahm “Meiner” sie als Atelier und Werkstatt ein,…
….dann kam die Zeit, als wir dort unser schmutziges Geschirr wuschen, weil unten der Geschirrspüler kaputt war,…
….”Meiner” streute seine Mehbotschaften….
….alles, was unten keinen Platz mehr fand, wurde oben zwischengelagert….
…..und das Schlimmste war, dass die untere Küche dabei aus allen Nähten platzte.
Ein trauriges Bild, ihr könnt mir glauben.

Heute, als ich zur Mühle fuhr, um mich mit Mehlvorräten einzudecken, fasste ich einen Entschluss: Ich will meine Küche zurückhaben. Ich will einen Raum, in dem…

…mein Sauerteig ungestört vor sich hin versauern kann.
…die Backformen so verstaut sind, dass ich sie nicht zuerst unter Schimpfen und Jammern hervorkramen muss, ehe ich backen kann.
…für jede nur erdenkliche Mehlsorte Platz ist.
…Getreidemühle und Küchenmaschine jederzeit einsatzbereit herumstehen dürfen.
…leere Einmachgläser ihren Schrank haben, in dem sie herumstehen dürfen, bis sie wieder gefüllt werden.
…die Teigwarenmaschine wieder gebraucht wird.
…keiner meine Küchenutensilien als Spielzeug missbraucht.
…ich meinen im Familienalltag krampfhaft unterdrückten Perfektionismus ungehindert freilassen kann, ohne dass er den anderen auf die Nerven fällt.
…Familie und Gäste am Tisch sitzen und sich mit mir unterhalten können, währenddem ich den Teig knete.

Fragt mich nicht, woher ich die Energie dazu genommen habe, aber irgendwie habe ich es geschafft, mit der Rückeroberung meiner Küche nicht nur anzufangen, sondern sie auch fast abzuschliessen. Noch gibt es einige Dinge zu verstauen, der Boden muss mich geputzt und ein paar Kleinigkeiten müssen noch angeschafft werden. Dann wird sie wieder mein sein, die Küche, die einst nach meinen Wünschen entworfen wurde. Mich dünkt, ich hätte mir nicht bloss meine Küche zurückerobert, sondern auch einen Teil meiner selbst, ein Teil, der in den vergangenen turbulenten Jahren kaum Gelegenheit hatte, sich bemerkbar zu machen.

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