Vor einigen Tagen habe ich darüber geschrieben, wie sich in unserem Alltag die Anzeichen mehren, dass ich dabei bin, mein überhöhtes Lebenstempo endlich zu drosseln. Ein gutes Gefühl, hasse ich es doch, wenn ich nur noch auf das, was sich mir in den Weg stellt, reagieren kann, anstatt zu bestimmen, was wann drankommt. Nun ja, mit fünf Kindern sind die Tage, die so ablaufen, wie ich sie in den frühen Morgenstunden plane, äusserst selten, aber zumindest möchte ich halbwegs das Gefühl haben, dass ich den Überblick behalten kann über das, was getan werden muss. Mir scheint, dass ich diesem Zustand wieder näher bin als auch schon. Und je näher ich diesem Zustand komme, umso mehr muss ich der beunruhigenden Tatsache ins Auge sehen, dass ich sehr weit davon entfernt war, mein Leben nur halbwegs im Griff zu haben.
Wie, ihr möchtet gerne Beispiele hören, weil mein Geschreibsel etwas abgehoben und theoretisch daherkommt? Nun gut, dann werden wir eben ganz praktisch: Im Badezimmer türmt sich ein Wäscheberg, der so langsam zu müffeln beginnt. „Meiner“, der mir in den Monaten, die ich im schwarzen Loch verbracht habe, tatkräftig unter die Arme gegriffen hat, ignoriert den Berg seit Tagen. Nicht, weil er findet, das sei jetzt wieder mein Job, sondern ganz einfach, weil er nun dran ist mit „mir wächst das alles über den Kopf“. Also muss ich ran. Mein erster Gedanke, als ich den Wäscheberg unter die Lupe nehme: „Das schaffe ich nicht!“ Ein Gedanke, der mir im schwarzen Loch zum Motto des Tages geworden war. Aber weil ich weiss, dass ich muss, mache ich mich dran, die Wäsche zu sortieren, etwas, was „Meiner“ übrigens nie tut, was mir ganz schrecklich auf die Nerven fällt. Doch wer nicht wäscht, soll nicht motzen, also habe ich es mir abgewöhnt, ihm deswegen in den Ohren zu liegen. Jetzt aber bin, wie bereits zweimal erwähnt, ich dran (Ihr seht, ich bin inzwischen soweit, dass ich Applaus erwarte für die banalste aller Hausarbeiten.) und so wird die Wäsche wieder nach Farben sortiert, der blaue Berg landet in der einen Waschmaschine, der rote in der anderen, der Grüne und der Graubraunschwarzhässlichemikrofaserlappenberg warten brav vor den Waschmaschinen, bis sie an die Reihe kommen. Wenige Stunden später ist der ganze Wäscheberg verschwunden, es duftet überall nach frisch gewaschener Wäsche, die Kinder helfen beim Aufhängen und ich habe gar die grandiose Idee, einen zusätzlichen Wäscheständer aus dem Keller zu holen, damit wir nicht immer alles über Stuhllehnen und Salontischchen zum Trocknen ausbreiten müssen.
So einfach war das und ich klopfe mir voller Stolz auf die Schulter, weil ich das einfach so nebenbei geschafft habe. Wenn ihr jetzt denkt, dass ich vollkommen übergeschnappt bin, weil ich euch mit derart alltäglichem Mist belästige, dem muss ich leider sagen, dass genau dies für mich nicht mehr alltäglich war. Genauso wenig wie die Küche nach dem Essen wieder in einen halbwegs anständigen Zustand zu bringen, die Grünabfälle zu entsorgen, bevor sie zu leben beginnen und sich von alleine aus dem Staub machen oder diesen lästigen Fleck Vanillepudding im Kühlschrank wegzuwischen. Das Verrückte daran ist, dass ich jedesmal, wenn ich mir wieder einen kleinen Flecken Haushalt zurückerobert habe – nicht, dass ich im Sinne hätte, hier jemals wieder die Alleinherrschaft an mich zu reissen – , das Gefühl habe, ich hätte unglaublich Grosses geleistet. Das, was zum Familienleben einfach so dazugehören würde, erschien mir über Monate so unüberwindbar, dass ich jetzt, wo ich wieder den Mut aufbringen kann, mich der Dinge anzunehmen, so etwas wie Stolz empfinde, wenn ich es geschafft habe, die Arbeit zu Ende zu bringen. Ich weiss, das klingt ziemlich durchgedreht, aber so ist das nun mal, wenn eine Hausfrau, die ohnehin nicht mit allzu vielen praktischen Talenten ausgestattet ist, sich aus dem schwarzen Loch zurück in den Alltag kämpfen muss.
Ach ja, und falls sich jemand darüber aufregt, dass ich von zwei Waschmaschinen schreibe, der kann sich beruhigen: Nur eine davon gehört uns, die andere gehört zur Grundausstattung des Hauses und wird nur dann in Betrieb genommen, wenn der Wäscheberg sich langsam aber sicher der Zimmerdecke nähert.