Die Kleine ist jetzt mit 3 Jahren und knapp 2 Monaten so alt wie der Große damals, als er das erste Mal bei den Großeltern übernachtete. Bei ihm damals kam es uns spät vor, wir hatten sehr lange gewartet, bis er sich in unseren Augen entsprechend von uns lösen konnte und stabil genug für so eine unsichere Situation war. Bei der Kleinen dagegen liegt solch eine Unternehmung in noch weiterer Ferne, hat sie doch bisher bis auf zwei Mal selbst das Einschlafen mit Papa nicht zugelassen, egal ob ich da war oder weg. Zur Kita-Übernachtung ihrer Gruppe hatten wir sie deshalb abgemeldet. Es wird sicherlich - trotz meiner großen Hoffnungen - noch eine Weile dauern, bis sie das erste Mal auswärtig übernachtet.
Dazu kommt, dass ihr Bezug zu den Großeltern (meinen Eltern) lange nicht so stark ist wie beim Großen. Er hatte als erstes Enkelkind eine besondere Stellung und von Anfang an einen Draht zu meinem Papa. Das machte das Risikothema "Großelternübernachtung" im Vergleich etwas einfacher, zumindest was die Bindung betrifft. Trotzdem hatte auch er durch die Entfernung und die seltenen Besuche keinen alltäglichen und vor allem keinen längeren Kontakt zu ihnen und war sehr lange ein schlechter Schläfer. Er war und ist sehr stark auf seine Rituale fixiert und kam mit Umstellungen immer schlecht klar. Das waren einige der Gründe, weshalb wir ihn erst mit über 3 Jahren bei den Großeltern übernachten ließen. Niemals hätte ich ihn ins kalte Wasser geworfen und das einfach ausprobiert, nur weil wir es uns vielleicht wünschten oder nötig hatten. Ich wollte warten, bis er soweit war und spürte irgendwie, dass dann der richtige Zeitpunkt da war.
Die Entfernung von knapp 300 km war uns zu heikel, um ihn beim ersten Mal allein dortzulassen und wieder nach Berlin zurück zu fahren. Wir hätten ja im Notfall gar nicht reagieren können. Deshalb nutzten wir dafür bewusst einen kleinen Urlaub in unserem "Stamm-Ferienpark", der nur ca. 1 h entfernt vom Wohnort meiner Eltern ist. Wir fuhren mittags gemeinsam zu ihnen, hatten den Großen immer wieder vorbereitet, dass er zum ersten Mal allein bei Oma und Opa schlafen sollte. Am Nachmittag spielten wir noch alle zusammen im Garten und beobachteten, ob der Große sich lösen und schnell Kontakt zu den Großeltern aufbauen würde. Hätte ich nur geringste Zweifel gehabt, hätten wir ihn wieder mitgenommen. So aber harmonierten alle wunderbar und am frühen Abend verabschiedeten wir uns und ließen ihn zurück. Einige uns wichtige Grundregeln wie die Einhaltung seines Rhythmus' (Schlafens- und Essenszeiten), kein TV etc. hatten wir deutlich kommuniziert und vertrauten auch auf deren Einhaltung.
Mit der damals knapp einjährigen Kleinen marschierten wir zu dritt zum Auto und fuhren zurück in unseren Ferienpark. Meinem Mann standen immer wieder die Tränen in den Augen. Ich selbst war wie versteinert, eine tonnenschwere Last fiel von mir ab. Man muss dazu sagen, dass der Große zu diesem Zeitpunkt das letzte Aufbäumen seiner Autonomiephase durchlebte und uns wirklich in den Wahnsinn trieb. Ein Tag mit ihm bestand damals aus hunderten von "Böse Mama/ böser Papa", "Kacke kacke kacke", "Du Popel" und weiteren Nettigkeiten wie dem Ärgern der kleinen Schwester. Der Abschied fiel mir deshalb ehrlich gesagt nicht besonders schwer und ich habe den Abstand von ihm wirklich gebraucht. Trotzdem machte ich mir natürlich Sorgen und Gedanken um sein (seelisches) Befinden. Mir war bewusst, dass er sich enorm anpassen und verbiegen musste.
Leider bekamen wir am ersten Abend keine Rückmeldung von meinen Eltern und erst auf Nachfrage hörten wir am nächsten Tag, dass er gut und sogar bis 7:30 Uhr geschlafen hätte. Er war immer ein Frühaufsteher, seine übliche Zeit ist eigentlich gegen 6:00 Uhr. Ich war richtig neidisch und auch ein wenig sauer, dass er dort seine Schokoladenseite zeigte. Vielleicht hat er sich aber auch einfach nur nicht aus dem Kinderzimmer herausgetraut, in der fremden Umgebung? Da alles gut verlaufen war, blieb er noch eine weitere Nacht und am Tag darauf brachten ihn meine Eltern wieder zu uns zurück.
Die anderthalb Tage mit der Kleinen allein hatten wir genossen, es war super entspannt, wir konnten uns gut abwechseln und gegenseitig Pausen ermöglichen. Das war dann auch das erste Mal, dass uns der Unterschied zwischen einem und zwei Kindern so richtig bewusst wurde. Es war soviel ruhiger und mental entspannter. Als er wieder kam, freuten wir uns, dass alles so gut geklappt hatte und wurden wie so oft Zeugen davon, dass er dem Wiedersehen scheinbar nichts abgewinnen konnte. Er nahm ziemlich schnell wieder sein vorheriges Verhalten auf und focht mit sich und mit uns die Kämpfe seiner langsam, aber sicher endenden Autonomiephase aus.
Die Großeltern waren übrigens voll des Lobes über ihn, berichteten zwar, dass es gegen Ende etwas schwieriger mit ihm wurde, aber in keinster Weise über Herausforderungen, wie wir sie täglich mit ihm hatten. Die Bindung zum Opa konnte ihm da sicherlich über den Trennungsschmerz und Anpassungsdruck hinweghelfen. Das zweimalige lange Ausschlafen war übrigens bei der nächsten Großelternübernachtung schon Vergangenheit, auch sie hatten schon öfter das Vergnügen, vor 6 Uhr mit ihm aufzustehen. In der ersten Nacht hatte er durchgeschlafen, in der zweiten nicht. Seitdem finden die Großelternübernachtungen leider nur in sehr unregelmäßigen Abständen statt. Die Entfernung macht es nicht leichter und da der Große seinerseits auch nicht aktiv fragt, beschränken sie sich auf ein Minimum. Das letzte Mal war im Dezember 2015.
Was die Kleine angeht, die jetzt im gleichen Alter ist wie der Große damals, so könnte ich mir eine Großelternübernachtung zwar alters- und entwicklungsmäßig einerseits sehr gut vorstellen, da sie sehr bewusst und deutlich beim Äußern ihrer Bedürfnisse ist. Aber die Tatsache, dass sie weiterhin nur mit mir (ein-)schläft, macht das natürlich unmöglich. Auch mit dem Großen zusammen möchte sie es nicht machen, das habe ich sie schon oft gefragt. Ich habe schon allein mit den Kindern bei meinen Eltern übernachtet, um sie ein wenig daran zu gewöhnen, aber es reizt sie nichts daran. Wenn man sich im Freundeskreis umhört, ist es schon bei vielen deutlich jüngeren Kindern normal, regelmäßig bei den Großeltern zu schlafen. Aber erzwingen können wir das natürlich nicht. Beim Großen glaube ich, dass es damals ein guter, für ihn passender Zeitpunkt war. Bei der Kleinen wird dieser Zeitpunkt hoffentlich noch kommen.
In welchem Alter haben eure Kinder das erste Mal bei den Großeltern übernachtet? Wie klappte das? Wie habt ihr euch dabei gefühlt? Findet das jetzt regelmäßig statt oder so selten wie bei uns? Fragen die Kinder selbst danach?