Einem Roman vorzuwerfen, er wäre konstruiert, zeugt von Ahnungslosigkeit. Wer sich jemals mit Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften" beschäftigt hat, weiss, mit welch mathematischer Akribie der Dichter an der Architektur seines Mammutwerks gearbeitet hat. Rosamunde Pilchers Romanen muss man aber vorwerfen, dass die Konstruktion sich vor die Dichtung schiebt.
Der ZDF-Zweiteiler "Die andere Frau" kann, trotz aufwändiger Produktion und ambitionierten schauspielerischen Leistungen, nicht verbergen, wie schlicht die Vorstellungswelt der Autorin eigentlich ist. Ihren Erfolg macht aus, das die Zuschauerinnen - dass Männer sich freiwillig soviel Herzkino antun, darf von vornherein ausgeschlossen werden - immer mit denselben Klischees bedient werden: begüterter, in Villen oder Schlössern lebender britischer Mittelstand bringt andrer Leute Arbeitstag damit zu, über das Leben im Allgemeinen und die Liebe im Besonderen zu reflektieren, wobei der eine oder andere Schicksalsschlag die Idylle romanverlängernd bedroht.
Der Mann ist, aus der Pilcher-Sicht, an sich ein Schwein. In "Die andere Frau" spricht die trauernde Witwe Rebecca Kendall von ihrem bei einem Flugzeugunglück getöteten Ehemann von der Intensität, mit der dieser Wirklichkeit erfahren habe:"Es hätte für zwei Leben gereicht." Zu diesem Zeitpunkt ahnt die gute Frau noch nicht, dass ihr Mann tatsächlich ein bigamistisches Doppelleben geführt hat. Auch der Vater der anderen Ehefrau hatte seine Familie im Stich gelassen. Höhepunkt des virilen Bösen ist allerdings der fiese Bruder des Verunglückten: Rupert Everetts darstellerische Leistung besteht tatsächlich darin, stereotyp böse drein zu schauen .
Doch, es gibt ihn auch, den guten Mann: ein aus Afghanistan zurückgekehrter Kriegsheld, der in das satte Grün der britischen Parklandschaften - wie immer gerne aus der Luft aufgenommen- einen Hauch von Aktualität bringt. Diesmal lassen es die Pilcher und das Filmteam wirklich an nichts fehlen: Teenager-und Seniorenliebe, Polo, Ballett, Goldsuche in Kanada, London , Cotswolds , Intrigen und Betrug... Wir wollen es gut sein lassen und uns eine der unzähligen Pilcher-Merksätze zu Herzen nehmen: Trage nicht zu viel Bitterkeit mit dir herum, das nagt am Menschen. ZDF, "Die andere Frau", 1.Teil: Sonntag, 23.12., 20 Uhr 15 2.Teil:Dienstag,25.12, 20 Uhr 15