Rohrkrepierer

Erstellt am 18. November 2011 von Andramas

Es gibt unterschiedliche Technologien mit einem missglückten Witz umzugehen. Harald Schmidt kennt mindestens eine davon. Wenn das Publikum der Schmidt-Show nicht ausreichend lachen sollte, wiederholt Herr Schmidt den Rohrkrepierer erneut, mit anderen Worten oder als Running Gag, und siehe da: Die Zuschauer lachen dann doch, weil – so glaube ich, den Schmidtschen Trick durchschaut zu haben – sich unbewusst das Gefühl breit macht, ER könne vielleicht glauben, wer noch immer nicht lache, habe das Witzelchen nicht verstanden. So lacht schließlich der Saal, nur um zu signalisieren – Ja, auch wir haben es kapiert!

Es gibt Leute, die lachen aus diplomatischen Gründen, wegen der Aussicht auf ein Geschäft oder um sich einzuschmeicheln. So geriet ich eines Tages in die blöde Situation, zahlreiche Anekdötchen eines witzlosen Russen übersetzen zu müssen. Von einem “mit ohne Humor”. Sein deutsche Gesprächspartner klatschte sich ungeachtet aller abgestandener Inhalte regelmäßig auf die Schenkel, um zügellose Heiterkeit vorzutäuschen.

Das ging so lange gut, bis der deutsche Zuhörer an einer Stelle irrtümlicherweise glaubte, die Pointe stünde bereits auf der Matte -

“hi-hi, ha-ha, ho-ho!”

- doch sein Russe war noch lange nicht am Ende seines Witzes.

Dumm ist im Übrigen auch, wenn Publikum an den Lippen klebt, auf das Finale wartet, vorfreudig fast - auf eine Pointe, die bereits “raus” ist und dabei – sozusagen – unerkannt blieb.

Wie mir gestern geschehen.

Ich erzählte die Geschichte von Ida Gramow, einer Potsdamerin, die sich ihr Geburtsjahr und ihre Initialen auf dem Nummernschild ihres PKW anbringen ließ, dergestalt dass das Ergebnis – “P-IG 88” – immer wieder zu Fehlinterpretationen führt. <pointe> Nazischwein sei eine davon. </pointe>

Ich habe also fertig – doch sie blieben warten. Wobei mir das Fatale der Situation plötzlich klar war: Russlanddeutsche können nicht immer gut Englisch, wissen oft nicht, was PIG zu bedeuten hat oder was ein Schwein ist. Und eine “88” in derer braunen Symbolik, ist denen erst recht unklar.

Ein saublödes Gefühl: Der Witz ist bereits vom Stapel, derweil das Publikum auf die Flasche Sekt wartet, die am Rumpf zerschellen soll.

- Peinliches Schweigen -

So sagte ich:

Helmut Zerlett und Band!”

- und verließ den Raum.


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