Wie viele von euch wissen, bekommen wir im September unser zweites Kind und ich ernähre mich in meiner Schwangerschaft zu 95 % roh. (Die restlichen 5 % beziehen sich auf manche Lebensmittel, die uns in Rohkostqualität einfach zu teuer sind oder manchmal auf Einladungen auswärts). Ich mache sehr schöne Erfahrungen mit der Rohkost in der Schwangerschaft, denn ich habe keine, wirklich absolut keine Schwangerschaftsbeschwerden!! Ich habe viel Energie und gehe jetzt in der 32. Schwangerschaftswoche sogar noch joggen.
Ich muss aber sagen, dass sich nicht jede Form der Rohkost in der Schwangerschaft eignet und es stark vom Einzelfall abhängt, ob eine rundum gute Versorgung gewährleistet ist. Ich habe mir viele Gedanken gemacht, viel recherchiert, Studien gewälzt und meine Abschlussarbeit (Ausbildung zur vitalkostorientierten Ernährungsberaterin) zum Thema “Rohkost und Schwangerschaft” geschrieben. Nicht zuletzt, weil innerhalb der Rohkost-Bewegung kaum fundiertes Wissen zu diesem Thema bereitsteht und ich für mich einen sicheren Weg finden wollte. Pauschale Aussagen wie “Iss nur roh und alles ist gut” habe ich schon immer kritisch gesehen. Übrigens werdet ihr grundsätzlich keine Aussagen dieser Art von uns bekommen, aber dafür gibt es ja bereits genug Gurus und solche, die es werden wollen. ;)
Erhöhter Vitalstoffbedarf
Der Körper einer schwangeren Frau benötigt etwa das Dreifache an Vitalstoffen. Vor allem ab dem vierten Schwangerschaftsmonat werden mehr Vitalstoffe und auch Nahrungsenergie benötigt. Das Besondere ist, dass der Kalorienbedarf im Vergleich zum Bedarf an Vitalstoffen (Vitamine, Mineralstoffe) nur gering ansteigt (etwa 250 kcal in der späten Schwangerschaft). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine schwangere Frau Nahrungsmittel mit einer besonders hohen NährstoffDICHTE benötigt. Die gute Nachricht ist, dass der Körper einer schwangeren Frau in der Lage ist, eine höhere Menge an Nährstoffen zu resorbieren als es im normalen Zustand der Fall ist. Denn ihr müsst wissen, dass immer nur ein kleiner Anteil der in der Nahrung vorhandenen Nährstoffe auch tatsächlich vom Körper aufgenommen wird. Die schlechte Nachricht ist aber, dass es mit einer konventionellen Mischkost trotzdem kaum möglich ist, den Nährstoffbedarf zu decken. Durch die Denaturierung der Lebensmittel z.B. durch Erhitzung (kochen, braten, backen) gehen viele wichtige Vitalstoffe verloren oder werden unbrauchbar, das konventionelle Obst und Gemüse ist durch die Auslaugung der Böden, durch Züchtung, landwirtschaftliche Produktionsverfahren, Transport und Lagerung oftmals arm an Vitalstoffen. Dazu kommen Umweltgifte, die für die sensible Schwangere und ihr Ungeborenes besonders gefährlich sind. Bedenkt man, wie sich diese negativen Einwirkungen potenzieren können, dann wird einem ganz anders.
Folgen eines Nährstoffmangels
Ein Mangel an Nährstoffen kann sich bei der Mutter in stofflichen Verlusten (Anämien, Diabetes) oder Strukturverlusten (Krampfadern, Schwangerschaftsstreifen, Haar- und Zahnverlust, verringerte Knochenfestigkeit) äußern. Durch den Konsum von tierischen Produkten, Zucker und Getreide in der konventionellen Ernährung entsteht ein Säureüberschuss im Körper der Frau, der zu einem zusätzlichen Entzug an basischen Mineralstoffen aus den Depots der Mutter führt. Durch das Ausbleiben der Menstruation fehlt der werdenden Mutter ein Weg, Säuren und Schadstoffe auszuscheiden. Die Folge ist, dass sich der Körper andere Wege sucht. Wassereinlagerungen in Händen und Füßen, unreine Haut, Cellulite oder Hämorrhoiden sind die Folge. Darüber hinaus ist mittlerweile bekannt, dass nicht nur die Gesundheit der Mutter während der Schwangerschaft von ihrem Ernährungszustand abhängig ist, sondern die Versorgung mit Nährstoffen direkte Auswirkungen auf das ungeborene Kind hat. Mit dem Begriff der „fetalen Programmierung“ beschreibt die Wissenschaft die Tatsche, dass ein Kind bereits vor der Geburt unabhängig von der genetischen Veranlagung geprägt wird, weil es den Lebensumständen der Mutter passiv ausgesetzt ist. In der Schwangerschaft werden also bereits die Grundlagen für Gesundheit und Krankheit des werdenden Lebens gelegt! Alles was die werdende Mutter zu sich nimmt, gelangt über die Plazenta (mehr oder weniger gefiltert) direkt zum ungeborenen Baby. Mangelerscheinungen seitens der Mutter wirken sich – je nachdem was genau fehlt – direkt auf das Baby aus und können unschöne Folgen haben.
Vegane Rohkost als Königsweg?
Nun liegt es sehr nahe zu schlussfolgern, dass sich die vegane Rohkost in der Schwangerschaft besonders gut eignet, um den erhöhten Vitalstoffbedarf zu decken. Denn sie basiert auf frischer, naturbelassener und basenreicher Kost mit einem höchstmöglichen Anteil an Vitalstoffen. Und es gibt sicher einige Verfechter, die das genau so sagen würden. [Und noch viel mehr Gegner, aber für die ist dieser Beitrag sowieso nicht gedacht!]. Tatsächlich ist diese Frage aber nicht ganz so eindeutig zu beantworten, denn erstens ist Rohkost nicht gleich Rohkost und zweitens ist wie oben schon beschrieben das Obst und Gemüse aus dem Handel leider nicht so vitalstoffreich wie es sein sollte. Dazu kommt, dass es durchaus Vitalstoffe gibt, bei denen es schwierig ist, sie so einfach über eine vegane Rohkost zu sichern. Offiziell werden folgende Stoffe durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung als kritisch eingestuft: Eisen, Calcium, Jod, Zink, Protein, Vitamin B12 und Vitamin D. Auch wenn die Aussagen der DGE wirklich sehr kritisch zu sehen sind*, ist es unbestritten, dass diese Vitalstoffe für Mutter und Kind sehr wichtig sind. Deshalb lohnt es sich – egal wie man sich nun ernährt – die Frage nach einer guten Versorgung zu stellen. Es kommen sogar noch weitere Vitalstoffe hinzu, beispielsweise die Omega-3-Fettsäuren, die hochgradig wichtig für die Entwicklung des Babys sind.
Gesund ohne Arzneiroutine und Supplemente
Auch habe ich diejenigen Vitalstoffe einer Prüfung unterzogen, die eine große Rolle in der heutigen Schwangerenvorsorge spielen, die den Schwangeren also gerne verordnet werden. Das sind neben Eisen und Jod, die oben bereits genannt wurden, noch Magnesium und Folsäure, bei denen oft zu Supplementen geraten und leichtfertig gegriffen wird. Wichtig war mir in meiner Schwangerschaft, dass ich meinen Vitalstoffbedarf ohne unnötige Supplemente decke. Denn die Routinemaßnahmen durch die Ärzte (Eisenpräparate, Jod, Folsäure etc.) können durchaus negative Folgen für Mutter und Kind nach sich ziehen. Das ist nicht zu unterschätzen! Hierüber sollte man sich unbedingt vorher informieren und gegebenfalls eine Beratung in Anspruch nehmen. Eine einseitige Supplementierung ist oft allein deswegen wenig hilfreich, weil im Körper komplexe Vorgänge vor sich gehen, an denen immer eine Vielzahl an Vitalstoffen beteiligt sind, die aufeiander angewiesen sind. So benötigt beispielsweise Eisen immer auch Vitamin C, so dass eine Eiseversorgung ohne eine gute Vitamin C Versorgung wenig Sinn macht. Umso wichtiger ist aus meiner Sicht die Wahl der richtigen Lebensmittel, welche Mutter und Kind in der Schwangerschaft auf natürliche Weise versorgen!!
Anmerkung
Ich möchte an dieser Stelle nicht falsch verstanden werden. Ich sage nicht, dass Supplemente wie beispielsweise Folsäure oder Eisen grundsätzlich und immer zu vermeiden sind. Ich denke, dass es durchaus Fälle gibt, wo diese sehr sinnvoll sein können. Denn es ist zu bedenken, dass viele Frauen vor ihrer Schwangerschaft jahrelangen Raubbau an ihren Körpern betrieben haben und sie ihr Kind tatsächlich nicht optimal versorgen können. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit von medizinischen Maßnahmen ist grundsätzlich eine individuelle Frage. Als Faustregel kann gelten: Je länger eine Frau bereits naturbelassen lebt und isst,umso glücklicher sie in ihrem Leben ist, sie sich draußen an der frischen Luft bewegt, umso weniger wahrscheinlich ist die Notwendigkeit von Supplementen. Ein schlechter Lebensstil kann dagegen medizinische Notwendigkeiten nach sich ziehen, die dann wiederrum Risiken produzieren, die wiederrum medizinisch bearbeitet werden müssen. Letzlich sind solche Schwangerschaften komplikationsreicher, die Geburten sind anstrengender und schwieriger. Möchte man also schwanger werden, macht es Sinn, seinen Lebensstil bereits frühzeitig zu verändern und den Körper umfassend zu entgiften und neu aufzubauen. Eine Umstellung auf Rohkost in der Schwangerschaft selbst hingegen sollte auf keinen Fall angedacht werden, da das Kind von der Entgiftung der Mutter unweigerlich stark betroffen wird!!
Im nächtsen Post werde ich euch Nahrungsmittel aufzeigen, die meiner Meinung nach in einer (rohen/veganen) Schwangerschaft unverzichtbar sind. Auch möchte ich euch auf mögliche Schwachstellen einer Ernährung mit Rohkost hinweisen. In diesem Blog werde ich aber nicht all meine Recherchen umfassend darstellen können. Ich bin gerade dabei, aus meiner Abschlussarbeit ein kleines Buch zu schreiben, welches in kompakter Form alle wichtigen Informationen, Tipps und Rezepte für eine gut versorgte Schwangerschaft enthalten. Da in diesem Buch auch die Schwangerschafts- und Geburtsgeschichten unserer Kinder erscheinen sollen, müsst ihr euch allerdings noch etwas gedulden! ;) Wenn ihr jedoch schwanger seid oder eine Schwangerschaft plant, dann meldet euch bei mir für eine individuelle Beratung. In dieser Angelegenheit ist ein Aufschub ja wenig hilfreich! ;)
*Die DGE ist meiner Ansicht nach ein reiner Lobbyverband und es lohnt sich, sich weitere Referenzwerte anzusehen, wie beispielsweise die der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder aus diversen wissenschaftlichen Publikationen.