Rocktober: 12 Mehrseillängen für kalte Tage

Von Berghasen

Kurzer Zustieg, sonnige Wände – 12 Routen von Tirol bis in die Steiermark für die kalte Jahreszeit!

Der Herbst ist für uns die schönste Zeit zum Klettern. Die Luft ist klar und trocken, die Weitsicht so schön wie das ganze Jahr nicht, das Wetter stabil und der Grip am Fels perfekt. Natürlich will man diese wenigen Wochen voll auskosten und die gute Form bis zum Wintereinbruch nutzen. Wir haben in unseren Tourenbüchern gekramt und für dich ein paar tolle Alpinrouten und Mehrseillängen herausgesucht, in denen es sich auch im Herbst noch genüsslich Klettern lässt!

1. Ötztal: „Strada del Sole“ (VII) und „Schwarze Madonna“ (VII) an der Nösslachwand

In der Mitte des 65 Kilometer langen Ötztales liegt etwas außerhalb der Gemeinde Längenfeld eine prächtige Gneiswand mit mehreren kurzen Mehrseillängen, die sich perfekt für den Herbst, Winter oder Frühling anbieten.

Die Nösslachwand punktet mit einer Südwestausrichtung sowie kurzem Zu- und Abstieg. Das macht die Routen in den drei Sektoren Sonnenblume, Weißer Riese und Roxette ideal für kühle Herbsttage. Über Mittag kannst du an der Nösslachwand genüsslich in der Sonne klettern. Und falls nach der Tour noch Kraft und Motivation übrig ist, kannst du im Klettergarten am Wandfuß deine Speicher endgültig entleeren.

Wir sind an der Nösslachwand die „Strada del Sole“ (VII) im Sektor Weißer Riese und die „Schwarze Madonna“ (VII) im Sektor Sonnenblume geklettert. Müsste ich mich im Nachhinein für eine der beiden Routen entscheiden, würde ich dir die „Strada del Sole“ empfehlen.

Die „Strada del Sole“ führt durch die sonnige Nösslachwand bei Längenfeld im Ötztal.

In nur 15 Minuten stehst du am Einstieg dieser bestens mit Bohrhaken gesicherten Route. Ganz zu locker sollte man die sieben Seillängen aber nicht nehmen, denn in den schwereren Längen darf man schon ordentlich klettern. Dafür ist von technischer Plattenkletterei bis steiler Wandkletterei mit kurzen Überhängen alles dabei.

Die „Schwarze Madonna“ (VII) im Sektor Sonnenblume ist im Gegensatz zur „Strada del Sole“ nicht ganz so homogen. Hier musst du dich auch mal durch ein paar Büsche kämpfen, was den Klettergenuss doch etwas stört. Solltest du eine einfachere Route suchen, kannst du dir die „Sonnenblume“ (VI-) anschauen.

Topos zu den Routen an der Nösslachwand!

2. Ötztal: „Montania“ (VI) und „Sunset Boulevard“ (VI+) an der Geierwand bei Heiming

Auch diese Route trägt die Sonne im Namen: Die „Sunset Boulevard“ (VI+) ist eine der beliebtesten Routen an der sonnigen Geierwand. Nicht selten muss man am Einstieg deshalb etwas Wartezeit in Kauf nehmen. Wer flexibel ist, kann aber sehr gut in die Nachbarroute „Montania“ (VI) ausweichen.

Tolle Loch- und Wandkletterei an der Geierwand.

Die Geierwand wird etwa in der Mitte von einem großen Band (Achtung Steinschlag) unterbrochen. Hier endet die „Montania“ und du kannst weitere fünf Seillängen der „Sunset Boulevard“ dranhängen, ehe du über die Abseilpiste abseilst. Die letzten beiden Seillängen gehören dann eigentlich schon zur Route „Alhambra“. Du siehst, die Geierwand bietet einige lohnende Kombinationen und auch der Fels ist meist sehr gut!

Im unteren Wandteil dominiert meist steile Wand- und Plattenkletterei. Ab dem großen Band darf man sich über tolle, raue Löcher freuen, ehe es in der Alhambra ein luftiges Finale gibt! Der Zustieg ist ähnlich wie an der Nösslachwand kurz und unkompliziert.

Zu den Routen an der Geierwand!

3. Wipptal: „Reich der Sonne“ (VII-) und „Frischluft“ (VI+) an der Stafflacher Wand

Obwohl diese langgezogene Südwand bei St. Jodok im Wipptal sofort ins Auge sticht, wurde die Stafflacher Wand zum Klettern erst kürzlich zugänglich gemacht. Über 10 Mehrseillängen wurden bis dato an der Stafflacher Wand erschlossen. Die Routen bewegen sich im leichten bis moderaten Schwierigkeitsbereich (IV bis VII) und sind bis zu 11 Seillängen lang.

Dass die Stafflacher Wand echten Klettergenuss verbirgt, konnte ich nicht glauben, bis wir ins „Reich der Sonne“ (VII-) und in die „Frischluft“ (VI+) eingestiegen sind. Bei beiden Routen muss man sich zunächst durch drei weniger schöne, aber einfache und gut gesicherte Seillängen kämpfen. Hat man die brüchigen Passagen und das Gestrüpp einmal hinter sich gelassen, belohnt die Wand mit steiler, homogener Kletterei.

Mit den verschneiten Brennerbergen im Hintergrund klettert es sich an der Stafflacher Wand im Wipptal besonders fein. Mehrere Mehrseillängen bieten sich hier zum Klettern vom Herbst bis ins Frühjahr an.

Der Fels an der Stafflacher Wand ist interessant strukturiert. Meist klettert man an schräg verlaufenden Auflegern, guten Leisten und Kanten. Die steile Wandkletterei im oberen Bereich wird immer wieder von kurzen, gutgriffigen Überhängen unterbrochen.

Besonders positiv in Erinnerung geblieben sind mir die vierte und fünfte Seillänge in der Frischluft. Über große Löcher erreichst du dort einen Quergang, der dich zu einer schönen Verschneidung führt. Beide Routen enden direkt am kleinen Gipfelkreuz mit Sonnenbankerl, die extra für die Kletterer errichtet wurden.

Die Mehrseillängen an der Stafflacher Wand sind bereits am Morgen in der Sonne, nach Regen schnell trocken und deshalb ideal für einen Kletterausflug im Herbst oder Frühling. Auch fein: Zustieg knapp 15 Minuten von der S-Bahn-Station.

Alle Infos und Topos zum Klettern an der Stafflacher Wand!

4. Wilder Kaiser: „Blue Moon“ (VI+) an der Kopfkraxen

Auf die „Blue Moon“ (VI+) in der Südwand der Kopfkraxen fällt die Wahl meist aufgrund der Piaz-Verschneidung in der fünften Seillängen. Und man muss ganz klar bekennen: Die ist sowas von gewaltig! Aber auch die oberen Seillängen, die über steile Pfeiler führen, warten mit genussvollen Kletterzügen auf.

Daneben muss man aber auch einige Schrofen und splittrige Klettermeter in Kauf nehmen. In Summe eine herrliche, gut mit Bohrhaken gesicherte Genussroute, bei der sich die Versteigerin aber auch einige Meter über dem Haken noch wohl fühlen soll.

Dank der südostseitigen Ausrichtung hat man hier schon früh am Morgen Sonne und kann diese über ganze 13 Seillängen genießen.

Diese wunderbare Verschneidung ist das Herzstück der „Blue Moon“ an der Kopfkraxen.

Die „Blue Moon“ solltest du allerdings nur auswählen, wenn die Koasa-Gipfel noch schneefrei sind. Denn Zu- und Abstieg sind mit zwei Stunden sehr lang und führen durch alpines Gelände!

Die Topo zur Blue Moon gibt‘s hier!

5. Wilder Kaiser: Christaturm Südostkante (VI+)

Die Südostkante am Christaturm ist eine der bekanntesten und beliebtesten Kaiser-Routen des klassischen Stils. Der Christaturm steht fast unscheinbar neben den berühmten Koasa-Größen. Eingepfercht zwischen Fleischbank, Totenkirchl und Hinterer Karlspitze fällt er erst auf den zweiten Blick auf. Dabei ist der Christaturm vom Ellmauer Tor aus gesehen eine imposante Felsnadel, die fast 200 Meter steil in die Höhe ragt.

An der Felsnadel des Christaturms klettert es sich an kühlen Tagen besonders fein.

Für Kletterer spannend ist die Südostkante des Christaturms, auch Christakante genannt. Großteils findet man hier guten Fels, einige Passagen sind aber auch brüchig. Die vielen Begehungen sieht man der Route vor allem in der Schlüsselseillänge an – denn diese ist ziemlich poliert. Lohnend ist die Route aber immer noch. Vor allem im Herbst, wenn die Temperaturen kühler sind und der Speck nicht mehr allzu sehr schmiert.

Die Christakante wird nach oben hin mit jedem Klettermeter exponierter. Spätestens vor der Schlüsselstelle hat man tatsächlich das Gefühl, auf einer Kante zu klettern. Das Finale der Christakante sind zwei steile Seillängen, die direkt an der Turmkante verlaufen. Schwerer als V- wird es jetzt nicht mehr und ein schmaler, ausgesetzter Grat führt uns direkt auf den Gipfel des Christaturms.

Die Topo zur Christakante gibt‘s bei Markus Stadler!

6. Lofer: „Versteckspiel“ (VII) am Urlkopf

Im Grunde muss man am Urlkopf keine Routenempfehlung abgeben, denn hier ist alles gewaltig! Meist trifft man auf raue, wasserzerfressene und supersteile Platten. Aber auch Risse, Verschneidungen, Dächer und Quergänge sind dabei – und das alles bombenfest!

Wir sind vor einiger Zeit das „Versteckspiel“ geklettert. Auch die Nachbarrouten wie die „Bayrisch Creme“ (VII+) oder das „Schuppenparadies“ (VII+) dürften von ähnlich feiner Qualität sein.

Bombenfest – die Platten am Urlkopf. In zahlreichen Mehrseillängen klettert es sich hier vor allem im Frühjahr und Herbst sehr fein.

Den Wandfuß erreicht man, indem man sich von der Loferer Alm von oben über die Wand abseilt. Man sollte sich also sicher sein, den Schwierigkeiten der Route gewachsen zu sein. Wirklich leichte Routen findet man am Urlkopf nicht und einen Siebener sollte man solide draufhaben, um in der steilen, anhaltenden Wand bis zum Ausstieg Spaß zu haben.Der Urlkopf ist also vor allem lohnend, wenn man in den oberen Schwierigkeitsgraden klettert.

Da die Sonne über Mittag direkt auf die Wand heizt, eignen sich die Mehrseillängen am Urlkopf besonders im Herbst und im Frühjahr, wenn die Mautstraße zur Loferer Alm geöffnet hat. Eine ausführliche Übersicht zum Klettern am Urlkopf findest du auf der Website des Erschließers Josef Brüderl.

7. Bad Reichenhall: „Schönheitskönigin von Schneizlreuth“ (VI+) am Rabensteinhorn

Es war wohl viel Putzarbeit nötig, um diese Route freizulegen – doch sie hat sich gelohnt! Ganz ohne Erwartungen sind wir eines lauen Herbsttages zum Rabensteinhorn bei Bad Reichenhall aufgestiegen. Unscheinbar ragt das Horn aus dem Wald heraus. Richtung Schneizlreuth bricht der Gipfel mit steilen Plattenwänden ab.

Überraschend gute Kletterei und einen herrlichen Blick über das Saalachtal erwartet Kletterer am Rabensteinhorn.

Dass man hier gut klettern kann, haben die Erstbegeher der Schönheitskönigin sich 2012 zurecht gedacht und viele Wiederholer haben mittlerweile eine fein gesäuberte Genussroute hinterlassen, die noch dazu sehr homogen ist. Meist klettert man an henkeligem Fels, in Verschneidungen oder rauen Platten. Mit etwas Gras und Dreck muss man aber immer noch rechnen.

Der Zustieg ist mit dem E-Bike kaum spürbar, die Absicherung perfekt und der Ausblick ins Saalachtal ebenso!

Weitere Infos & Topo zur Schönheitskönigin

8. Untersberg: „Weder blau noch Sand“ (VI+) am Salzburger Hochthron

Keine Lust mehr auf lange Zustiege? Am Untersberg kein Problem. Ab Grödig geht‘s mit der Untersberg-Bahn gemütlich auf den Salzburger Hochthron. Nach der Abseilfahrt über die Südwand steht man bald am Fuße des steilen und rauen Blausandpfeilers.

Die Mehrseillängen durch die kompakten Platten am Blausandpfeiler sind im Herbst besonders herrlich.

Hier finden sich mehrere, sehr lohnende Mehrseillängen, die im Herbst und an nicht zu warmen Sommertagen besonders schön sind. Neben der „Weder blau noch Sand“ können wir auch „Wenn der Vater mit dem Sohne“ oder „Sesam öffne dich“ (VIII-) empfehlen. In allen Routen wartet ausgesprochen schöne und gut gesicherte Kletterei an wasserzerfressenen Platten und löchrigem Fels.

Nach Regen ist die Wand allerdings länger nass! Und regnen tut‘s in Salzburg bekanntlich oft. Wer es leichter mag, findet mit der „Mezzo Rosso“ eine der besten 5er-Routen im Großraum Salzburg!

Gute Topos gibt’s wieder bei Markus Stadler!

9. Traunstein: „Wer putzet, der findet“ (VI+) in der Südwestwand

Lang ist’s her, aber immer noch habe ich diese tolle Genussroute in bester Erinnerung. Am liebsten würde man die „Wer putzet, der findet“ ja mit einem Badeausflug zum Traunsee verbinden. Doch bei Badetemperaturen wird es in der Wand schnell zu heiß. Die Mehrseillängen am Traunstein sind deshalb vor allem im Frühjahr und Herbst zu empfehlen.

Ideal ist die Südwestwand am Traunstein für das Frühjahr und den Spätherbst. Routenauswahl gibt’s zu Genüge und so verteilen sich die Kletterer meist auch gut über die gesamte Wand.

Wunderbares Panorama über dem Traunsee und gut abgesicherte Klettermeter in der „Wer putzet, der findet“.

In der „Wer putzet, der findet“ erwarten dich schöne Plattenkletterei, ein sagenhafter Ausblick auf den Traunsee und viele Bohrhaken. Sehr viele Bohrhaken. Eine ideale Route als, um auf einer Mehrseillänge die ersten Vorstiegsmeter zu versuchen.

Einen etwas älteren Artikel von Vroni findest du hier!

11. Loser: „Loserlokogelvogel“ (VII) in der Südwand

Wie eine Burg steht der Loser als Wahrzeichen des Ausseerlandes hoch über dem Altausseer See. Die Anreise über die 9 km lange Panoramastraße schont zwar die Energiereserven, aber nicht die Brieftasche: 20 € muss man mittlerweile für die Auffahrt zahlen.

Teuer erkauft. Dafür erwartet den Kletterer in der Loser Südwand Dolomiten-Feeling.

Steht man nach 30 Minuten Zustieg am Wandfuß, sind die fast unverschämt hohen Preise schnell vergessen. Fühlt sich an, wie in den Dolomiten. Dieser Gedanke kommt in der Loser-Südwand gleich in der ersten Seillänge auf. Denn dort geht es gleich steil und kraftig zur Sache.

Der Sockel des Losers besteht nämlich aus gebanktem Dachsteinkalk und ist somit dem Dolomit sehr ähnlich. In acht Seillängen führt die „Loserlokogelvogel“ in steiler Wand- und Plattenkletterei durch die Südwand des Losers. Der Fels ist häufig mit tollen Löchern gesprenkelt, aber nicht alle Griffe und Tritte sind fest. Neben einem Auge auf das fabelhafte Panorama sollte man also auch ein wachsames für die Felsqualität haben.

Topo zu den Routen in der Loser Südwand gibt’s auf bergsteigen.com

Anmerkungen zu den Angaben auf Bergsteigen.com: Ich bin nicht der Meinung, dass der Fels bis zum Band immer „sehr gut“ ist. Der Fels über die gesamte Wandhöhe ab und zu etwas brüchig, die Kletterei aber trotzdem sehr schön. Auch die Absicherung ist an manchen Passagen weiter, als die Beschreibung vermuten lässt!

12. Admonter Kalbling: „Sex Sells“ (VIII-)

Bei unserem letzten Besuch im Gesäuse wurden wir doch glatt von dieser gut eingebohrten Sportkletterroute am Admonter Kalbling verführt. Die „Sex sells“ ist eine recht neue Tour, die durch den steilen Teil der Kalbling Westwand verläuft. Auf die Kletterer wartet coole, athletische aber auch technische Kletterei an Löchern, Verschneidungen, Rissen und kurzen Überhängen.

Links die Klinke-Hütte, darüber der Admonter Kalbling. Rechts Susi in der zweiten Seillänge der „Sex Sells“.

Die Wand ist erst recht spät im Schatten, der Zustieg ist mit 45 Minuten aber so kurz, dass sich dieser Quickie am Nachmittag gut ausgeht. Nach dem Vergnügen kann man beim Abstieg vom Kalbling die letzten Sonnenstrahlen genießen.

Weitere Infos & Topo findest du hier!

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