“RoboCop” von José Padilha

RoboCop Joel Kinnaman in José Panilhas Neuverfilmung

RoboCop Joel Kinnaman in José Panilhas Neuverfilmung

Silberne Metallrüstung, cooler Visor vor den Augen, wenn auch total 80er Jahre Style. Halb Mensch, halb Maschine. Das war RoboCop 1987. Peter Weller steckte in der menschlichen Maschinerie, sorgte als verstümmelter und technisch reanimierter Detective Alex Murphy für ein Leinwand-Blutbad, welches erst Ende vergangenen Jahres vom Index verschwunden ist. Aber der damalige Regisseur Paul Verhoeven ist bekanntlich nicht nur für seine martialischen und hemmungslosen Inszenierungen berüchtigt (Total Recall, Starship Troopers), sondern eben auch für die nuancierte Gesellschaftskritik, die von denjenigen aufgesaugt wird, die nicht nur das bloße Popcorn-Blockbuster-Gemetzel vor Augen haben wollen.

In der Neuverfilmung des Brasilianers José Padilha, dessen Film Tropa de Elite 2008 mit dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnet wurde, kommt RoboCop – in dem jetzt der Schwede Joel Kinnaman (The Darkest Hour, The Girl with the Dragon Tattoo) steckt – etwas moderner daher. In schwarzer Kluft mit roten Leuchtstreifen als Augenpaar ist es das Mensch oder Roboter gewordene Knight Rider Outfit, das im Vorfeld für einen Aufschrei unter den RoboCop Fans gesorgt hat. Dass mancher Aufschrei viel zu früh erfolgt und man als Fan auf das fertige Produkt warten sollte bis man darüber herzieht, dass beweist diese Neuauflage mehr als alles andere. Denn wer nach dem Trailer dachte, dass Regisseur Padilha einen stumpfen Mega-Actionblockbuster hinlegt, mit einem kaum wieder zu erkennenden RoboCop im übermäßig modernisierten Neuoutfit, der ist auf ein Marketing hereingefallen, welches wirklich den Zorn der Fans verdient hätte, da der Film als etwas anderes verkauft wurde, als man dann bekommt. Dafür ist das, was man bekommt, einer der besten und gesellschaftskritischsten Actionfilme seit langer Zeit, direkt anknüpfend an das Original von Paul Verhoeven. Und seien wir ehrlich: Das ist überraschend wie wunderbar zugleich.

Dr. Dennett Norton (Gary Oldman, links) und Raymond Sellars (Michael Keaton, rechts)

Dr. Dennett Norton (Gary Oldman, links) und Raymond Sellars (Michael Keaton, rechts)

Die Story orientiert sich am Originalfilm, auch im Abspann ist zu lesen „Dieser Film beruht auf dem Original von 1987“, also ein Remake in seiner pursten Form. Der Titelheld bleibt Alex Murphy, der Megakonzern der für seine Verwandlung – hier sogar noch mehr als im Original – verantwortlich ist bleibt OmniCorp und auch die gigantischen Roboterdrohnen ED-209 sind vertreten, wenn auch in größerer Anzahl. Aus dem „Detroit der Zukunft“ wird in der Neuverfilmung explizit das Detroit im Jahre 2028. Der Megakonzern OmniCorp ist marktführend im Bereich der Robotertechnologie, ihre Drohnen werden weltweit eingesetzt um für Sicherheit zu sorgen, nur nicht im eigenen Land, da man hier – so verbreiten es die Medien – arg Robophob ist. Die Dreyfuss-Verordnung, von der Politik eingesetzt um zu verhindern dass Roboter über Leben und Tod von Menschen entscheiden, stört OmniCorp in ihrem Vorhaben, auch die USA mit ihren Produktionen zu überschwemmen. Also sieht der Plan es vor, einen Roboter zu erschaffen, der einen Menschen in sich trägt, um sich damit eine Grauzone des Gesetzes zu nutzen zu machen.

Hier kommt Alex Murphy ins Spiel, ein Vollblut-Cop, der fern aller Korruption für ein besseres Detroit kämpft. Als er im Dienst schwer verletzt wird und nur noch wenig von seinem Körper übrig bleibt, ist das für OmniCorp-Geschäftsführer Raymond Sellars (Michael Keaton) die Gelegenheit, die renommierten Arbeiten auf dem Bereich der Mensch/Roboter Verschmelzung von Dr. Dennett Norton (Gary Oldman) für sich zu beanspruchen. Murphy wird zum Prototypen des halb Mensch / halb Roboter-Polizisten, der jedoch durch die Marketing Abteilung OmniCorps gesteuert wird, um durch ein positiv vermitteltes Bild auf die Politik einzuwirken und die Dreyfuss-Verordnung zu kippen. Aber RoboCop verfolgt seinen ganz eigenen Plan. Er will diejenigen strafen, die ihn zu dem gemacht haben, was er nun ist. Dabei kollidieren seine Interessen mit denen OmniCorps.

Nun könnte man diesen Menschroboter in bester Actionfilm-Tradition gegen Unmengen von Bedrohungen antreten lassen, doch die ersten eineinhalb Stunden wartet der geneigte Bombast-Fan vergeblich auf solcherlei Szenarien. Allenfalls Computerspiel-ähnliche Episoden, in denen der neue RoboCop in seiner Leistungsfähigkeit getestet wird, sorgen für Waffeneinsatz. Einmal ist das ein Splitscreen, beobachtet von den RoboCop-Wissenschaftlern, in dem Murphy, noch mehr Mensch als Maschine, gegen einen rein seelen- und emotionslosen Alt-Roboter antritt, der ihm Sekunden voraus ist, da er ohne Bedenken auf Geiselnehmer feuert und nicht, wie der noch mit menschlichen Attributen versehene Murphy, zögert und über die Gefahr für die Geisel nachdenkt. Ein anderes Mal wurden die menschlichen Bedenken Murphys bereits unterdrückt und er feuert sich in einer Lagerhalle durch eine Vielzahl von diesen Alt-Robotern, die ihm nun, ohne menschliche Züge, weit unterlegen sind.

Robocop und Rick Mattox (Jackie Earle Haley) können sich nicht besonders leiden

Robocop und Rick Mattox (Jackie Earle Haley) können sich nicht besonders leiden

Dann noch der Showdown, aber ansonsten ist RoboCop vielmehr Kritik als Action. Hier kommt die Frage auf, wieviel Macht die moderne Technologie über den Menschen haben darf (RoboCop als Smartphone gedacht, ist der Film gar nicht mehr so sehr Science-Fiction), die Rolle der Wissenschaft, wie sie den Markt manipuliert und Einfluss auf die Politik nimmt, Marketing Jünglinge, die ebenso emotionslos den Menschen vorgeben, was sie zu mögen haben und Medien die sich klar positionieren, Meinungsmache betreiben und jegliche Objektivität verloren haben. Hinzu kommt noch ein Amerika, dass sich als wichtigstes Land der Welt darstellt: „Was wäre denn wichtiger als die Sicherheit eines jeden Amerikaners?“ fragt da der Moderator der fragwürdigen Fernsehshow The Novak Element. Hier wird so viel manipuliert, dass die vermeintliche Zukunft wie ein Eindreschen auf das menschliche Konsum- und Idealverhalten wirkt – und wenn man genauer hinschaut, das Ganze dann dementsprechend gar keine Zukunftsmusik mehr darstellt, sondern durchaus auf die gegenwärtige Realität anwendbar ist.

Hauptdarsteller Joel Kinnaman schlägt sich gut, sowohl als Mensch als auch Maschine – und immerhin hat Regisseur Padilha dafür gesorgt, dass der Jüngling von Darstellern wie Gary Oldman, als zwiegespaltener Wissenschaftler, Samuel L. Jackson als gelegentlich auftretender und fluchend-manipulativer Medienmacher und Michael Keaton als rein wirtschaftlich denkender OmniCorp-Obermacker umgeben ist. Hinzu kommen Abbie Cornish, Jackie Earle Haley und Jay Baruchel allesamt zum Einsatz, niemand bleibt auf der Strecke und fällt eventuellen Storyschwächen zum Opfer. Padilha beweist Konzept und Überblick über seine Geschichte, der er keine losen Enden beigibt, sondern gekonnt dicht konstruiert und erzählt.

Einige Mal erlaubt sich der Film gar, die Musik von Pedro Bromfman um einige Klänge Basil Poledouris‘ zu ergänzen, der 1987 die Originalkompositionen tätigte. Dann klingt ganz kurz das RoboCop Thema an und sorgt für Momente, die es heutzutage kaum noch im Action- oder gar im gesamten Filmuniversum zu erleben gibt: eine so starke Musik, dass man sie auch noch nach dem Verlassen des Kinos pfeift. Ein Thema, eine Erkennungsmelodie, die heute oftmals für ebenso bombastisch nichtssagende Klänge aufgegeben wird, wie es bei dem sinnlosen Einsatz von Special Effects der Fall ist. So sehr Actionfilme – nicht alle – dieser Tage ihren Charakter verlieren, so sehr brennt sich dieser RoboCop doch wieder ein.

So muss guter Science-Fiction gestrickt sein. Da braucht es keinen auf Hochglanz-Weiß polierten Tom Cruise Film um das Genre zu modernisieren, wenn es doch auch mit durchaus alten Zutaten so gut funktioniert. Es passiert nicht oft, aber wenn es passiert, sollte man es beim Namen nennen: das Remake ist in diesem Fall tatsächlich einmal besser geraten als das Original.


RoboCop_Poster“RoboCop”

Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2013
Länge: ca. 117 Minuten
Regie: José Padilha
Darsteller: Joel Kinnaman, Michael Keaton, Abbie Cornish, Gary Oldman, Samuel L. Jackson, Jackie Earle Haley, Michael K. Williams, Jennifer Ehle, Jay Baruchel, Marianne Jean-Baptiste, Aimee Garcia

Kinostart: 6. Februar 2014
Im Netz: robocop-movie.de



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