Eggers heute dezent enthaltsam aber kulant. Des Motoren siebente Zündkerze.
Robert ist jetzt nicht die Art von Mensch, die ich spontan als meinen Freund erklären würde. Dafür ist er mir zu undurchsichtig. Er hält sich mutwillig geheimnisvoll und denkt, er könne dies dadurch vorenthalten, dass er mich immer wieder fragt, was ich denn für Geheimnisse hätte. Jede Andeutung von unschuldiger Ehrlichkeit meinerseits fordert ihn dazu heraus, mir noch weitere unzählige Ermittlungen an den Kopf zu schmeißen. Er ist eine Persönlichkeit, die ich gerne mal als gemeinhin vereinnahmend bezeichnen möchte.
Indirekt ist es völlig eindeutig, dass wir einen würdevollen Konkurrenzkampf gegeneinander ausführen. Aber können wir nicht, zur Abwechslung, einmal damit anfangen, mit offeneren Karten zu figurieren? Ich rede hier von Gewinnern und Verlierern. Wann ist der Mensch ein Gewinner und wann nicht? Soweit ich mich selbst interpretieren kann, fühle ich mich gewohntermaßen überlegener, wenn ich mich dezent enthaltsam aber kulant verhalte. Dabei stelle ich eine beabsichtigte Imitation an Zugänglichkeit dar und höre um siebzig Prozent mehr zu, als, dass ich selbst rede. Dreißig Prozent von dem, was ich hierbei mit den jeweiligen Gesprächspartnern teile, sind meine eigenen Worte. Dazu spanne ich meine Mundwinkel so an, dass mehrere, eher tiefe und möglichst viele Lachfalten entstehen. Meine Inszenierung für Weisheit.
Indirekt ist es völlig eindeutig, dass wir einen würdevollen Konkurrenzkampf gegeneinander ausführen.
Sehr platt aber wirksam. Frederick würde sagen, dass diese Art, mit Menschen zu dialogisieren, viel zu unentspannt organisiert wirkt. Aber solange ich mich als der besagte Gewinner fühlen kann, ziehe ich für meinen Teil nur Vorteile daraus. Ganz anders verhält sich Robert. Wenn ich jetzt an ihn denke, dominiert seine extrovertiert redselige Art und dieses unaufhörliche Gestikulieren mit einem Whiskyglas in seiner rechten Hand. Er ist Nichtraucher. Wäre er Raucher, würde er das Glas mit seiner linken Hand halten. Seine Bekleidung sieht seinem Alter nicht ähnlich, obwohl ich dieses auch nicht genau weiß. Er will es mir ja nicht verraten, dafür wird er aber auch nie meinen Nachnamen erfahren.
Ich schätze ihn auf Mitte dreißig, wobei ich denke, dass ihn seine jugendlich modische Montur beabsichtigt jünger aussehen lässt. Ohne Umschweife gebe ich zu, dass er mich an meine Waschmaschine erinnert. Wenn ich etwas Flüssigkeit in ihre Öffnung fülle, fängt sie für mehrere Stunden an, wild herumzuhüpfen und ich sehe manchmal dabei zu, wie es in ihrem Fenster ganz heftig sprudelt. Ähnlich verhalten sich Roberts Wörter, die konfus aber heiter aus seinem Mund strömen. Äußerlich erkenne ich in ihm nur eine Sicherheitsfassade aus einer Wortflut, die jegliche Möglichkeit auf Selbstreflektiertheit ausschließt.
Aber hört man seinen Phrasen einmal etwas genauer zu, entdeckt man dazwischen eine kleine Schwäche, die zaghaft durchscheint. Es ist das Phänomen der Eifersucht. Er kann so viel ununterbrochen quatschen, wie er will. Solange ihn seine Augenbrauen verraten, ist er der Verlierer.
Lale Nikki Eggers