Normalerweise bin ich ja überhaupt nicht der Urlaubstyp. Ich will nicht unbedingt raus und etwas Neues erleben und mir fällt daheim auch nicht so schnell die Decke auf den Kopf. Nach 8 Jahren (ACHT Jahre!) Beziehung ohne jemals einmal richtig Urlaub zu machen (den Kurztrip an die Soca zähle ich jetzt bewusst nicht), wollte ich dann aber doch mal etwas Abwechslung haben. Bislang waren wir mit unseren Wanderurlauben auch immer mehr als zufrieden, diesen Sommer sollte es aber tatsächlich mal etwas weiter weg gehen (seit vorigem Jahr bin ich ja wieder mit einem Reisepass augestattet).
Nach etwas Tüfteln, wo es denn nun konkret hingehen sollte, fiel unsere Wahl das überraschend auf Montenegro. Ein Bekannter hat uns mal vom Durmitor Gebirge erzählt, das ist irgendwie hängen geblieben. Da man man sämtlichen Gesprächen über Urlaube und Reisedestinationen Montenegro auch nur ganz, ganz selten (also praktisch nie) hört, stand die Wahl fest.
Wir starteten am Samstag Abend um 22 Uhr von Graz los, passierten erst mal die Grenze zu Slowenien (30 Euro Maut für ein Monatspickerl), nach nur anderhalb Stunden waren wir schon an der Grenze zu Kroatien. In Kroatien gibt es, anders als in Slowenien und Österreich eine kilometerabhängige Maut. D.h. man zieht beim Eingangsposten ein Ticket und beim Abfahren von der Autobahn bezahlt man. Anders als im Rest von Kroatien kann man die Maut auch mit Euros bezahlen.
Um 6 Uhr morgens waren wir dann im südlichsten Teil von Kroatien (jenseits der bosnischen Küstengrenze). Nach einem Sonnenaufgangs-Frühstück (hört sich definitiv romantischer an, als es tatsächlich war) übernehme ich das Steuer.
Obwohl ich in der Nacht immer wieder etwas geschlafen habe, kann ich mich schon nach kurzer Zeit überhaupt nicht mehr konzentrieren, vergesse immer wieder, ob jetzt 60, 70 oder doch 80 die Geschwindigkeitsbegrenzung ist (dass die Kroaten mir schon fast in den Kofferraum fahren vor lauter Drängeln hilft meinem Gedächtnis auch nicht auf die Sprünge). Nach nur einer Stunde werfe ich also das Handtuch und wir pennen zwei Stunden auf irgendeinem Parkplatz. Halbwegs erholt fährt dann Robert, dank "hochauflösender" Straßenkarte (mein "Dank" gilt Freytag & Berndt), verfahren wir uns wieder. Irgendwann schaffen wir es aber doch über die bosnische Grenze.
Bosnien & Herzigowina wäre unsere ursprüngliche Destination gewesen. Ein wunderschönes Land mit einer abwechslungsreichen Landschaft und Bergen so weit das Auge reicht. Hätten sie nicht ein ganz massives Problem: Landminen. Nach dem Ende des Bosnienkrieges 1995 ist das Land immer noch vermint. Da nur teilweise bekannt ist, wo die Minen vergraben wurden, ist es immer noch ziemlich gefährlich, abseits der Straßen herumzustreifen. Es gibt zwar Minenkarten und Hinweisschilder (wir haben keine gesehen), doch mit ein bisschen Bauchweh ist man schon unterwegs. (Reise- und Sicherheitshinweise findet ihr hier.)
Im Grenzgebiet zwischen Bosnien und Montenegro sind wir dann trotzdem ausgestiegen und haben ein paar Fotos von dieser unglaublichen Landschaft gemacht. (Übrigens: es gibt auch noch Kroatien Minengebiete. Mehr dazu findet ihr hier).
Ein weiteres "Problem", das uns schon seit Kroatien begleitete ist der Müll. Neben der Straße liegt alles, von Plastikflaschen, Sackerl und sogar eine Matatze hab ich gesehen. Da es in diesen Ländern auch eine ganze Menge an Straßenhunden gibt, sieht man auch immer wieder Tierkadaver auf der Straße liegen.
Landschaftliche geht Bosnien & Herzigowina nahtlos in Montenegro über. Montenegro soll laut auswärtigem Amt recht sicher sein (auch in Metropolen), aber die Autofahrer fahren wirklich wie "gesengte Schweine", Überholmanöver in den unübersichtlichsten Abschnitten mit absolutem Überholverbot sind keine Seltenheit. Weil, man fährt ja bloß 90 im 80er Bereich, das ist definitiv zu langsam für das Auto hinter uns! Und das Klischee vom testosteronübersättigten Südländer bestätigt sich nur bedingt: auch Frauen haben sich diese halsbrecherische Fahrweise angeeignet.
In Montenegro gibt es, für ordnungsliebende Menschen aus dem deutschsprachigen Raum, noch eine weitere Kuriosität: es gibt praktisch keine Weidezäune. Die Kühe grasen einen halben Meter neben der Straße und stehen auch schon mal gerne auf der Fahrbahn. Aber: sie sind die vielen Autos auch gewöhnt, weichen deshalb auch (irgendwann) mal aus, gehen auch nicht auf Autos los (auch wenn sie rot sind, so wie unseres). Was für Kühe gilt, gilt übrigens auch für sämtliches anderes Weidevieh wie Schafe oder Pferde.
Unser Destination Zabljak liegt auf 1.400 m. Wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass genau die 2 km² rund um den Ort, der sehr, sehr (SEHR!) beliebt ist für osteuropäische Touristen, so aussehen wir bei uns daheim. Das hätten wir wahrlich nicht erwartet, aber gut. Wir richten uns in unserem 5-Mann Zelt im Kamp Razvrsje also häuslich ein. Gerade noch beim Zelt aufbauen, latschen fünf Kühe seelenruhig über den Campingplatz (große, gut genährte Kühe, keine indischen Hungerhaken!). An den Blick von den anderen Campern sieht man genau, wer der Touristen sind. Ich will gar nicht wissen, wie wir dreingeschaut haben...
Am nächsten Tag brechen wir zur Besichtigung der Tara Schlucht auf. Nachdem wir gefahren und gefahren sind, und schließlich beim Kloster von Dubrilovina landen kann ich 1. sagen, dass die Tara Schlucht außer für Wassersport- oder Zipline-Begeisterte genau gar nichts zu bieten hat und 2. dass das Kloster Dubrilovina das kleinste Kloster mit der kleinsten (Holz-)Kirche ist, das ich jemals gesehen habe.
Auf dem Weg zurück nach Zabljak bleiben wir dann trotzdem bei der Tara-Brücke stehen, machen, wie hundert andere Menschen zum gleichen Zeitpunkt, die gleichen Fotos von uns und der Brücke, genießen 10 Minuten die Landschaft und sind dann froh, wieder weiterfahren und diesem Menschenandrang entkommen zu dürfen.
Aber, wer auf Passstraßen steht, ist in Montenegro genau richtig. Mal geht's bergauf, mal bergab und die Straßen sehen aus, als hätte man sich mit gaaaaaanz viel Schießpulver den Weg freigesprengt. (Ob die montenegrinische Regierung mittlerweile Mengenrabatt auf Steinschlagnetze bekommt?!)
Der Ort Zabljak selbst hat ungefähr das Flair einer Goldgräberstadt im Norden Alaskas (zumindest stelle ich mir das, bis auf die mangelnde Kälte so vor), nicht typisch Ostblock, aber typisch genug um den städtetripverwöhnten Europäer die Nase rümpfen zu lassen. Ich mag's, erinenert mich ein bisserl an meine Heimatstadt Eisenerz.
Der See selbst ist schön und definitiv einen Besuch wert (wenn man damit leben kann, dass da nix ist mit Ruhe und Einsamkeit). Asiatische Touristen sieht man hier auch an jeder Ecke.
Da unser Campingplatz genau auf einem Wanderweg zum See liegt, sind wir zu Fuß unterwegs und watscheln vom See "hinterwärts" nach Zabljak. Schön, relativ müllfrei, und ziemlich einsam. Nach einem kurzen Einkauf geht es wieder zurück zum Campingplatz. Da wir die Hauptstraße meiden wollen, finden wir einen Schleichweg und der wahrscheinlich einzige Weidezaun in einem 2km² Umkreis schneidet uns den Weg ab. Ein Blick nach links, ein Blick nach rechts, weder Bauer noch Kuh in Sicht und wir sind jenseits den Zaunes....
Da der Beitrag vieeeeeel zu lang wäre, wenn ich alle Fotos in einen einzigen Artikel packen würde, werde ich aus unserem Roadtrip eine Beitragsserie machen. Im nächsten Teil der Serie nehme ich euch mit ins Durmitor Gebirge, im dritten Teil geht's dann weiter nach Kroatien ;-)
Ich freu mich auf euch, wenn ihr weiter mitlest. Wenn ihr keinen Beitrag von Green Bird mehr verpassen wollt, folgt mir doch über Facebook, Instagram, Google+, Pinterest oder Bloglovin.