Quelle: Helmut Mühlbacher
Ihr Lieben,heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte von Patty Hansen erzählen:
„Zwei Samen und ihre Entscheidung“
„Zwei Samen lagen Seite an Seite in der fruchtbaren Frühlingserde.
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Der erste Samen sagte:„Ich will wachsen!
Ich will meine Wurzeln tief in die Erde unter mir aussenden
und meine Sprossen durch die Erdkruste über mir stoßen.
Ich will meine zarten Knospen entfalten wie kleinen Fahnen,
um die Ankunft des Frühlings zu verkünden.
Ich will die Wärme der Sonne auf meinem Gesicht und
den Segen des Morgentaus auf meinem Blütenblättern spüren!“Und so wuchs er.
Der zweite Samen sagte:
„Ich habe Angst.
Wenn ich meine Wurzeln in den Boden unter mir aussende,
weiß ich nicht, was mir im Dunkeln begegnet.
Wenn ich mir meinen Weg durch die harte Erde über mir bahne,
könnte ich meine empfindlichen Sprossen verletzen.
Was ist, wenn ich meine Knospen sich öffnen lasse,
und eine Schnecke versucht, sie zu fressen?
Und wenn ich meine Blüten öffne,
könnte ein kleines Kind mich aus dem Boden reißen.
Nein, es ist viel besser für mich, zu warten, bis es sicher ist.“Und so wartete er.
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Eine Hofhenne, die im Boden des ersten Frühlings nach Futter scharrte,
fand den wartenden Samen und fraß ihn prompt.
Ihr Lieben,
Als ich vor vielen Jahren Reiten lernte, war das für mich ein wundervolles Erlebnis.
Ich wohnte damals in Göttingen und arbeitete als Dozent an der dortigen Universität.
Bei einem Bauern, mit dem ich befreundet war, hatte ich die Möglichkeit, Reitstunden zu nehmen und das Reiten zu erlernen.
Quelle: Helmut Mühlbacher
Oft, nach anstrengenden Arbeitstagen stieg ich dann auf ein Pferd und ritt still und ruhig durch die abendliche Natur und fand dabei wieder zu mir selbst, fand wieder meine innere Mitte.Ich erzähle das hier, weil die meisten Menschen dem riesigen Irrtum erliegen, sie könnten ihr eigenes Leben benutzen wie ein Pferd, nach dem Motto:
Wenn ich Lust habe, dann reite ich, und wenn ich keine Lust habe, reite ich nicht.Beim Pferd geht das, beim Leben nicht.
Ich möchte gerne in dem Bild vom Reiter und dem Pferd bleiben.Wenn ich ein Pferd reite, dann bin ich der Reiter
und ich entscheide, ob ich reiten will oder nicht.
Beim Leben ist das anders: Das Leben ist der Reiter und wir sind das Pferd, das vom Leben geritten wird. Dass wir leben, dass wir „geritten“ werden vom Leben, an dieser Entscheidung können wir nichts ändern, diese Entscheidung ist bereits gefallen, als wir geboren wurden.
Die Entscheidung, die in unserer Hand liegt, ist die:
Will ich als „Pferd“ den Dienst verweigern, will ich traurig im Stall des Lebens stehen bleiben oder will ich das Beste aus meinem Leben machen, will ich als „Pferd“ Spaß und Freude an meinem Leben haben?
Das ist die Entscheidung, vor dem die beiden Samen standen,
als sie in die fruchtbare Frühlingserde gesteckt wurden.
Während der eine Same darauf wartet, dass er für das Leben sichere Bedingungen vorfindet, ist der andere Samen bereit, ein Risiko einzugehen, um das Leben in seiner ganzen Fülle zu erleben.
Bei dem zweiten Samen herrscht ein ganz großer Irrtum:
Niemals im Leben kommt der Augenblick, in dem alles sicher ist.
Das Warten darauf ist also völlig sinnlos.
Zum Leben gehört das Risiko dazu wie der Schatten zur Sonne.
Viele Menschen haben auch deshalb so große Schwierigkeiten, sich auf das Leben einzulassen, weil sie wie der zweite Samen in ihrem Leben ständig lauter WENN und ABER entdecken, sodass sie nie zu einer Entscheidung kommen, sie sind durch die WENN und ABER wie gelähmt.
Und da nicht wir die Reiter des Lebens sind, sondern das Leben uns „reitet“, werden wir, wenn wir kein Risiko eingehen und uns auf das Leben einlassen, wie der zweite Samen vom Leben verschlungen und am Ende unseres Lebens müssen wir uns dann eingestehen, eigentlich gar nicht wirklich gelebt zu haben.
Wenn wir das Leben in seiner ganzen Schönheit und Fülle genießen wollen, wenn wir Liebe und Freude erfahren wollen, wenn wir mit Zuversicht und Hoffnung durch das Leben schreiten wollen, dann müssen wir uns etwas zutrauen und ein Risiko eingehen.
Nachdem ich als Kind und Jugendlicher über Jahre geschlagen, gefoltert, gedemütigt und missbraucht worden war, wollte ich mich wie der zweite Samen auch nicht auf das Leben einlassen.
Heute bin ich froh, dass mir liebe Menschen begegnen sind, die mich ermutigt haben, mich auf das Leben einzulassen und das Risiko des Mutes einzugehen, tapfer jeden Tag voranzuschreiten.
Heute darf ich rückblickend feststellen, es hat sich gelohnt,
sich auf das Leben einzulassen, denn das Leben ist lebenswert.
Im Deutschen gibt es einen wunderschönen Ausdruck, wenn wir feststellen:
Ich habe etwas „erlebt“, ich hatte ein „Erlebnis“. Diese beiden Ausdrücke zeigen auch, wie wichtig es ist, sich voll auf das Leben einzulassen, das Leben zu genießen, dem Leben mit Freude, Zuversicht und Hoffnung zu begegnen.
Ich wünsche Euch ein Leben der Fülle, der Hoffnung, der Zuversicht, der Liebe, der Freude, des Glücks und den Mut, Euch auf das Leben einzulassen und ich grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer fröhlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen