"Ringel me classy"

Von Seeperlen


Das Ringelshirt ist aus keinem klassischen Kleiderschrank mehr wegzudenken. Zu Jeans und Ballerinas getragen trägt man es im bequemen Casual-Look, mit rotem Lippenstift und einem Paillettenrock eignet es sich sogar als glamouröses Abend-Outfit. Dabei hatte das Ringelshirt, wie die meisten Preppy-Klassiker, eigentlich ursprünglich eine ganz andere Funktion.
Wer hätte im 19. Jahrhundert gedacht, dass der Leichtmatrosen-Look einmal en vogue sein würde? Die Trendsetter von damals waren Matrosen der französischen Marine. Das war aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit noch niemandem bewusst, man hatte schließlich andere Probleme. Die Shirts aus Baumwolle mit marineblauen und weißen Streifen waren ab 1858 Teil der offiziellen Uniform der Matrosen niedrigen Grades und wurde marinière genannt. Um den Ursprung des Musters ranken sich Gerüchte. Eines davon besagt, dass die gestreiften Shirts im Wasser sehr gut zu erkennen waren, wenn ein Matrose über Bord ging. Das habe ich noch nie ausprobiert, kann also den Wahrheitsgehalt dieser Behauptung nur schwer beurteilen. Eine andere Legende führt den Ursprung der Streifen auf Napoleon zurück. Im Original sollen es genau 21 Streifen gewesen sein, einen für jeden Sieg, den der kleine Kaiser errungen hatte. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die geringelten Shirts auch von Fischern aus der Bretagne getragen.

Seinen gesellschaftlichen Aufstieg verdankt das Ringelshirt der großartigen Coco Chanel. Bei einem Besuch an der Küste im Norden Frankreichs beobachtete sie Fischer bei der Arbeit und lies sich von dem maritimen Flair inspirieren. In ihrer Nautical Collection von 1917 brachte sie das Breton-Top vom Deck auf die Laufstege. Der Rest ist Erfolgsgeschichte. Das Ringelshirt wurde zum Symbol für den sorglosen Lebensstil an der Riviera der Vorkriegsjahre.
Von hier aus versprühte das Ringelshirt seinen Charme in die Welt. Künstler und Filmstars wie Pablo Picasso, Audrey Hepburn und James Dean machten die Matrosenkluft zum Kult. Es war die Zeit, in der es gefühlt mehr Stars als Sternchen gab. Das Ringelshirt zog bis nach Hollywood und wurde dort als Bösewicht bekannt. Seinen ersten Auftritt hatte es an Lee Marvin in dem Outlaw-Biker-Film The wild one. Dieser Look wiederum inspirierte den späteren Hells Angels Präsident von San Francisco, der das Breton Shirt zu seinem Markenzeichen machte. Außerdem kleidete es James Dean in Rebel without a Cause und Cary Grant in seiner Rolle als Juwelendieb im Filmklassiker To catch a thief. Audrey Hepburn - wer sonst? - trug in Funny Face das Ringelshirt mit Skihosen und einem schwarzen Rollkragenpullover und machte es zu einem femininen Klassiker.
Seine sorglose Riviera-Eleganz hat das Ringelshirt bis heute beibehalten. Könnte es sprechen, würde es von einem langen sonnigen Tag am Meer erzählen, von einem romantischen Stadtbummel mit einem tollen Mann, müßigen Stunden in einem kleinen Straßencafé mit einem guten Buch oder einem lustigen Kochabend mit Freunden. Ich würde ein Ringelshirt nicht ins Büro anziehen. Dazu fehlt ihm die Ernsthaftigkeit und Strenge. Ich trage es, wenn ich mich glücklich, feminin und elegant fühlen mich. Dann trage ich dazu Ballerinas, einen Trenchcoat oder einen kuscheligen Wollmantel.

Ikonen tragen eine Ikone - das Ringelshirt

Das Original von Saint James