Photo: E.S.Myer
Mein Kommentar über den Auftritt von Monica Lierhaus hat mir eine "Rekordquote" beschert. Mein Beitrag wurde fast 800 mal angesurft. Die Leser kamen über viele Links in anderen Foren: Z.B. der Ostseezeitung und der "Brigitte" (really!).
Und soviele Kommentare hatte ich auch noch nie. Die Kommentare hier waren alle zustimmend. In den anderen Foren teils-teils.
Interessant war daran für mich die Erfahrung, sich voll gegen den veröffentlichten Mainstream zu stellen, weil einem die innere Stimme etwas anderes sagt. #BILD hatte dermaßen mit den Gefühlen der Zuschauer gespielt, dass die meisten nur gerührt waren. Doch im Verlaufe der Woche wurden immer mehr Widersprüche zum "Drehbuch" ihres Auftritts sichtbar. Ich fühle mich heute, eine Woche später, voll bestätigt.
1. Während der Show: Frau Lierhaus macht ihrem Lebensgefährten, den sie vor etlichen Jahren erklärtermaßen nicht heiraten wollte, und der selbst ein Fernsehproduzent ist, einen Heiratsantrag. Den dieser -wie sensationell- annahm. Wären zwei Fernsehprofis das Risiko eingegangen, dass der Mann dem Antrag nicht zustimmt? Wie hätten dann die Schlagzeilen ausgesehen und was hätte das für den Marktwert von Frau Lierhaus bedeutet...?
2. Einen Tag später: Bild bringt eine vorbereitete Story über ML. Daraus geht hervor, dass nicht die Jury der Goldenen Kamera die Idee hatte, Frau Lierhaus einen Ehrenpreis zu geben, den es normalerweise gar nicht gibt. Sondern Frau Lierhaus sich eine Rückkehr im Rahmen dieser Sendung gewünscht hatte. Somit also nur ein "Anlass" für einen Auftritt konstruiert werden musste. Außerdem verkündet sie, dass sie nach eigener Einschätzung vorerst nicht zurück in die Sportschau kehren kann. Diese hatte ihr bis dato aber einen Platz frei gehalten.
3. Nach wie vor bleibt im Dunkeln, wie lange Frau Lierhaus schon wieder wenigstens so weit genesen ist, dass sie Pläne über ihre weitere berufliche Zukunft schmieden und verfolgen kann. Es spielt für die Einschätzung ihres Auftritts eine große Rolle, ob sie erst seit einer Woche, einem Monat oder einem Jahr wieder an einem Schreibtisch sitzt. Doch über all das hatte die Medienfrau eine strenge Nachrichtensperre verhängt.
4. Gestern kam dann heraus, dass Frau Lierhaus künftig die Gewinnzahlen im Ersten ansagen wird. Für ein üppiges Salär von sage und schreibe 480.000 EUR p.a.. Man fragt sich, wie beide Seiten dies legitimieren wollen..?
Frau Lierhaus ist eine Sportjournalistin mit anscheinend gutem Geschäftssinn. Sie profitiert von einem Trend, den die Liberalisierung des Fernsehmarktes befördert hat: Nicht mehr die Nachrichten sind die Botschaft. Nicht die Politiker, Künstler oder Sportschau, über die zu berichten ist. Sondern die Moderatoren werden zur Botschaft. Sie laden sich gegenseitig in ihre Talkshows ein und erhöhen damit ihre Präsenz auf dem Bildschirm. Das befördert ihren Prominenzfaktor, der sich über Einschalt- und Clickquoten in Werbemarktwert umrechnen lässt. Ihnen kommt zugute, dass die Moderatoren inzwischen konstanter und haltbarer sind als diejenigen, über die sie berichten.
Und das führt dazu, dass BILD derzeit eine Kampagne fährt, die diesen Marktwerten weiter Auftrieb gibt: Vorige Woche Frau Lierhaus. Diese Woche Herr Gottschalk. Lierhaus produzierte ihren Spannungsbogen über eine lange Abwesenheit, Gottschalk über dauernde Präsenz. Und nicht mehr lange, dann werden wir sicher etwas über Frau Köster erfahren (die hier aber abweichend nur zum Teil Moderatorin ist, hauptberuflich aber Künstlerin war).
Bezahlen tun wir das: Die GEZ-Zwangsverpflichteten. Doch mit den Gehaltssteigerungen von Lierhaus, Gottschalk und Co. geht für uns kein erhöhter Gegenwert einher. Lierhaus ist Lierhaus. Gottschalk ist Gottschalk. Ich schätze diese nicht mehr als einen Ernst Huberty oder einen Frank Elsner. Sie machen ihren Job professionell, wie wir alle. Und ich habe eh keine Wahl, denn ich werde nicht gefragt. Mir wird einfach unterstellt, ich wollte genau diese abends sehen. Wenn das so wäre, könnte ich ihnen ja folgen, egal auf welchem Sender sie auftreten. Die Sendezeit bliebe die gleiche und auch die Werbeeinnahmen, die sie bewirken können, bleibt in Summe doch etwa gleich. Es sei denn, der Moderator wird der Hauptinhalt seiner Talkshow, dann wäre aber das ursprünglich seriöse Modell gekippt.
Ich bin deshalb im Zweifel darüber, ob ich meine GEZ-Gebühren noch im vollen Umfang entrichten werde. Oder die überhöhten Honorare, nach deren Zustimmung ich nie gefragt wurde, davon anteilig abziehen werde.
Das Fass zum Überlaufen bringen könnte es, wenn das ZDF nun wirklich Jörg "Palaver" Pilawa bei Wetten Dass.. platzieren wird. Nach Beckmann und Kerner wäre das der Dritte, den ich eigentlich von Anfang nicht sehen wollte, und dessen Popularität und Marktwert mir bis heute ein Rätsel ist..