Nichts geht mehr, Herr Bundespräsident. Konnte man Anfangs noch Verständnis für das mangelhafte „Krisenmanagement“ in der Kreditsache, für Männerfreundschaften, fremdfinanzierte Urlaube und fremdfinanzierte Werbung für das eigen Buch aufbringen, so fehlt mir jedes Verständnis dafür, das der Bundespräsident als Verfassungshüter die Pressefreiheit mißachtet.
Das Verhalten von Bundespräsident Wulff erinnert stark an das von Guttenberg. Zugeben, was nicht mehr bestritten werden kann. Mit diesem Verhalten stehen geschichtlich gesehen Wulff und Guttenberg keinesfalls allein da. Schon so mancher Politiker hat diese Strategie verfolgt. Einzig Franz Josef Strauß darf für sich in Anspruch nehmen, mit dieser Strategie „erfolgreich“ gewesen zu sein. Wie ein Bumerang kehrte er nach jedem Skandal immer wieder auf die bundespolitische Ebene zurück. Strauß wäre aber niemals Bundespräsident geworden. Aber zurück zu Wulff.
Der Bundespräsident hat in seiner Funktion als Staatsoberhaupt folgende Aufgaben:
* er vertritt den Bund völkerrechtlich,
* er beglaubigt diplomatische Vertreter und
* er hat auf Bundesebene das Begnadigungsrecht, welches er allerdings teilweise an andere Bundeseinrichtungen delegiert hat; er kann aber keine Amnestie aussprechen,
* Ausfertigung und Verkündung der Bundesgesetze durch Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt,
* Vorschlagen eines Kandidaten zum Bundeskanzler zur Wahl durch den Deutschen Bundestag sowie dessen Ernennung und Entlassung,
* Ernennung und Entlassung von Bundesministern auf Vorschlag des Bundeskanzlers,
* Ernennung und Entlassung von Bundesrichtern, Bundesbeamten, Offizieren und Unteroffizieren, sofern nichts anderes durch Anordnungen und Verfügungen bestimmt ist,
* Möglichkeit zur Auflösung des Deutschen Bundestages nach dreimalig gescheiterter Kanzlerwahl oder einer gescheiterten Vertrauensfrage.
* Verkündung der Feststellung des Verteidigungsfalls und Abgabe völkerrechtlicher Erklärungen nach Beginn eines Angriffes sowie
* Einberufung des Deutschen Bundestages (abweichend von den Parlamentsbeschlüssen)
* Einberufung der Parteienfinanzierungskommission nach dem Parteiengesetz
Sicherlich stimmt mir die Mehrheit meiner Leser zu, das diese wichtigen Aufgaben nur von einer das Grundgesetz achtenden Person gewissenhaft wahrgenommen werden können. Wer als Bundespräsident es für nötig befindet, Drohungen gegenüber der Presse zu äußern, hat sich ohne weitergehende Prüfung für das Amt des Bundespräsidenten disqualifiziert.
Wulff sagte in seiner Antrittsrede, er wolle Bundespräsident für alle Bürger sein. Meiner ist er allerdings nicht mehr. Meiner Meinung nach hat er sich als Verfassungsfeind geoutet.