Riechen, Schwitzen, Schmecken

Auch wenn wir offiziell ein Jahr Urlaubssemester beantragt haben: Wir standen doch wirklich oft genug früh auf. So auch wieder an diesem Tag. Was uns jedoch erwartete: Ein Tag rund ums Essen, Und wer uns jetzt schon ein wenig kennt, der weiß, dass wir dafür allemal früh aus den Betten hüpfen.

Frisch erholt vom vorherigen Tag und dank unseres Rafting-Führers, der die meiste Arbeit selbst gemacht hat, ohne Muskelkarter, saßen wir frisch wie Schnittlauch um neun Uhr morgens in den Korbstühlen vor unserem Hotel in unserer niedlichen Gasse mit den vielen kleinen Läden. Der Tag war schon wieder warm, aber nicht zu schwül, ein ausgezeichnetes Klima, das in Thailand laut Reiseführer wohl nur um diese Jahreszeit herrscht. Zuvor hatten wir für einen Euro ein leckeres Frühstück mir Rührei und Croissants gegessen, was wir später noch bereuen sollten.

Überpünktlich hielt dann auch schon überraschender Weise ein Minibus vor unserem Hotel und eine freundliche, für thailändische Verhältnisse sehr energische junge Frau kam heraus und empfing uns zu unserer heutigen Mission: thailändisch kochen lernen.

Genau wie das Rafting sind Kochkursangebote zahlreich in der Touristenstadt Chiang Mai. Normalerweise machen wir ja große Bögen um die teuren Touristenfallen, aber da in Thailand nichts so richtig teuer ist, haben wir uns für ein paar Touri-Erfahrungen entschieden. Der Kurs kostet ca. 25 Euro/Person und geht bis nachmittags.

Die Lernküche war nicht weit weg, deswegen überraschte uns, dass ein Bus notwendig war. Aber hier in Thailand wird an so etwas nicht gespart. Wir fuhren also los und holten unterwegs noch ein weiteres Pärchen ab.

Die Küche befand sich etwas abseits von der Straße unter einem großen schrägen Blechdach, dass mehrere kleine Gebäude miteinander verband. Eine lange Reihe aus Holztischen dienten zur Vorbereitung des Kochens. Dahinter befanden sich in einer Längs- und zwei Querreihen Gasherde mit Beistelltisch und natürlich dem unverzichtbaren Wok. Alle Arbeitsflächen sahen sehr sauber aus. Die Einrichtig an sich fand ich typisch thailändisch: sauber, aber ein bisschen runtergekommen und improvisiert. Wir fühlten uns auf anhieb wohl und machten uns daran, die anderen Teilnehmer kennenzulernen. Wir waren sehr international aufgestellt: eine Französin, zwei Holländer, zwei Belgier, ein Australier, eine Amerikanerin, zwei ältere Deutsche aus Aachen und noch ein paar weitere, die etwas später eintrafen.

Als wir vollständig waren, stiegen wir jedoch erst noch einmal alle in den kleinen Bus ein, denn: Die erste Station war der Markt. Dort angekommen, führte uns unsere zielstrebige Thailänderin zu einem Gemüsestand, positionierte uns um sich herum und begann in gutem klarem Englisch eine Einführung in thailändische Zutaten, verschiedenen Gemüsesorten, Gewürzen und Schärfegraden der Chilichoten. Wer hätte gedacht, dass sie drei verschiedene Basilikumarten zum Kochen verwenden? Dass die Glasnudeln nicht aus Reis, sondern aus Sprossen hergestellt werden. Dass sie mit einem kleineren Knoblauch kochen, der mit Schale gegessen werden kann. Weiter ging es zum Fischstand und Nudel-/Kokosstand. Viele der Teilnehmer machten von allen Sachen Fotos oder schrieben die wichtigsten Informationen mit. Ich vertraute darauf, dass in dem Rezeptbuch, das uns für den Abschluss des Kurses versprochen wurde, die richtigen Zutaten drin stehen. Ich war noch nie ein großer Koch und wollte diesen Kurs eher dazu nutzen, ein wenig Spass am Kochen zu entdecken. Am Fischstand drehte sich mir ja schon ein bisschen der Magen um. Die armen Dinger waren zum Teil in kleinen Schüsseln lebend gestapelt und kämpften darum, nicht an der Luft zu liegen. Dabei verplemperten sie noch mehr Wasser, so dass zwischen den einzelnen glitschigen Körpen nur noch eine dünne Schicht Wasser war und die oberen Fische langsam erstickten. Zum Glück sind Fische nicht so intelligent, um zu wissen, dass zwei Meter neben ihnen ihre Freunde auf dem Grill garrten. Weiter hinten in Stand bearbeiteten zwei Frauen auf kleinen Holzbretter die toten Fische, zogen ihnen rasch die Häute ab, nahmen sie aus und zerkleinerten sie. Nach jedem Fisch wischten sie mit dem Messer über der Brett und schoben damit die Blut-Schleimreste daneben, um wieder eine saubere Arbeitsfläche zu haben. Mich erinnerte das automatisch an „Das Parfüm“, nur, dass es gar nicht so schlimm roch, wahrscheinlich weil alles noch ganz frisch am Morgen war.

Am Ende der Einführung auf dem Markt war noch einmal etwas Zeit, um selbst ein wenig herum zu wandern. Mit ganz neuen geschulten Augen schauten wir uns die exotischen Angebote an und freuten uns auf den nächsten Teil des Kurses. Jeder von uns hatte für den Marktausflug ein kleines typisch-thailändisches Einkaufskörbschen mit großem gebogenen Henkel in die Hand gedrückt bekommen. Vor der Einführung gaben wir das an einem Stand ab und nun schauten wir zu, wie unsere Führerin zusammen mit ihrer „Untergebenin“ (das beschreibt es wohl am besten) die Körbe füllte. So kam nicht in jeden Korb das gleiche, vielmehr verteilten sie die Zutaten auf die einzelnen Körbe. Für die Rückfahrt bekam jeder einen der Körbe. Ich hatte nur Salat und Bohnen in meinem und beneidete die anderen ein wenig darum, die interessanteren Sachen begutachten zu können. Insgesamt wunderten wir uns ein wenig, dass es von allem nicht so viel gab.

Wieder in der Küche angekommen, holte jeder seinen kleinen Zettel heraus, auf dem aus 7 Gängen mit jeweils 3 Möglichekeiten jeder die sieben Speisen gewählt hat, die einem am meisten zusagen. Bei vielen Sachen wusste man natürlich nicht, was einen erwartet. Ich ging dabei so vor, dass ich einen großen Bogen um die Meerestiergerichte machte.

Nach einer kurzen Begrüßung wurden wir in drei Gruppen eingeteilt: Je nach dem welche Variante des ersten Ganges man gewählt hatte. Meine Wahl fiel auf den Reis mit Gemüse und Ei. Zusammen mit anderen drei Reisliebhabern saß ich erwartungsvoll vor meinem Brett mit Messer und Handtuch. Das Handtuch packte sich jeder in seine Schürzentasche und die erste Anweisung war natürlich: Händewaschen. Anschließend wurde ein kleiner Korb in die Mitte gestellt, in dem sich schon vorbereitet die einzelnen Zutaten befanden. Jeder bekam ein Tablett und wir wurden angewiesen, die einzelnen Zutaten aus dem Korb herauszusuchen. Dabei wurde klar, wieso in unseren Körben zuvor nicht so viel drin war: Man braucht von allem nur sehr wenig. Uns wurde erzählt, wie wir zum Beispiel unsere viertel Karotte schneiden sollten und in welche Ecke des Tabletts sie gehörte. Das alles hatte System, wie sich heraus stellte: Nach dem Vorbereiten der Zutaten gingen wir rüber zu den Woks. Sehr angenehm war ja, dass unsere Schneidebretter und Messer gleich von Helfern eingesammelt und abgewaschen wurden. Insgesamt waren es viele Mitarbeiter, die uns bei unseren Kochversuchen unterstützten. Drei verschiedene „Trainer“, die die Kochanleitung übernahmen und ansonsten noch ein paar, die unser Geschirr wuschen, die Beistelltische sauber hielten und uns immer mit genügend Wasser versorgten.

Am Wok ging es dann richtig zur Sache. Sehr sympatisch an thailändischem Essen finde ich ja, dass es alles ziemlich schnell geht. Denn das nervigste am Kochenist für mich die Warterei: bis die Kartoffeln durch sind, das Fleich, die Nudeln etc. Wir schmissen die großen Gasflammen an, erhitzten das Sojaöl und verteilten es ein wenig im Wok. Die ersten Zutaten wie Knoblauch wurden angebraten, das Ei dazu, der Reis dazu, kurs gedrückt und wieder zerührt, in eine kleine Schüssel gequetscht und umgestülpt auf den Teller gesetzt und schon waren wir fertig mit unserem ersten Gang. Ich dachte: Da hab ich mir wohl das leichteste Rezept rausgesucht, aber als ich mich umsah, bemerkte ich, das auch Jere’s Gruppe und die anderen ebenfalls mit dem Kochen fertig waren und schon wieder am Tisch saßen, um ihr Essen zu fotografieren.

Mit großer Euphorie aßen wir unser erstes selbstgekochtes Thaiessen und es schmeckte hervorragend. Hier merkte ich dann, wieso das Frühstück ein Fehler war: Nach der Hälfte des Reis war ich satt. Ich schaute mich um und sah, dass die zierliche Französin, die bereits den zweiten Tag an diesem Kurs teilnahm, sich eine kleine Tüte besorgt hatte und die Hälfte des Reis darin zur Mitnahme verpackte. Ich tat es ihr gleich und mit jedem Gang kam eine neue, noch vollere kleine Tüte zu meiner Sammlung dazu. Wir bereiteten selbst Currypasten zu, kochten anschliend das Currygericht, ein Süß-Sauer-Gemüse, drei selbstgerollte Frühlingsrolle mit Dipp, machten Suppen und zum Abschluss brieten wir die Bananen in Honig an. Es gab niemanden aus der Gruppe, der noch Platz im Bauch für mehr gehabt hätte. An dem Abend haben sicher die meisten auf das Abendbrot verzichtet.

Mit dem Rezeptbuch und den Beutelchen voll übrig gebliebener Speisen verließen wir die Kochschule satt, glücklich und stolz. Der Kurs hat sich absolut gelohnt und wir werden sicher in anderen Ländern noch einmal so etwas machen. Ich bin zwar immernoch kein Kochfan, aber thailändische Gerichte gehen wirklich schnell und haben oft wenig Fett und viel Gemüse. Kein Wunder also, dass hier alle so dünn sind, obwohl sich ständig alles ums Essen dreht.

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