Ridendo dicere verum

"Man kann nicht umhin zu sagen, dass Wien
eine herrliche Stadt voller Charme ist.

Auch London ist schön und Paris an der Seine,
sogar Oslo macht Spaß, wenn’s dort warm ist.
Aber nix bleibt stabil, weil: die Zeit ändert viel.
Die Zeit ändert überhaupt alles.
Im nächsten Jahrhundert bleibt nix, wie’s halt ist.
Ich bin kein Prophet, aber eins weiß ich g’wiß:
Einmal wird der Eiffelturm nicht mehr sein,
und wo jetzt der Louvre steht, wachst der Wein.
Nur der Euro, der bleibt,
weil den nix mehr vertreibt.
Der wird all’s überleb’n, der allein.
Unser Wiener Stephansturm, der fallt um,
und wo jetzt die Oper ist, dort san’s stumm.
Nur der Euro bleibt stehn;
von Berlin bis Athen
tanzt der Euro um alle herum.
Den Prater werdn’s vernichten.
Der Rhein wird gestaut. Florenz wird verbaut.
Auf’n Petersdom werdn’s verzichten.
Wenn der Papst protestiert, wird er g’haut.
Auf die Champs-Élysées wird ka Wert g’legt,
und das Tivoli wird unter d’ Erd g’legt.
Aus Warschau wird Schutt. Die Schweiz ist kaputt.
Die Grachten erfriern. Die Schweden emigriern.
Dann werd’n militant alle Häuser verbrannt
und als Waren- und Bürohäuser neu eingespannt,
nur der Euro wird leb’n,
nur den Euro wird’s geb’n,
nur der Euro wird zeig’n, was er kann.
Und er kriecht mit Humor
aus der Aschen hervor,
und fangt immer von vorn wieder an.
Mozart verraucht, weil man’n net braucht.
Gleich hinter Mozart raucht Goethe.
Bach wird verjazzt, Rembrandt zerkratzt.
Shakespeare hat auch seine Nöte.
Goldoni und Moliere krieg’n ein neu’n Regisseur.
Nur findet auch der kein Theater.
Denn Theater san g’schlossen, die Museen stehen leer.
Und Buchläden gibt es schon lang keine mehr.
Was braucht ein moderner Mensch Lit’ratur?
Auch von Philharmonikern keine Spur!
Nur der Euro bleibt stark!
Den legt niemand in’n Sarg!
Hast du Euro, dann hast du Kultur.
Der kann Kunst imitiern,
der kann die Politiker schmiern,
der baut Banken zu den Sternen,
baut McDonalds, baut Kasernen,
der schmückt’s Fernsehn mit ein’m Glorienschein:
Man ist stolz, Europäer zu sein!
Für den Euro sterb’n die Poeten,
und zum Euro lernt man beten:
Euro unser, der du bist...
Und dann merkt auch der letzte Tourist,
was Europa ist."
- Georg Kreisler, Man kann nicht umhin zu sagen, dass Wien
eine herrliche Stadt voller Charme ist.
Auch London ist schön und Paris an der Seine,
sogar Oslo macht Spaß, wenn’s dort warm ist.
Aber nix bleibt stabil, weil: die Zeit ändert viel.
Die Zeit ändert überhaupt alles.
Im nächsten Jahrhundert bleibt nix, wie’s halt ist.
Ich bin kein Prophet, aber eins weiß ich g’wiß:
Einmal wird der Eiffelturm nicht mehr sein,
und wo jetzt der Louvre steht, wachst der Wein.
Nur der Euro, der bleibt,
weil den nix mehr vertreibt.
Der wird all’s überleb’n, der allein.
Unser Wiener Stephansturm, der fallt um,
und wo jetzt die Oper ist, dort san’s stumm.
Nur der Euro bleibt stehn;
von Berlin bis Athen
tanzt der Euro um alle herum.
Den Prater werdn’s vernichten.
Der Rhein wird gestaut. Florenz wird verbaut.
Auf’n Petersdom werdn’s verzichten.
Wenn der Papst protestiert, wird er g’haut.
Auf die Champs-Élysées wird ka Wert g’legt,
und das Tivoli wird unter d’ Erd g’legt.
Aus Warschau wird Schutt. Die Schweiz ist kaputt.
Die Grachten erfriern. Die Schweden emigriern.
Dann werd’n militant alle Häuser verbrannt
und als Waren- und Bürohäuser neu eingespannt,
nur der Euro wird leb’n,
nur den Euro wird’s geb’n,
nur der Euro wird zeig’n, was er kann.
Und er kriecht mit Humor
aus der Aschen hervor,
und fangt immer von vorn wieder an.
Mozart verraucht, weil man’n net braucht.
Gleich hinter Mozart raucht Goethe.
Bach wird verjazzt, Rembrandt zerkratzt.
Shakespeare hat auch seine Nöte.
Goldoni und Moliere krieg’n ein neu’n Regisseur.
Nur findet auch der kein Theater.
Denn Theater san g’schlossen, die Museen stehen leer.
Und Buchläden gibt es schon lang keine mehr.
Was braucht ein moderner Mensch Lit’ratur?
Auch von Philharmonikern keine Spur!
Nur der Euro bleibt stark!
Den legt niemand in’n Sarg!
Hast du Euro, dann hast du Kultur.
Der kann Kunst imitiern,
der kann die Politiker schmiern,
der baut Banken zu den Sternen,
baut McDonalds, baut Kasernen,
der schmückt’s Fernsehn mit ein’m Glorienschein:
Man ist stolz, Europäer zu sein!
Für den Euro sterb’n die Poeten,
und zum Euro lernt man beten:
Euro unser, der du bist...
Und dann merkt auch der letzte Tourist,
was Europa ist."
- Georg Kreisler, "Der Euro" -

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