Richtiges Streiten mit dem Vermieter ist eine emotionale und schwierige Angelegenheit für jeden.
Denn: grundsätzlich ist die Mehrheit der Menschen daran interessiert, Streit zu vermeiden oder ihn wenigstens schnell hinter sich zu bringen.
Hinzu kommt die inhaltliche Herausforderung: der Spagat zwischen Freundlichkeit und rechtlicher Korrektheit gleicht oft einem Drahtseilakt.
Denn: Ist man zu freundlich, wird man vllt. ignoriert. Ist man zu aggressiv, versperrt man sich ggf. eine schnelle friedliche Einigung.
Ebendiese ist in den überwiegenden Fällen die bessere Option, denn im Falle eines Gerichtsverfahrens verschlingen Anwälte und Gerichte gerne schnell mehrere hundert bis tausend Euro. Oder eben gern mehr als 50% des Streitwertes.
Bei Gericht verlieren beide Seiten
Wer schon einmal vor Gericht war, weiss: Gerichte forcieren immer(!) einen Vergleich.
Der Grund ist einfach, vergleichen sich zwei Parteien, können diese die nächste höhere Instanz nicht mehr anrufen. D.h. die kleinen Gerichte erzwingen eine Einigung bei Streitigkeiten mit geringem Wert und verhindern damit dass die Landgerichte (und höher) mit diesen Bagatellen
belastet werden.
Gerichte sind großartig, um unzweifelhafte Gesetzesbrüche zu ermitteln und entscheiden. Gerichte sind unbedingt zu meiden, wenn es um strittige Themen geht.
Warum?
Die überwiegende Zahl der Verfahren endet mit einem Vergleich. In diesem Falle übernehmen beide Seite anteilig die Gesamtkosten.
Beispiel:
Streitfall: Kautionsrückerstattung für 2 Kaltmieten: Wert 1300 EUR
Laut Anwaltsverein Kostenrechner fallen dafür Gesamtkosten von 1.057 EUR an. D.h. vergleicht man sich hälftig, muss jede Partei 528 EUR zahlen. Hat man keine Rechtsschutz, zahlt man bei einem Vergleich 40% des Streitwertes an Anwalt und Gericht . Und selbst mit Rechtsschutzversicherung muss man seinen Eigenanteil von 150/300 EUR o.ä. zahlen.
Da muss sich jeder selbst fragen, hätte es nicht eine günstigere Einigung gegeben?
D.h. hätten beide Parteien im direkten Gespräch auf 30% ihrer Forderungen verzichtet, wäre man schneller und mit weniger Ärger zu einer Lösung gekommen. Und dies mit einem großen Unterschied: I.d.R. kann man sich bei einer vorgerichtlichen Einigung noch in die Augen schauen.
Basierend auf unserer Erfahrung als Mieter und Vermieter haben wir eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zusammengestellt. Diese soll helfen im Falle von Ärger die richtigen Schritte auf die richtige Art und Weise auszuführen. Für Mieter und Vermieter.
Zuerst: Regeln für die Kommunikation
Streiten ist sehr emotional. Ängste, Sorgen, gemachte Erfahrungen prägen uns alle und führen dazu, dass wir gesprochene/geschriebene Worte anders auffassen, als sie gemeint sind.
Wir empfehlen daher, sich wenigstens an diese 5 Regeln zu halten:
- 1. Vermeiden Sie schriftliche strenge Förmlichkeit aber auch
flapsige
oder gar abschätzige Wortwahl - ersteres klingt schnell nach Anwalt oder Gericht, und führt dazu, dass die Gegenseite sofort in Verteidigungshaltung geht. Zweiteres greift direkt an und verwehrt ein Miteinander. In beiden Fällen stehen die Chancen für eine Zusammenarbeit schlecht - und damit ist eine friedliche Einigung verwehrt. - 2. Benennen Sie Fakten und liefern Sie einen Beleg. Das bedeutet Aufwand: Fotos machen, Fakten beschreiben, Tagebuch führen... Scheuen Sie diesen Aufwand nicht. Je mehr sie am Anfang investieren, je gründlicher Sie sind, um so besser kann der Vermieter nachvollziehen, was das Problem ist. Rechtlich gesehen, wird dies im Klagefalle ebenfalls wertvoll sein.
- 3. Formulieren Sie Ihren Wunsch in klaren Worten und schlagen Sie alternative Lösungen vor: Helfen Sie dem Vermieter, das Problem zu verstehen und vereinfachen Sie den Prozess, indem Sie Lösungsmöglichkeiten vorschlagen. Halten Sie sich hierbei ein das alte chinesische Sprichwort, welches immer mindestens 4 Alternativen fordert.
- 4. Werden Sie niemals laut. 20 Ausrufezeichen in E-Mails oder Schimpfworte in der schriftlichen Kommunikation bedeuten das gleiche. Falls es doch passiert: Entschuldigen Sie sich. Unbedingt. Immer.
- 5. Dokumentieren Sie die Kommunikation schriftlich
Als Hilfestellung zur Überprüfung: Kommunizieren Sie so, wie Sie wünschen, dass mit Ihnen kommuniziert wird.
Ablauf eines Streitfalles
Vorbereitung
Wie bereits geschrieben, eine gute Dokumentation ist für alle Beteiligten sehr hilfreich. Sei es Vermieter, Mediator, Anwalt, Richter. Sammeln Sie und dokumentieren Sie Fakten.
Hierzu helfen Fotos und Tagebücher. Fotos sollten gut erkennbar sein. (Tipps für passable Fotos mit dem Handy).
Für das Tagebuch reicht ein einfaches, kleines, gebundenes Buch: Tragen Sie regelmässig Datum und Beobachtung ein.
Beachten Sie, dass dies nicht bei Personen angewendet werden soll, welche nicht involviert sind.
Beispiel: Dokumentieren Sie, wann ihr Vermieter die Wohnung betrat ohne zu klingeln aber keinesfalls Beobachtungen über Ihre Nachbarn.
Mit dem Vermieter reden
Für den ersten Kontakt mit dem Vermieter eignet sich am besten das Telefon.
Die Inhalte sind wie folgt zu strukturieren:
- 1. Beschreiben Sie das Thema und Ihren Wunsch.
- 2. Fragen Sie Ihren Vermieter, wie Sie dass Problem gemeinsam aus der Welt schaffen können. Kommunizieren Sie nicht Forderungen, sondern Wünsche oder Bitten.
- 3. Erklären Sie dem Vermieter, warum Ihnen das Thema wichtig ist und was Ihnen eine Lösung bedeuten wird.
- 4. Machen Sie unbedingt einen Vorschlag, was Sie dazu beitragen können, das Problem zu lösen.
Ziel des Gespräches sollten Antworten auf die folgenden Fragen sein:
- 1. Ist der Vermieter bereit das Problem anzugehen? Versteht er Ihre Punkte?
- 2. Welche Lösung wäre denkbar?
- 3. Bis wann werden welche Maßnahmen ausgeführt?
- 4. Welchen Beitrag benötigt der Vermieter von Ihnen?
Endet das Telefonat positiv, fassen Sie alles per Email zusammen und schicken es als kurze Bestätigung des Telefonats an den Vermieter (ggf. cc an die Hausverwaltung). Das wars. Sie können hier aufhören.
Sind Sie nicht in der Lage das Problem im ersten Telefonat mit dem Vermieter zu lösen, dann lesen Sie weiter.
Ist der Vermieter nicht per Telefon zu erreichen, wenden Sie sich an die ggf. vorhandene Hausverwaltung, ebenfalls per Telefon. Funktioniert dies ebenfalls nicht, sprechen Sie beide (Vermieter und Hausverwaltung) per E-Mail (wenn vorhanden) UND Brief an.
Verwenden Sie obige Punkte zur Strukturierung Ihrer Emails/ des Briefes.
Versenden Sie die Briefe wie unten unter "Briefverkehr" beschrieben. Schicken Sie die E-Mail mit CC (nicht BCC) an einen aussenstehenden Freund oder Nachbarn. Er soll diese Email nicht löschen.
Fügen Sie der schriftlichen Kommunikation die Ankündigung des nächsten Schrittes an:
Ich werde mich bei Ihnen telefonisch am ... um ... unter der Nummer ... zur kurzen Absprache melden.
ODER
Ich werde mich bei Ihnen am ... per E-Mail unter der folgenden Emailadresse... zur kurzen Absprache melden.
Hie für eine Vorlage für ein Schreiben an den Vermieter
Dem Problem Nachdruck verleihen
Falls der vorherige Schritt nicht das gewünschte Ergebnis gebracht hat, überlegen Sie kurz: wollen Sie das Problem gelöst haben oder können Sie es ggf. selbst lösen? Beantworten Sie: welchen Verhandlungsspielraum gibt es ggf.? Wieviel wären Sie bereit zu verzichten? Diese Überlegungen sind nur für Sie, nicht für den Vermieter.
Machen Sie jetzt Folgendes:
Ist der Vermieter per Telefon zu erreichen, rufen Sie ihn erneut an. Beschreiben Sie obige Punkte 1-4 erneut und teilen Sie dem Vermieter mit, dass Sie unbedingt
eine Lösung brauchen. Fragen Sie, was Sie zur Lösung beitragen können. Lassen Sie sich ebenfalls konkrete Maßnahmen und Termine bestätigen.
ODER
Ist der Vermieter per Brief/E-Mail zu erreichen: Beschreiten Sie diesen Weg erneut. Beschreiben Sie obige Punkte 1-4 ein zweites Mal und teilen Sie dem Vermieter mit, dass Sie unbedingt
eine Lösung brauchen. Fragen Sie, was sie zur Lösung beitragen können.
ODER
Falls der Vermieter gar nicht reagiert: schreiben Sie einen Brief an seine Adresse aus dem Mietvertrag unter Angabe der Punkte 1-4 und bitten Sie unbedingt um eine Rückmeldung bis {{DATUM IN 10 Tagen}}.
Erhalten Sie hierauf eine befriedigende Antwort und werden die gewünschten Themen gemeinsam beseitigt - ist das Thema erledigt. Falls nicht - sollten Sie diese Schritte noch ein drittes und letztes Mal wiederholen. Danach springen Sie zum Kapitel "Nachbarn,Freunde,Manager, Profis"
.
Ein Wort zum Briefverkehr
Im Falle von schriftlichem Briefverkehr verwenden Sie immer Einschreiben-Einwurf.
Einschreiben mit Unterschrift haben den Nachteil, dass wenn der Vermieter nicht da ist oder den Brief nicht haben will, dieser bei der Poststelle des Vermieters zur Abholung hinterlegt wird.
Holt diesen Brief keiner ab, gilt dieser als nicht zugestellt. Es gab Fälle, wo dies genutzt wurde, um Kündigungen als nicht erhalten zu titulieren und damit zusätzliche Monate an Miete gezahlt werden mussten.
Reguläre Post ist ebenfalls nicht verlässlich, da es keinen Nachweis über den Versand gibt.
Vergessen Sie nicht Absender, Datum, Unterschrift auf dem Dokument zu vermerken, sonst ist es ungültig.
Persönliches Gespräch
Der Vollständigkeit halber: es gibt Wohnungen/ Häuser welche direkt durch den Vermieter betreut werden. D.h. er ist in regelmäßigen Abständen vor Ort.
Nutzen Sie diese Gelegenheit, gemeinsam mit einem Freund oder Nachbarn noch einmal das persönliche Gespräch zu suchen.
Aug in Aug streitet es sich in der Regel weniger emotional und man kann dann auch nicht Konflikten aus dem Wege gehen.
Denken Sie dabei an obige Regeln der Kommunikation: keine Schimpfworte, nicht laut werden, fragen Sie, was Sie tun können. Lassen Sie ggf. Ihren Freund/Nachbarn Ihr Anliegen vortragen.
Fragen Sie konkret nach dem Erwartungsbild des Vermieters. Fragen Sie, was seine Empfehlung an Sie ist.
Falls Sie in dem Moment unter Umständen das Gefühl des zu Kreuze Kriechens
haben, dann mag das so sein. Machen Sie sich nichts draus. Der Versuch ist es wert und es ist eine valide Chance, das Problem zu lösen.
Mediation: Nachbarn, Freunde, Manager, Profis
Falls alle Versuche nicht gefruchtet haben, heißt der nächste Schritt Mediation. Bei der Mediation vermittelt außergerichtlich eine dritte Person mit den Konfliktparteiten. Statistiken und Tests in Zusammenarbeit mit den Gerichten haben gezeigt, daß eine Mediation in bis zu 80% aller Fälle erfolgreich ist und ein ein Gerichtsverfahren vermieden wird (Quelle).
Für eine Mediation haben Sie zwei Optionen: a) Sie gewinnen einen Freund, Nachbarn, oder ein Familienmitglied, Ihnen zu helfen oder b) Sie schalten einen professionellen Mediator ein.
Ersteres ist in der Regel nicht mit Kosten verbunden, der provisorische Mittler hat aber auch keine entsprechende Ausbildung und Qualifikation. Falls das Ihre präferierte Option ist, suchen Sie in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis nach einer Person mit folgender Qualifikation:
- 1. Ernsthaftes, freundliches aber auch bestimmtes Auftreten
- 2. Hohe Glaubwürdigkeit, dominiert oft Diskussionen in Gesprächen
- 3. Empathie: kann sich in Menschen hineinversetzen und es fällt Ihm/Ihr leicht, Sympathien zu wecken.
Tipp: suchen Sie nach Personen mit Personalverantwortung, ggf. über 40 Jahre alt.
Haben Sie eine Person identifiziert, sprechen Sie diese an und bringen Sie in Erfahrung, ob Sie entsprechende Unterstützung erhalten. Ist dies der Fall, sprechen Sie gemeinsam Tatsachen, Motive und Ziele ab. Die Motive und Interessen der anderen Seite sollten ebenfalls beachtet werden.
Anschließend sollte sich Ihr Vertrauter mit dem Vermieter in Verbindung setzen, das Gespräch suchen und ggf. einen persönlichen Termin vereinbaren (mit oder ohne Sie, entscheiden Sie was besser ist. Sind starke Emotionen im Spiel, sollte man vielleicht erstmal nicht dabei sein).
Falls Option b) in Frage kommt: Es gibt mittlerweile in allen Deutschen Städten Mediatoren. Einfach Google Suche mit Stichwort Mediator und Stadt z.B. "Mediator Bielefeld"
benutzen.
Empfohlen werden hierzu Mitglieder des
Unter Mediatoren finden Sie i.d.R. 2 Arten: unabhängige Mediatoren und Rechtsanwälte mit entsprechender Ausbildung. Unsere Erfahrung ist, dass wenn Anwalt A aus K den Vermieter P anspricht mit:
Guten Tag, mein Name ist A ich bin Anwalt aus K und vertrete Ihren Mieter W als Mediator ...
dann ist der Vermieter bereits vorsichtig und die Mediationschancen gesunken, da jeder fremden Anwälten erstmal skeptisch gegenübersteht. Hinzu kommt, dass anwaltliche Mediatoren oft mit rechtlichen Argumenten vorgehen, was zu zusätzlicher Ablehnung führt - besonders da die andere Partei sich oft ebenfalls im Recht sieht.
Insofern empfehlen wir tendenziell unabhängige Mediatoren.
Für die Mediation legen Sie dem Mediator Ihres Vertrauens bitte alle gesammelten Informationen vor und besprechen Sie:
- 1. Ziel der Mediation
- 2. Kosten der Mediation
- 3. Vorgehen/Ablauf
Der Mediator wird Sie dann entsprechend an die Hand nehmen und durch den Prozess begleiten. Bzgl. der Kosten werden diese i.d.R nicht von einer Rechtsschutzversicherung übernommen. Fragen Sie gern auch im lokalen Mieterverein nach, ob diese ihren Mitgliedern eine Mediation zur Verfügung stellen.
Falls die Mediation erfolgreich ist, schulden Sie ihrem Mediator einen großen Dank (Kuchen, Blumen?!). Er hat Sie gerade vor Gerichten und Anwälten bewahrt.
Falls nicht, bleibt nur noch die letzte aller Optionen: Der Klageweg.
Klage / Anwaltliche Kommunikation
Bevor der gerichtliche Weg eingeschlagen wird, stellt sich zuerst immer die Frage nach den Kosten. Es gibt in Deutschland nur zwei Optionen, nicht alle Kosten selbst (oder wenigstens vorschießend) zu tragen:
- 1. Der Mieterverein - dieser berät bei jeder Art von Strittigkeit, deckt aber auch anwaltliche Beratung und natürlich die Begleitung des Klageweges durch kompetente Mitarbeiter ab. Die Kosten für den Mieterverein schwanken um die 60-100 EUR/Jahr, gezahlt wird monatlich.
- 2. Die Rechtsschutzversicherung - deckt i.d.R. nur einzelne Rechtsgebiete ab und dient v.a. der Verteidigung, d.h. wenn Sie rechtlich greifbare Nachteile erleiden. Zur Kostenübernahme muss vor Beginn der anwaltlichen Tätigkeit eine Deckungszusage durch die Versicherung erfolgen. Diese Anfrage wird gern Ihr Anwalt erledigen, falls Sie Ihm den Namen der Versicherung und die Versicherungsnummer vorlegen.
Haben Sie beide Optionen geprüft und eine für sinnvoll befunden oder aber Sie wollen unabhängig davon den gerichtlichen Weg einschlagen:
Ab hier übernehmen die Anwälte Ihres Vertrauens und unser Beitrag endet.
Vorbeugen statt Nachsehen
Eine letzte Bemerkung: Vorbeugen, statt das Nachsehen haben ist bekanntermaßen die schlauere Version.
Wie kann das geschehen?
Sprechen Sie bei Anmietung eines neuen Zuhauses bereits die gemeinsame Vorgehensweise bei der Konfliktlösung an. Wir kennen Mieter/Vermieter, welche bereits den anzusprechenden Mediator von Anfang an im Mietvertrag festgelegt und eine Kostenteilung für diesen vereinbahrt haben.
Und: nicht vergessen: gemachte Erfahrungen teilen - damit andere für eure zukünftige Wohnung dasselbe tun.
Abschließend zwei spannende Links zu Details aus der Konfliktlösung in Beziehungen. Die dortigen Anregungen können auch beim Streit mit dem Vermieter helfen:
- eFellows
- paperblog