Richter lehnt Klage gegen Madrider Demonstranten ab

Von Uhupardo

Santiago Pedraz muss gar nicht explizit eine Meinung äussern. Er behandelt das Thema viel intelligenter und eleganter: Der Richter der Madrider Audiencia Nacional lehnte heute eine Klage gegen die Demonstranten des 25-S schlicht ab und erklärte sich für unzuständig. Die Anklagen wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt, Störung der öffentlichen Ordnung, tätlichem Angriff usw. möge die Polizei bitte unterbringen, wo sie hingehören, bei ihm jedenfalls nicht, liess Richter Pedraz die Behörden wissen. Damit liess der Richter indirekt wissen, was er von den “gewalttätigen Ausschreitungen” des 25. September hält

Er sehe in den Beschuldigungen durch die Polizei keinen Angriff auf staatliche Institutionen, die er abzuurteilen hätte, versicherte der Richter Audiencia Nacional in Madrid und zeigte Rajoys Anklägern damitauf elegante Weise den Stinkefinger. Letztere werden jetzt mit grossem Bedauern auf den “normalen” Gerichtshof auf der Plaza de Castilla ausweichen müssen. Wie das Innenministerium heute mitteilte, sollten fünf bis sieben der während der Demonstration in Madrid Festgenommenen der Audiencia Nacional vorgeführt werden – nämlich diejenigen, die versucht hatten, die Absperrung vor dem Parlament zu überwinden. Der Innenminister wertete das als Versuch, den Senat zu stürmen.


Richter Santiago Pedraz sieht keinen Angriff auf staatliche Institutionen
und erklärt sich für unzuständig.

Nach der Ablehnung der Klage durch die Audiencia Nacional ändert sich die Lage für die Beschuldigten ganz wesentlich. Nach Artikel 493 des Strafgesetzbuchs wird mit Gefängnisstrafen von drei bis fünf Jahren bedroht, wer die beiden Kammern des Parlaments (Senado y Congreso) gewaltsam angreift. Wenn es allerdings vor einem “normalen” Gerichtshof verhandelt wird, weil es sich um Demonstrationen handelt, die den Ablaufvon Parlamentssitzungen stören (Artikel 494) liegt die Haftstrafe, die in jedem Normalfall in eine Geldstrafe umgewandelt wird, bei sechs bis zwölf Monaten.

Rajoy wird sich etwas anderes einfallen lassen müssen. Offensichtlich hat sein Innenminister die Richter nicht im Griff, wenn es darum geht, die Bevölkerung öffentlichkeitswirksam zu kriminalisieren. Das sind die Schwierigkeiten, die man in Kauf nehmen muss, wenn man den Anschein einer Demokratie aufrecht erhalten will. Dumm gelaufen!