Cover: Der Zauber der Wirklichkeit
Richard Dawkins ist vielen Menschen bekannt. Selbst etliche, die noch kein Buch von ihm lasen, kennen vom Hörensagen seinen “Gotteswahn”. Doch dabei sind seine evolutionsbiologischen die besseren Bücher. So auch das aktuelle “Der Zauber der Wirklichkeit”.Dawkins ist trotz seines Alters ein Kind geblieben und noch in der Lage, sich über die Welt zu wundern. Allerdings nicht so, wie ein religiöser Mensch Wunder für etwas hält, das außerhalb des Erkennbaren liegt. Sondern er gibt seinem aktuellen Buch den Untertitel “Die faszinierende Wahrheit hinter den Rätseln der Natur”. Denn es ist faszinierend, was Menschen entdecken können. Ja, es ist schon an sich faszinierend, dass Menschen dazu in der Lage sind, Entdeckungen zu machen.
Das großformatige Buch ist mit wundervollen Illustrationen von Dave McKean versehen. Jede Seite ist ein kleines Kunstwerk. Die Zeichnungen sind fantasievoll, überbordend und ergänzen den Text nicht nur, sondern sind eine ganz eigene Welt. Schon allein diese Bilder rechtfertigen den doch relativ hohen Preis des Buches.
Eine Reise durch die Mythen wird bei Dawkins zu einer Reise durch die wissenschaftlichen Erkenntnisse. Denn Mythen sind – das hat schon Franz Fühmann geschrieben – geronnenes menschliches Wissen. Heute können die Menschen der Mythen wissenschaftlich erklären. Doch Dawkins zeigt, dass “die Entzauberung des Regenbogens” diesen deshalb nicht minder schön sein lässt. “So wunderbar die Mythen sind, weitaus spannender werden die Phänomene, wenn man sie wissenschaftlich betrachtet. Genau das tut Richard Dawkins, indem er die Wahrheit hinter den Rätseln erklärt” weiß die Buchankündigung zu sagen.
Das beginnt bei der philosophischen Frage, was denn eigentlich Wirklichkeit sei und was wir unter “Zauber” verstehen. Das kann etwas sein, dass scheinbar gegen die physikalischen Gesetze verstößt. Aber auch eine Emotion, die uns selbst als Teil der Natur begreifen lässt.
Dawkins geht mit dem Leser auf eine Zeitreise, um zu zeigen, wer wir sind und woher wir kommen; er erklärt ein wenig Chemie und das Wetter, spricht über die Sonne und das All; macht einen Abstecher zur Optik und in Geschichte und Geographie. Das Buch ist ein Parcours-Ritt durch die Naturwissenschaften.
Und genau hier stellt sich dann die Frage, für wen dieses Buch geschrieben wurde. Ganz sicherlich nicht diejenigen, die schon alles wissen. Sondern – so vermute ich – für junge Menschen, die Grundlegendes in der Schule bereits vermittelt bekamen, aber Vieles noch nicht wissen. Und Fragen haben.
Es ist ein Jugendbuch. Doch nicht nur. Es kann auch nicht mehr jugendlichen Menschen auf eine sehr einfache, aber nicht oberflächliche Art Wissen neu vermitteln. Es ist eines, dass man seinem Kind zur Jugendweihe schenken könnte. Ich wurde häufig an “Weltall, Erde, Mensch” erinnert. Das war eines der meistgedruckten Bücher in der DDR und viele besitzen es sogar noch (obwohl es nur bis 1974 gedruckt wurde) und wurde 14-jährigen zur (obligaten) Jugendweihe überreicht. Der Inhalt war zwar eindeutig politisch motiviert; aber inhaltlich ähnlich aufgebaut.
Allerdings ist Dawkins bedeutend amüsanter zu lesen. Der Spiegel schrieb darüber: Dawkins “vermittelt die pure Lust am Wissen und an der Welt.”
F.N.
Richard Dawkins, Der Zauber der Wirklichkeit, Ullstein Verlag, ISBN 3550088507, 26,99 Euro