Rheinisch-Westfälische Restrisiken

Von Frontmotor
Demonstrationszug zur Hauptverwaltung von RWE in Essen Zentrum. Viele der 400 fühlen sich jetzt mit ihren früheren Warnungen vor Biblis bestätigt.
Ein RWE Sprecher ist auf dem Video nicht zu sehen...

.. dafür ließ der für den sicheren Betrieb der RWE Kernkraftwerke verantwortliche Dr. Jaeger aber in den Medien verlauten:
Die Kernkraftwerke sind sicher und können daher weiter betrieben werden. Ich hoffe, dass das so ist. Ich setze darauf, dass bald wieder eine sachlichere Diskussion stattfindet, so wie das in unseren Nachbarländern der Fall ist.
Er könne nicht erkennen, dass sich an der Grundlage, dass die AKW in Deutschland sicher seien, etwas geändert habe. (Quelle: Tagesschau)
Damit hat er das wesentliche an der neuen Situation nicht verstanden, oder gibt vor, es nicht verstanden zu haben: Dass die Erkenntnis über eine höhere Wahrscheinlichkeit und die größere Auswirkung eines Risikos zu einem höheren Risiko führt. An dem Zustand der RWE Kernkraftwerke hat sich in der Tat nichts geändert. Aber an den Erkenntnissen bezüglich der Risiken. Ich nehme an, auch in der Vorstandsetage des RWE Towers am Opernplatz in Essen.
Diese Wort sagt der Mann, der miterlebt hat, wie ein Gericht sein Atomkraftwerkes Mülheim-Kärlich außer Betrieb gesetzt hat, weil ihm die Baugenehmigung fehlte. RWE hatte den Standort kurzfristig und auf eigene Faust um 70m verlagert, nachdem sie darauf hingewiesen worden waren, dass der erste Standort ganz unglücklich ins erdbebengefährdete Neuwieder Becken geplant worden war (Wikipedia Link). Dieser Streit wurde bis zum Bundesverwaltungsgericht ausgefochten. RWE verlor. Dr. Jäger lag in den neunziger Jahren mit der damaligen rheinland-pfälzischen Umweltministerin Klaudia Martini im Clinch. Martini lehnt die Dauerbetriebsgenehmigung für Mülheim-Kärlich damals u.a. mit dem Hinweis auf den fehlenden Endlagernachweis ab. Ein gewisser Klaus Töpfer, damals Bundesumweltminister, wies sie daraufhin an, die Genehmigung dennoch zu erteilen. (Quelle: Rhein-Zeitung Link)
Was weniger bekannt, oder schon wieder vergessen sein dürfte: Zum Atomkompromiss von Schröder/Fischer gehörte auch, dass RWE die geplanten Reststrommengen von Mülheim-Kärlich auf andere übertragen durfte. Das politische Ziel war, dass Altreaktoren, deren Regellaufzeit von 40 auf 32 Jahre begrenzt wurde und deshalb vor der Außerbetriebnahme standen, ihre Reststrommengen auf neuere, sichere AKW übertragen dürfen. Dr. Jäger stellte diesen Atomkompromiss aber auf den Kopf, als er versuchte, und auf Ablehnung sogar dafür klagte, dass er und Vattenfall die Reststrommengen von Mülheim-Kärlich (Druckwasserreaktor, Inbetriebnahme 1986, Link) auf die Altreaktoren Biblis A (Druckwasserreaktor, Inbetriebnahme 1974, Link) und Brunsbüttel (Siedewasser, Inbetriebnahme 1977, Link) übertragen dürfe. Die Klage scheiterte - abermals "kläglich".
Über die Sicherheitssreserven von Biblis A und B wird gestritten. Die IEAO hält sie laut Wikipedia für ein "Vorbild an gelungener Nachrüstung" auf den Stand der Sicherheitstechnik. Greenpeace und die GRÜNEN weisen auf fehlenden Schutz vor Flugzeugabstürzen und die fehlende externe Notstandswarte hin. Zur fehlenden Notstandswarte sagt RWE, dass die beiden baugleichen Biblis A und B einander als Notstandswarte dienen können, wenn ein Block ausfalle bzw. einer von beiden wegen kontaminierter Leitstände (wie in Fukushima) nicht mehr benutzbar sei.
Frage: Kann man bei deutschen Kernkraftwerken eine Kernschmelze ausschließen?
Jäger: Deutsche Anlagen genügen höchsten Sicherheitsstandards. Naturkatastrophen vom Ausmaß des Erdbebens und des Tsumani in Japan sind in Europa nicht zu erwarten.

(Quelle: RP Online Link)
Das ist irreführend. Mit dieser Denke hätten wir alle Vorratsdatenspeicherung, Sicherheitsmaßnahmen an Flughäfen und SWIFT-Kontoüberwachungen ablehnen müssen, weil Deutschland kein World-Trade-Center hat.
Jäger setzt auf die Mehrheit, die sich mit Vereinfachungen abspeisen lässt. Das sollten ihm seine kommunalen Anteilseigner nicht durchgehen lassen. Sie sollten ihm beibringen, dass sich die Lage ganz erheblich geändert hat und dass Dr. Jaeger im Begriff ist, das Image von RWE schnellabzuschalten.